Er gehört mir, nur mir!
#1
Das sanfte Wiehern der Pferde weckte Emma, und sofort schlug sie ihre graublauen Augen auf. Jeder Morgen brachte einen neuen Tag, einen Tag an dem sie gutes Tun konnte, für andere da sein, jemanden zur Hand gehen der Hilfe benötigt. Es war seit ihrem sechzehnten Geburtstag ihr einziger Lebenszweck. Zärtlich streichelte sie über die Nüstern des Tieres in dessen Box sie heute genächtigt hatte. Sie konnte sich kein Zimmer leisten, und eine Arbeitsstelle hatte sie in Löwenstein noch keine gefunden. Aber es hatte auch Vorteile, bei den Pferden zu schlafen, es war warm und eigentlich recht kuschelig in den Ställen und was noch viel wichtiger war, sie war nicht alleine. Sie fuhr sich mit ihren Fingern durch das blonde, verfilzte Haar und band es zu einem festen Zopf zusammen, putzte sich die Strohhalme aus dem Rock und trat ins Freie. Nachdem sie sich schnell mit dem kalten Wasser der Pferdetränke Hände und Gesicht gewaschen hatte, erfüllte sie wie jeden Morgen und Abend ihre Pflicht als Gläubige und richtete ihre Gedanken an Mithras. Doch ihre Gebete waren nicht mehr die, die sie als Kind von ihrer Ziehmutter gelernt hatte und neben Alfons...

Alfons, ihre linke Hand fasste an den Ring den sie an einem einfachen Lederband um den Hals trug. Sie waren einander versprochen, seit sie denken konnte, sie waren für einander bestimmt, nur zusammen ein Ganzes. Ihr 16.Geburtstag sollte sie vereinen, vor der Familie und vor Mithras. Wenn sie die Augen schloss konnte sie noch seine Hand in der ihren sehen, das zarte Band das sie beide umgab fühlen, das Glück das sie empfand wenn sie in seine Augen sah und er sie anlächelte. Jetzt gibt es nur noch sie, sie allein, kein Ganzes mehr, nur mehr die Hälfte. Sie war allein, und nichts konnte mehr in ihrem Herzen das Glück empfinden lassen und auf ihre Lippen ein Lächeln zaubern. Ihr letztes Lächeln galt ihm, als er aufs Pferd stieg und mit seinem Vater zur Jagd ritt.

Jagd, … Ratten,.. ihr Rapier...
Sie erhob sich vom Boden und ging zurück in den Stall um ihre Waffe und ihr Schild zu holen. Wer weiß ob sie heute jemanden fand, der ihre Hilfe benötigt, aber wenn sie diese Ratten dezimierte, die in der Stadt eine wirkliche Plage waren, tat sie allen Bewohnern etwas Gutes.

Die wachen Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit, Ratten so viele Ratten. Ihr taten die armen Tiere leid, was konnten sie eigentlich dafür, dass sie hier nicht erwünscht waren. Eigentlich waren es Lebewesen wie sie selbst, mit einer Berechtigung zum Dasein. Doch hier durften sie nicht sein..

Blut, so viel Blut, Beine, Augen, Häute, Innerein... Ihr Magen verkrampfte sich, ihre Hand umklammerte ihre Waffe und ihre Muskeln spannten sich an. Sie spürte, dass sich in ihr etwas veränderte. Durch ihre Adern floss Kraft, Kraft und Wut. Ihr Körper begann zu zittern. Das zarte Gesicht verhärtete sich. .Hass. … Sie hatten ihrem Liebsten damals nicht geholfen, sie hatten ihn verbluten lassen, hatten den Bär nicht mal getötet. Sie ließen ihn sogar entkommen. Die Menschen waren böse. Sie gehören bestraft. Sie alle. Der Bär. Sie musste ihn finden. Sie würde ihn töten, ihn schlachten, ihn häuten, ihn zerlegen.

Mit erhobener Waffe rannte sie aus den Katakomben. Raus aus der Stadt. In den Wald. Der Bär. Wo ist er. Sie musste ihn finden. Er musste hier sein.

Abrupt unterbrach sie ihren Lauf. Auf der Straße ging ein Mann. Sie blickte nur für einen kurzen Moment als er an ihr vorbei ging in sein Gesicht. Er konnte sie nicht gesehen haben, denn er wandte sich ihr nicht zu und beachtete sie nicht. Sein schwarzes Haar trug er zu einem Zopf gebunden. War es wirklich schwarz? Nein. Es war blond. Hellblond. Und es glänzte so schön. Und seine strahlenden Augen? Braun, grün? Nein, sie waren blau! So blau wie der Himmel wenn die Sonne im Zenit steht. Das Lächeln auf den Lippen. Die Statur. Die Haltung. Der aufrechte Gang. Die Kraft die er ausstrahlt.

Alfons!

Er ist es! Was macht er hier? Er ist doch tot. Nein er lebt und er ist hier!

Einen gewissen Abstand haltend, ging sie ihm nach. Sie folgte ihm bis in die Miene. Sie schlich ihm nach. Leise. Immer darauf bedacht, nicht entdeckt zu werden. Da war noch ein Mann. Er begrüßte ihn. Wie nannte er ihn, GIL? Weiß er denn nicht, dass es Alfons ist? Ihr Alfons?

Sie konnte ihm nicht weiter folgen. Sie getraute sich nicht. Erst musste sie wissen was er hier in der Stadt machte. Wieso er sie nicht gesucht hatte. Sie sah ihm nach, als er sich immer mehr von ihr entfernte und tiefer in die Miene ging. Ihre Hand hielt das Rapier, krampfhaft, zitternd. In ihr Gehirn brannte sich ein Wunsch und sie wiederholte ihn immer wieder lautlos:

„Alfons,...Gil, ...er gehört mir. Nur mir. Und ich werde ihn mir zurückholen.“
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#2
Nadya ist wirklich eine freundliche Person. Sie hat sich bereiterklärt dem Mann der für mich einen Brief hinterlegen würde 5 Schillinge zu geben und ihm zu sagen, dass er die 5 weiteren erhalten wird, wenn ich mit dem Inhalt des Schriftstückes zufrieden bin.

Im Armenviertel hat sich schnell jemand gefunden der für Geld Aufgaben übernimmt, die für mich viel zu schwierig sind. Ich kenne mich in der Stadt noch nicht gut genug aus. Und es scheint Menschen zu geben die einfach alles wissen, oder es bald wissen. Geheimnisse scheint es hier nicht zu geben, denn er wusste sogar meinen Namen. Ich konnte ja nicht mal sein Gesicht sehen, aber das brauche ich auch nicht. Ich benötige nur Antworten auf meine Fragen. 10 Schillinge sind viel Geld, sehr viel, aber ich würde noch viel mehr bezahlen um wieder mit ihm zusammen sein zu können.

Wenn ich weiß was er nun macht und wo er wohnt, dann werde ich ihn aufsuchen. Und er wird mich in seine Arme nehmen und fest an sich drücken, so wie er es noch nie getan hat. Er wird mit mir sofort in die Kirche laufen um mich zu heiraten. Und dann kann uns nichts mehr trennen.

Und wenn er sich von nun an Gil nennen will, so soll er das. Es ist mir gleich.
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#3
Bis tief in die Nacht hinein hockte sie im Stall vor der Stadt, ganz hinten in einer der Pferdeboxen zusammengekauert, die Hände um ihre Beine geschlungen, den Kopf gesenkt, die Augen gerötet vom Weinen und mit blutig gebissenen Lippen. Immer wieder murmelte sie vereinzelte Wörter, Gedankenfetzen die in ihrem Gehirn kreisten.

Betrunkener … Taverne … Freund … Gefährtin … Aline … Aline .. Aline

Bis sie irgendwann, wohl aus Erschöpfung einschlief.
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#4
Schon früh am Morgen, steht eine Frau am Fenster gegenüber des Möbelhauses Daracha und beobachtet die Eingangstüre. Nur selten wendet sie den Blick ab.


[Bild: l8jj-1-c4ca.jpg]
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#5
*Ein junger Bursche in wetterfester, wildnistauglicher Kleidung kommt unregelmäßig am Möbelhaus auf einem halb wilden Pferd an und geht dort ziemlich selbstbewust ein und aus.*
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#6
Wein lockert die Stimmung, macht Bekannte zu Freunden, aus Männern tobende Kleinkinder oder anschmiegsame Schoßhunde, aus prüden wohlerzogenen Damen …

Trinkt man zu viel davon, und kämpft der Körper gegen sich selbst dann verliert alles um einem herum an Wichtigkeit und man wünscht sich nur noch, dass es aufhört, endlich vorbei ist und man schlafen kann. Einfach die Augen zu machen und vergessen.

Und manchmal, ganz selten hat man in dieser Phase eine Erkenntnis, man sieht Dinge mit anderen Augen, von außen, von oben herab. Und damit ist nicht, das Versprechen an sich selbst gemeint, nie wieder so viele Gläser zu trinken um diesen Zustand, nicht mehr erleben zu müssen. Nein, ein Gedanke, der das weitere Leben verändern wird.

Als sich Emmas Körper zum wiederholten Male des Getränks entledigte sah sie Bilder vor ihren Augen, die sie 13 Jahre tief in ihrem Unterbewusstsein verdrängt hatte. Sie betrachtete, wie sie den leblosen Körper Alfons wusch und ankleidete, sah zu, wie sie mit einer Schaufel in der Hand die Erde auf den Sarg warf und Blumen auf den Erdhügel pflanzte der ihren Liebsten nun für immer von ihr trennen würde. Und sie erkannte, welches Unrecht sie Gil und seiner Aline zufügen wollte.
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