Im Hause Greifenfels
#11
Als Bentrion an diesem Morgen wach wurde, ist er noch in den Fellen liegengeblieben, um über die letzten Tage nachzudenken. Zunächst einmal warf er einen Blick auf den Platz neben sich, der kalt und leer war. Kein Weib, das heut‘ Nacht bei ihm gelegen hat. Er hat es beinahe übersehen, als er mit den Vorbereitungen zur Eröffnung der Heilerstube beschäftigt war. Sie schien einige Sachen wegzubringen und auch sonst war sie ihm, im Verlauf der Feier, ehr abweisend gegenüber. Sie stand zwar auch an seiner Seite, oder ihr Blick verriet ihm, welche Last auf ihr lag. Vielleicht war es auch besser so. Lieber ein kurzer Schmerz jetzt, als später einer, der eine Ewigkeit anhalten wird.

Dann legte er sich auf den Rücken und starrte die Decke an, den Kopf auf den Unterarm abgelegt. Endlich war die Eröffnungsfeier über die Bühne gegangen, auch am Mühlfest der Jehanns konnte die Familie Greifenfels Eindruck schinden. Es wurde aber auch Zeit, dass die Familie wieder mehr Zusammenhalt zeigt und die Zusammenarbeit mit den Jehanns weiter voranschreiten kann. Zu lange haben wir uns darauf ausgeruht, nun kann es weitergehen. Jetzt musst es sich auch zeigen, zu was dieser Ganters taugen. Jedenfalls hält Gaius nicht viel von Biriana. Also werden wohl ihre Bestrebungen, eine andere Heilerstube zu eröffnen, nicht über das Bett Gideons hinausgehen und wenn doch, versalzen wir ihr die Suppe und sie wird am Ende mit nicht weniger als Nichts da stehen.

Dann verließ er die Felle, begann sich anzuziehen, während er darüber nachgedacht hatte, wann und ob sein Onkel irgendwann zurückkehren würde. Zumindest wollte er seinen Bruder noch nicht an Gavriels Stelle sehen. Zu viele Fehler waren ihm bei der Sache mit Corbin untergelaufen und Corbins Huren werden uns wohl noch eine Weile lang ein Dorn im Auge sein. Ob sie, wenn die Zeit reif ist, sich auch selbst ein Loch buddeln werden, wie Corbin es getan hat? Bei jenen Gedanken musste er schmunzeln, er war nun angekleidet. Jetzt war es Zeit für Frühstück, also griff er nach der Weinflasche und ging hinaus, um zum Hof auszureiten und sich dort der Arbeit widmen.
"Ein Greifenfels vergisst nie"
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#12
Patholigische Verachtung

Somberlie
nach der Begegnung mit Predragor
[by-Lyanna]

[Bild: somberliebyly2kqv6pgomh.jpg]



Lange Zeit war es gut gegangen für Predragor unter dem Dach des Hauses Greifenfels. Keine besonderen Zwischenfälle, keine nenenswerten Schwiriegkeiten. Nichts hatte er sich zu Schulden kommen lassen und sein Ansehen wuchs in den Augen der "Herren" und Waffenbrüder stetig. Da führte die schicksalhafte Begegnung mit einem Weib eine gefährliche Wendung herbei und brachte ihn zum ersten Mal, seit er Löwenstein betretten hatte, sein wahres gräsliches Gesicht zu offenbaren. Eine nichtige Lapalie wurde zum Funken welcher den angestauten Hass zu einer lodernden Flamme entfachte.

Die neue Magd Namens Somberlie, blutjung und voller unschuldiger Schönheit. Es war an ihr, Lyanna Tags über in der Heilerstube auszuhelfen und womöglich Bentrion des Nachts im Schlafgemach. Offenbar auf der Suche nach etwas alltäglicher Unterhaltung, einer Möglichkeit der abendtlichen Langeweile zu entfliehen, fasste sie den so pflichtbewusst wirkenden und stets in sich gekehrten Wächter ins Auge.

Ihn bei einer heiklen Abgelegenheit ertapt, Predragor war gerade dabei einen seiner "Berichte" an den alten Greif zu verfassen, packte sie die Gelegenheit schnell beim Schopfe und rückte jenem mit einer nahezu überwältigenden Forschheit und Dreisigkeit auf den Pelz. Es kam ihr wohl so vor, als spiele sie nur mit einem einfältigen gemeinen Tölpel. Wickele ihn geschickt um den kleinen Finger, im Hunger nach Informationen und auch einfach um der reinen Freunde daran willen.

Dabei wirke ihr ganzes Getue und ihre scheinbar kontaktfreudigen Angebote "sich näher kennenzulernen" eher affektiert, fast aufgesetzt. Und hinter dem geäusserten Wunsch, mehr über ihn zu erfahren, sowie einer Reihe unangemessen persönlicher Fragen, lies sich leicht der klägliche Versuch einer bewusten Manipulation erkennen.
Ohne es selbst zu ahnen, war sie dabei einen schlafenden Drachen zu wecken. In dem naiven Bestreben, Begierlichkeiten bei ihm hervorzurufen, stolzierte sie geradewegs erhobenen Hauptes in den eigenen Untergang.

Der anhaltende Umgang mit dieser vornehmen familiären Gesellschaft, bestehend aus einer Schaar, sich in Selbstverliebtheit sulender Lackaffen und ihren willigen Metzen, hinterlies seine Spuren. Nagte Tag um Tag erbarmungslos an Predragors Nerven, ihn immer näher an einen bodenlosen Abgrund der Verachtung ziehend. Und schon sehr bald ertappte er sich wiederhollend dabei die ein oder andere fiktive Szene eines "plötzlichen Unglücksfalles" in seinem Kopf auf- und abzuspielen. Für gewöhnlich die erste von zahlreichen Stufen zur Plannung und Ausführung konkretter Mordpläne.

Zunächst schaffte es Predragor noch die gewohnte Fassade distanzierter Höfflichkeit und aufgesetzten Interesses aufrecht zu erhalten. War bemüht das aufdringliche Weibstück ohne großes Aufsehen abzuwimmeln. Doch Somberlie dachte nicht einmal daran von ihm zu lassen. Ganz im Gegenteil, der kleinste Versuch seinerseits sie mit dezenter Ignoranz und Ablehnung auf Abstanz zu halten rief eine sofortige Trotzreaktion hervor und brachte sie dazu ihrem unverschämten Bemühen noch mehr Nachdruck zu verleihen.

Den entscheidenen Impuls, welcher die Mauer der Selbstkontrolle, hinter der Predragor seine wahre Natur gefangen hielt, bröckeln lies, gab eine unbedachte und aufdringliche Geste. Sich weiterhin recht lasziv neben ihm auf der Sitzbank räkelnd, warf Sombelie, sich dazu offenherzig über den Mann streckend, ganz unverblümt einen neugierigen Blick auf das Pergament, welches er unglücklicherweise noch immer in den Händen hielt. Dabei wagte sie es gar ihn zu berühren, sich auf eine Art und Weise an seine Schulter zu lehnen die nur als äusserst anzüglich, gar kokett betrachtet werden musste.

Dies Verhalten sprengte den Rahmen dessen was Predragor willens gewesen ist stillschweigend zu dulden, die Würfel waren gefallen.

Es war nicht irgendeine Art körperlicher Unzulänglichkeit welche es Predragor unmöglich machte ihrem subtilen Drängen nachzugeben. Das Feuer der Leidenschaft brannte zwischen seinen Leisten nicht minder lichterloh als bei allen anderen Mannen seines Alters. Was ihn wirklich daran hinderte den Reizen dieser Frau zu erliegen war um ein vielfaches grotesker und sogleich erschreckender.

Eine tief sitzende Psychose, vergraben hinter unzähligen schmerzlichen Errinerungen an durchlittene Traumata und dicht verwurzelt mit Minderwärtigkeitskomplexen und existenziellen Ängsten. Von ihm selbst längst vergessen, als natürliches und unverzichtbares Teil seines eigenen Charakters akzeptiert, gar geschätzt, vergiftete dieser selbstgeschaffene Dämon seinen Geist zunehmends.

Lag die Ursache dafür womöglich bei jenen alptraumhaften Ereignissen in Ravinsthals im Zuge derrer er zum Waisen geworden war? Oder hinterliesen darauf folgende, hungrige Jahre auf den Straßen, sowie das in den Armenhäusern durchlebte Elend, ihre unheilbare Prägung? Velleicht aber war es ihm so vorherbestimmt, ein grausamer Scherz der Götter, eine kleine Annekdote auf Kosten eines mikrigen keinen Menschen, dazu verdammt als seelischer Krüpel auf Erden zu wandern. Vollkommen gleich...

Der daraus resultierende, andersartige, krankhafte Bezug zu jeder Form der menschlichen Emotion, verbunden mit einer verzerrten Wahrnehmung der Realität als Ganzes, zwang sein Denken in feste Muster, beherrschte es unterbewusst und allgegenwärtig. In seiner Welt konnte es keine Kompromisse geben, kein Mitgefühl oder Verständniss. Es gab nur Dominanz oder Unterwürfigkeit, die nackte Stärke erhoben zur einzig gültigen Tugend und Instanz.

Ein jegliches kränkendes Wort, eine missverstandene Geste oder auch nur das zweideutige Verhalten einer Frau welches bei ihm Unsicherheit und einen Hauch des Selbstzweifels hervorrief kam einer Kriegserklärung gleich. Forderte Predragor auf, mit aller Kraft und Brutalität zurückzuschlagen, seine eigene Postion ohne Rücksicht auf Verluste zu behaupten.

Sich der Fleischeslust hinzugeben, von dieser süßen Frucht zu kosten die er sich selbst nun schon so lang verbot, käme einer Niederlage gleich. Einem Akt der Kapitulation, der Unterwerfung seiner selbst, einer Welt zu Füßen welche er einst, vor unentlich langer Zeit, in jugendlicher Hysterie eines zu tiefs gekränkten Kindes, geschworen hatte zu vernichten. Samt all dem Schönen dessen er sich langer Zeit beraubt sah und ihrer Bewohnern die er niemals als seinesgleichen akzeptierte.

Es war an der Zeit eine klare Grenze zu ziehen und für Predragor konnte es nur ein Mittel geben. Die Herabwürdigung Anderer ins Bodenlose, Aufbau von Kontrolle durch Angst, durch die Ausübung von Gewalt, dies war in seinen Augen immer die einzig logische Konzequenz. Und es war ihm ebenso stets ein willkommenes Werkzeug das eigene Wertgefühl wieder zu steigern.

"KOMM HER DU MISTSTÜCK!"

Mit diesen hasserfühlten Ruf, dränge und schubste er das Mädchen, welchem es schlagartig klar zu werden begann was sie nun zu befürchten hatte, in die leerstehende Heilerstube hinein. Die schweren Holztüren hinter sich sorgfältig mit einem Türbalken verbarrikadierend.

Somberlies verzweifelte Versuche dem Zorn, eines der Raserei verfallenen Mannes zu entgehen, wirkten unbeholfen und waren gänzlich zum Scheitern verdammt. In einem engen Raum, vollgestellt mit Krankenbetten und sonstigem Gerümpel, war sie gefangen und seiner Willkür hoffnungslos ausgeliefert.

Das Katz- und Mauspiel währte nur kurz. Alles auf seinem Weg zertrampelnd, die Tische durch die Luft werfend, dauerte es nicht lange bis der wildgewordene Waffenknecht sie endlich zu fassen bekam... Mit einem hämischen Grinsen auf den Lippen entledigte er sich rasch seiner gepanzerten Handschuhe.

Nur einen einzigen verheisungsvollen Blick auf ihr zartes Gesicht, ihre vor Verzweifelung und Angst gläsrig leuchtenden Augen, gönnte er sich, ehe seine Hand mit der Wucht eines Hammers gegen ihren Kopf niederprallte. Immer und immer wieder schlug er zu, ohne einen Funken Gnade oder Anzeichen des Zweifels. Somberlies schmerzerfühlte Seufzer verstumten hinter den typischen, lauten Klatschen und dem Geräusch hunderter Kettenglieder an Predragors Rüstung, welche bei jeder Bewegung ein polterndes Klirren von sich gaben.

Wie bessesen riss und zerte er an ihr und ihren Kleidern, schuttelte sie so häftig das ihre Wirbel zu bersten drohten und gab Laute von sich die mehr einem knurrenden Tier wesenhaft waren als einem Manne. Seine Kraft war mehr als ausreichend, Somberlie gleich einer Puppe in die Luft zu heben und sodann mit Leichtigkeit, in einer stoßenden Bewegung, gegen den Boden zu schleudern.

Dann endlich lies er ab von ihr, hielt inne und machte sich daran die Scherben seines Verstandes wieder mühsam zusammenzusuchen. Dabei atmete er in langsam werdenden Intervalen tief ein und aus, während sein Opfer ein Parr Schritt vor ihm ohne ein Lebenszeichen herumlag.

Erst jetzt, nach Augenblicken des Verharrens, vernahm Predragor ein energisches Klopfen an der verschlossenen Türe.


Nur eines gab es auf dieser Welt was Predragor mehr hasste und verachtete als sich selbst,
- alle Anderen.
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#13
Wer anderen eine Grube gräbt…
Die Wahrheit über Corbin Duneatas Ableben


Tod. Corbin Duneata ist tot. Er hatte ihm gesagt, dass er bluten würde. Bei Morrigú hatte er Rache geschworen, er wollte seinen Kopf er wollte, dass sein Blut den Boden tränkt. Und nun war es soweit, Corbin Duneata ist tot. Und in Exael macht sich eine Leere breit, unfähig zu handeln steht er da und blickt auf den Leichnam des Galatiers hinab. Seit Corbin fluchtartig die Stadt verlassen hatte, konnte Exael an nichts anderes mehr denken, als ihm seine Strafe zuzuführen. Doch nun war er um seine Rache betrogen worden.


Kurz zuvor…

Nachdem Exael nunmehr 2 Tage, wie vom Wahn befallen, ununterbrochen nach Corbin gesucht hatte bekam er einen Hinweis wo er sich aufhielt. Der Hinweis kam nicht von irgendwem, sondern von dem Galatier selbst. Natürlich war ihm bewusst, dass dies eine Falle sein würde. Corbin will, dass er in das Waldstück südöstlich ihres Hofes kommt, vermutlich würde er ihm dort auflauern, doch Exael war es egal. Auch mit 2 oder 3 Pfeilen im Körper würde er es noch bis zu diesem Dreckskerl schaffen und dann mit seiner Axt dessen Schädel spalten. So soll dies seine letzte Tat sein, unrühmlich würde er in einem Wald verenden, doch Ehre war ihm nunmehr egal, sein Durst nach Rache musste gestillt werden, koste es was es wolle. Als er das Gehöft der Greifenfels erreicht hatte, stieg er von seinem Ross und schritt langsam in den Wald hinein, wachsam blicke er sich um und rechnete damit, dass ihn jeden Moment der stechende Schmerz einer eindringenden Pfeilspitze ereilen würde. Doch es kam anders, zwar war es eine Falle und Corbin richtete durchaus seinen gespannten Bogen auf ihn, aber er schoss nicht direkt. Wie geheißen verharrte Exael auf der Stelle und ließ dann die Hasstriade über sich ergehen. Sie ist eine Hure, er ist ein dekadentes, faules, fettes Stück Dreck. Damit hatte er gerechnet und er ließ sich nicht darauf ein. Er würde ihn jetzt nicht beleidigen, nein er gab ihm Recht. Ja Corbin, alles was du sagst ist die Wahrheit solange bis du in die Reichweite meiner Axt kommst, dann ist ihr Klingenblatt die Wahrheit und ich werde diese Wahrheit in dich hineinprügeln. Exaels Gedanken waren ebenso von Hass erfüllt wie Corbins Worte und doch lächelte er und versuchte langsam Schritt für Schritt näher zu kommen. Doch dann hörte er ein Rascheln im Gebüsch und das knacken von Ästen. Ein Hinterhalt? Sogleich machte er einen Satz zurück und blieb neben einem dicken Laubbaum stehen um nicht von einem weiteren Schützen als Ziel zu dienen. Es folgten weitere Beschimpfungen durch Corbin, doch nun begann Exael den Galatier gezielt zu provozieren, seine Ehre in Frage zu stellen bis dieser schließlich schoss. Doch ob beabsichtigt oder nicht, der Pfeil flog an ihm vorbei und streifte die Schulter seines Pferdes, welches ein gutes Stück hinter ihm stand und sogleich Reißaus nahm. Exael griff geistesgegenwärtig zu seiner Axt während Corbin bereits auf ihn zustürmte und dabei ein bereitgestelltes Kurzschwert ergriff. Nur noch wenige Schritte trennten die beiden Kontrahenten voneinander. Vier Schritte, Exael umfasste den Griff fester hielt die schwere Streitaxt mit beiden Händen hoch. Drei Schritt, die Blicke der beiden treffen sich die Körper beider sind zum Zerreißen angespannt. Zwei Schritte, die Axt wandert nach schrägunten bereit um einen verheerenden Schlag auszuführen. Ein Schritt, ein Knacken. Exael blickt irritiert vor sich, Corbin war weg, es dauerte einen Moment bist Exael begriff was geschehen war. Vor ihm befand sich eine manntiefe Grube welche der Galatier wohl ausgehoben hatte, welche eigentlich für ihn bestimmt war. Doch nun lag der leblose Leib von Corbin dort unten, aufgespießt auf dem eigenen Schwert, den Kopf aufgeschlagen auf dem Boden seiner eignen Grube. Exael hatte die Falle die ganze Zeit nicht wahrgenommen und wäre dieses Geräusch im Walde nicht gewesen, würde er nun dort unten liegen. Er stand noch einige Zeit dort und fühlte nichts.
All of old. Nothing else ever. Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better.
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#14



Woodkid - Iron

“Bringst du das Fräulein Cleo wieder zurück?“ Der Blick der Heilerin richtete sich auf ihr Gegenüber, die andere Heilerin: Eirene. Jene nickte zustimmend.
“Und dann kommst du zurück, wir haben einiges zu besprechen!“
“Darauf kannst du dich verlassen!“ Die Mundwinkel der Dunkelhaarigen zuckten in die Höhe, während sie der versorgten Frau von der Bahre half. Dann verließen die beiden das Heilerhaus und ließen Lyanna alleine zurück. Diese machte sich sogleich, wie immer, daran, die Utensilien, welche sie gebraucht hatte, zu säubern und in Reih- und Glied in einer Lade zu verstauen, immer mit Carl Gustavs Worten im Hinterkopf. Sind eure Patienten nicht verunsichert, wenn sie diese Gerätschaften sehen? Sie musste unweigerlich schmunzeln
Als sie alles beseitigt hatte, packte sie die blutigen Bandagen und den Kübel mit dreckigem Wasser, um beides zu entsorgen. Leise vor sich hinsummend, öffnete sie die Türen des Heilerhauses und trat nach draußen – nur um mitten im Schritt zu erstarren.
Man brauchte nicht viel Verstand um die Bedrohung zu erkennen, die von dem halben Dutzend, in braune Roben gekleidete Gestalten ausging, von denen jeder zumindest eine Fackel oder eine Waffe in der Hand trug. Dennoch vermochte sie die Situation noch nicht einzuschätzen – zumindest nicht bis zu dem Zeitpunkt, als eine ihr wohlbekannte Stimme sagte: „Holt die Frau. Und bringt sie ins Haus.“ Sie wusste, dass ihr nicht die Möglichkeit zu einer Flucht blieb – es waren einfach zu viele. Dennoch war es ihr Fluchtreflex, der in dem Moment reagierte und sie auf den Fersen herumwirbeln ließ. Bandagen und Kübel einfach fallen lassend, versuche sie zurück in die Heilerstube zu kommen.
“HILFE! STADTWACHE! HILFE!“ brachte sie noch heraus, ehe eine Hand sich auf ihren Mund legte und sie ziemlich unsanft zum Schweigen brachte. Eine Mischung aus Schweiß und anderen Gerüchen stieg ihr beißend in die Nase. Übelkeit begann sich auszubreiten. Nach Leibeskräften versuchte sich die junge Frau gegen den Griff des Mannes zu wehren. Dann folgte ein dumpfer Schlag, der einen grellen Schmerz durch ihren gesamten Körper zucken ließ und ihr augenblicklich das Bewusstsein raubte. Leblos sackte Lyanna in den Armen des Mannes zusammen.

Als sie wieder erwachte, war die Welt zu einem dumpfen, pochenden Schmerz verkommen, der ihr die Sicht raubte und derart intensiv war, dass sie sich am liebsten auf dem roten Teppichboden des Hauses übergeben wollte. Ein leises Stöhnen glitt über die Lippen der Heilerin, ehe sie die Hand anhob und sich an den Kopf tastete. Jemand schien ihr einen Verband angelegt zu haben, aber dieser war nass. Als sie die Finger vor die Augen hielt, sah sie das Blut daran glitzern. Ihr Körper fühlte sich an wie Blei, jede Bewegung kostete Überwindung. Die Welt war zu einem Karussell geworden, welches sich konstant im Kreis drehte und nicht anzuhalten schien.
Verschwommen nahm sie braunen Stoff wahr. Verzerrte Stimmen. Jemand trat auf sie zu. Sie wich zurück, drückte sich gegen die Wand und hob die Hände protektiv über das Gesicht. Eine Faust traf sie, schleuderte den ohnehin bereits malträtierten Kopf zur Seite und trieb Lyanna erneut an den Rand der Bewusslosigkeit. Ein metallischer Geschmack breitete sich augenblicklich in ihrem Rachen aus. Doch plötzlich änderte sich die Szene. Die wirren Umgebungsgeräusche wurden lauter – der Kuttenträger entfernte sich. Ein Tumult schien ausgebrochen zu sein. Wieder war es reiner Überlebensinstinkt, der Lyanna, entgegen ihrer körperlichen Bedürfnisse, in die Höhe zwang. Alle drei Bewacher – zumindest meinte sie, dass es drei an der Zahl waren, wandten sich von ihr ab. Mit neu gewonnener Kraft – oder einfach nur getrieben durch die schiere Panik – schob sie sich an der Wand entlang zur Türe. Gleichzeitig, wie einer der Vermummten versuchte, auf sie zuzustürzen, fiel sie mit der Türe nach draußen.
“HILFE!“ Sie vernahm ein Fluchen und brauchte sich nicht umzublicken um zu wissen, dass ihre Verfolger die Türe ebenfalls erreicht hatten. Doch zu spät. Eine Wache kam. Hinter ihr vertraute Umrisse. Eine beruhigende Stimme. Zu wenig, sie würden zu wenig sein! Man erhob die Stimmen gegeneinander an – wieder begann ihre Umwelt zu verschwimmen, das konstante Pochen raubte ihr den Verstand. Die kundige Heilerin wusste, dass sie viel Blut verloren hatte und es nur eine Frage der Zeit war, bis sie wieder in die Dunkelheit hinabsinken würde. Eirene redete beruhigend auf sie ein, doch sie verstand nicht. Niemand verstand. Man schenkte ihren kraftlosen Worten keinen Glauben. Sie sah Predragors Umrisse – dieser Bastard. Er hatte sie alle getäuscht. Er und Gavriel waren zu Verrätern der eigenen Familie geworden. Doch derzeit musste sie ihre Kraft schonen – sie hatte das Gefühl, dass sie jene noch mehr als dringend gebrauchen würde.
“Du...musst sie ablenken!“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, doch Eirene verstand. Sie erhob sich mit einer fließenden Bewegung und trat auf den Mann in Braun zu. Während der andere mit der Stadtwache beschäftigt zu sein schien und Predragor nicht zu sehen war, wandte sich „ihr“ Berobter Eirene – oder ihrem Ausschnitt zu. Sie konnte ihn mühelos in ein Gespräch verwickeln. Männer.
Mit einiger Kraftanstrengung zog sich die Rothaarige auf den Rücken ihres weißen Hengstes. Die unzähligen Stunden, die sie seit Kindesbeinen an in ihrer Heimat auf diesen majestätischen Tieren verbracht hatte, machten sich nun bezahlt. Dennoch verschwamm immer wieder die Sicht, sie wusste, dass ihr die Zeit davonflog.
Die Hände in die Mähne des Tieres krallend, drückte sie die Schenkel an und schnalzte mit der Zunge. Der Grauschimmel machte einen Satz nach vorne und stieß den Braunberobten Mann unsanft zur Seite. Bevor er reagieren konnte, hatte sie sich bereits in Bewegung gesetzt. Die Hände hinterließen blutige Abdrücke auf dem sonst weißen, makellosen Hals des Tieres, als sie ihn unbarmherzig durch die leergefegten Straßen trieb.
Als sie schließlich vor dem Haus der Ganters zum Stehen kam, hing sie nur mehr wie ein nasser Sack Mehl über dem Hals des Tieres, welches nervös aufschnaubte und mit den Hufen scharrte. Türen öffneten sich. Ein Stimmgewirr. Dann rutschte Lyanna einfach von Schnee's Rücken und fiel. Dunkelheit umgab sie. Dann Leere. Wohltuende Stille.




Assassin's Creed Revelations - Theme Song
All the world knew that a maester forged his silver link when he learned the art of healing - but the world preferred to forget that men who knew how to heal, also knew how to kill
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#15
Zwei Tage sind nun vergangen, seitdem er Sam gesehen hat. Zwei Tage zu viel, das war Bentrion klar. Und falls sie nun nicht mehr am Leben sein sollte, dann hat er dieser Elda auch noch umsonst eine verpasst. Naja, fast umsonst, schließlich hatten ihn die Gefühle in diesem Augenblick überflügelt – für den Moment zumindest. Nichtsdestotrotz war sie nicht aufzufinden und das war ungewöhnlich für jemanden, den man zufälligerweise immer dann begegnet ist, wenn man am wenigsten damit gerechnet hatte. Er hat ihr den Schutz angeboten und sie in der Heilerstube untergebracht, doch musste sie, wie so oft, das wusste er mittlerweile, mit dem Feuer spielen. In dem Fall war Predragor das Feuer gewesen. Zumindest hat sie ihm von dem Vorfall in Neuhafen erzählt und diesen beiden Typen die sie suchen würden, bevor sie sich eine neue Bleibe gesucht hatte… und andere Dinge.

Als am Vortag seine Tante Gysell ihm davon berichtete, dass ihre Stute „Sam“ nicht mehr auf zu finden war und entweder gestohlen wurde, oder gar getötet, ging Bentrion ein Licht auf. Da wusste er, dass er nach Sam suchen musste. Also ging er am heutigen Nachmittag wieder zu Elda und klopfte an ihrer Tür. Sobald ein Spalt geöffnet wurde, stoß er sie auf und überrumpelte sie. Nachdem sein blick über das lange Jagdmesser und den Katzbalger ging, blickte er durch den Raum. Er war sich sicher, dass er nichts vor ihr zu befürchten hatte, außer vielleicht einen Kratzer – ohne Kratzer ist man jedoch kein echter Mann. Doch von Sam war keine Spur zu sehen. Also begann er Elda auszufragen.

Bentrion wusste, dass nach seinem letzten Besuch es nicht so einfach sein würde, das zu bekommen, was er nun wollte. Schließlich war es das zweite Mal, dass er sie aufsuchte, um etwas von ihr zu nehmen. Doch ist ihm auch aufgefallen, dass sie hart im Nehmen war und er einfach nur standhaft bleiben musste. Nach wenigen Augenblicken saß er also schließlich an ihrem Tisch, sie stand mit verschränkten Armen gegen die Wand gelehnt da und blickte genervt zu ihm. Es war also noch einfacher als er es gedacht hatte. Dann folgte der Informationsaustausch. Drei Namen standen im Raum. Zwei Fische und ein Hai. Aki und Marek in der Rolle der kleinen Fische und Nokolaj, in der Rolle des Hais. Aki, dumm wie Stroh, aber mit Vorliebe für Dramatik und Schmerzen. Über Marek wusste sie nicht viel, nur so viel, dass er für Nokolaj arbeiten würde und somit wären wir beim Hai. Noch in diesen Augenblick formte Bentrion alle Informationen zu einem ersten Entwurf, wie ein Puzzle, das nach und nach ein Bild ergeben würde. Damit war das Gespräch zwischen den beiden beendet. Irgendwie fing er an sie zu mögen, aber sie war Venthos Beute – und Konstantins. So ging er also hinaus, bestieg sein Ross und machte sich auf nach Hause, das Puzzle zusammen zu setzen.
"Ein Greifenfels vergisst nie"
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#16
Nachdem er Predragor letzte Anweisungen gegeben hatte, zog er sich in die Höhle neben dem Anwesen des Hauses Greifenfels zurück, um dort in Ruhe über die vergangenen Tage nachzudenken.

Er hatte hart durchgegriffen und nicht alle Familienmitglieder haben dis unbeschadet überstanden. Einige hatten körperlichen und die anderen seelischen Schaden genommen und nun war es an ihm das alles wieder in Ordnung zu bringen.

Predragor hatte sich durch sein Handeln als äußerst loyaler Mann erwiesen, auch wenn er sich dadurch den Hass vieler Familienmitlgieder auf sich gezogen hat.

Doch da war noch mehr was diesen Mann anging. Unweigerlich wanderten seine Gedanken zurück in seine eigene Jugend in Ravinsthal. Er hatte in seiner Jugend das ein oder andere Mädel beglückt, doch eine hatte es ihm damals besonders angetan. Ihr Name war Ciara Wiestal und in sie hatte er sich mit verliebt. Sie trafen sich häufig und teilten das Bett. Doch eines Tages teilte sie ihm mit, dass sie ein Kind von ihm erwarte. Für einen Moment war er der glücklischte Mann in Ravinsthal doch, als er seinem Vater davon erzählte, wurde all das Glück in einem Moment zunichte gemacht.

Er sei für eine bessere Partie bestimmt und werde die Frau und das Kind nie wieder sehen. Das waren die Worte seines Vaters gewesen und er hatte diesen Folge zu leisten und so kam er den Kontakt mit Ciara abbrach und erst Jahre später wieder suchte, wo er auch den Jungen zum ersten Mal wiedersah. Sie einigten sich darauf, dass er ihr wann immer s möglich ist etwas Geld zukommen lässt, sie jedoch niemals erwähnt, dass er der Vater des Jungen sei.

Und so gingen die Jahre ins Land und hin und wieder besuchte er Ciara und ihren Sohn ohne das Wissen seiner Familie, um zu sehen, wie es ihnen ergangen ist.

Seine Gedanken wanderten dann wieder ins Hier und Jetzt und zu Predragor. Diese Ähnlichkeit...konnte es sein das.....

Er schüttelte die Gedanken ab und richtete ein Gebet an die alten Götter, so das sie ihm in dieser schwierigen Zeit beistehen mögen.
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#17
Träume

Seit Tagen konnte er nicht mehr richtig schlafen, immer wieder wurde in seinen Träumen heimgesucht. Dabei erschienen ihm immer wieder die gleichen Personen aus vergangenen Tagen, Ciara und sein kleiner Sohn. Und als wäre das nicht genug, tauchte immer wieder Predagor in seinen Träumen auf.

Manchmal lag er dann noch stundenlang unter seinen Fellen wach, nachdenklich an die Decke starrend, in der Stille der Nacht. Dabei erinnerte er sich an die schönsten Momente, welche er mit Ciara verbracht hatte, ihre gemeinsamen Turteleien, wie man sie von verliebten her kennt. Oft hatte er ihr Bild vor sich, wie sie vor ihm herlief, mit mäßigem Tempo, ihr schwarzes, langes Haar dabei durch die Luft wirbelnd, als wäre die Zeit gedehnt. Ihr Lächeln dabei war das schönste, was er sich hätte vorstellen können. Doch leider dauerte es nicht lange an, er spürte in diesen Momenten des unruhigen schlafes, wie er sich wälzte und dagegen ankämpfte nicht aufzuwachen.

Vergeblich....

Kurz vor dem Erwachen, während Ciara vor ihm her lief und sich immer wieder nach ihm umdrehte, erschien ihm das Gesicht Predragors. Es war erschreckend und alptraumhaft, bis er begriff, dass er ihre Augen hatte. Die Gesichter verschmolzen, er wachte auf und sah nur noch Predragor. Sein treuer Gefolgsmann der ihm in diesen schweren Zeiten zur Seite stand. Es ließ ihm einfach keine Ruhe, dass er vielleicht sein Sohn sein konnte. Zwar war der Bursche kahlrasiert, doch sein Barthaar war schwarz wie die Nacht, wie das seine, als er noch jünger gewesen ist. So viele seiner Züge erinnerten an die seinen, die grobe Art dahinter, markante und kalte Züge, die so manch einen das Schrecken in seiner Zeit als Söldner lehrten.

Er musste mehr über den Burschen erfahren, seine Herkunft, was er all die Zeit getrieben hat, wie er aufgewachsen ist und ob er eine Mutter hatte, an deren Namen er sich erinnern kann. Es musste rasch geschehen, sonst wird er keine Ruhe mehr finden können.
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#18
Ach. Der Plan war so einfach wie ein Stück Kuchen vom Fensterbrett zu stehlen.
Konnte ja niemand ahnen, dass der Kuchen frisch aus dem Ofen kam und man sich die Finger daran verbrannte. Am allerwenigsten konnte Farilda das ahnen. Außerdem hatte sie sich schon so oft die Finger verbrannt oder aufgerissen, da müsste sie doch langsam eine Hornhaut haben.
Der Plan hatte 4 Schritte.
Schritt 1: Einem beliebigen Greifenfels die Liebe gestehen.
Schritt 2: Die eifersüchtige Geliebte spielen, um so an die gewünschten Informationen zu kommen.
Schritt 3: Einen dummen, aber glaubwürdigen Vorwand zum Verschwinden erfinden. Und verschwinden.
Schritt 4: Öh. Verschwinden.
Irgendwie war sie über Schritt 1 nicht hinausgekommen - und erfolgreich war sie dabei ganz und gar nicht.
Ach Jonathan... unter anderen Umständen..., dachte sie traurig, als sie sich an seinem schlafenden Körper auf dem Stuhl vorbeidrückte. Sie würde ihn nie wiedersehen. Kurz überlegte sie, ob sie ihm einen Abschiedskuss geben sollte, aber das hätte ihn wahrscheinlich geweckt. Warum er überhaupt eingeschlafen war, während er dafür sorgen sollte, dass sie nicht flüchtete, wusste sie auch nicht. Vielleicht war da doch ein Fünkchen Vertrauen in sie - Vertrauen, dass sie sich nicht hinausschlich, während er sie bewachen sollte? Und so schlich sie hinaus, wie sie hineingeschlichen war - und stolperte beim Hinausgehen über einen zusammengeknüllten Wappenrock.
Neben all den vielen Erkenntnissen, die sie in der letzten Nacht gewonnen hatte, waren zwei unglaublich hervortretend: Sie hasste Schlangen. Die zweite Erkenntnis hatte sie bereits verdrängt, als sie sich zur Türe hinausschob.
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#19
[Bild: kqdc24xa.jpg]

Ein Toter, ein Abschied, das Ende zweier Männer.

Es dauert eine gute Weile die richtige Stelle zu finden. Eine kleine unscheinbare Höhle in bei den Weiden nahe des Söldnerlagers. Bestens geeignet dem Leichnam als vorübergehende Krypta zu dienen, schön kühl und überraschend trocken. Der schmale Eingang liegt etwas erhöht, die Kameraden hatten wohl befürchtet Mandres könnte zuletzt doch noch Trollfutter werden. Vorsichtig erklimmt Predragor den steilen Hang und tritt hinein.

An Stelle der erwarteten Totenfäulniss verspürt er eine wundersame Mischung pikanter Tinkturen und rätselhafter Ingredienzien. Offenbar hatte der Verblichene vor Kurzem seine letzte Salbung erhalten. Nur ein Paar Schritt unweit des Eingangs, liegt der Körper eines gerüsteten Mannes aufgebahrt. Predragor hält einen Moment inne und betrachtet diesen nachdenklich.
Empfand er Trauer? Schmerz? Seit dem Moment als er vor einigen Tagen die Todesnachricht erhielt, war er ein Anderer geworden. Doch eigentlich war er nicht im Stande derartig hohe Gefühle wie Liebe und Zuneigung für jemanden aufzubringen, selbst wenn dieser Mann der einzige war dem er jemals wirklich vertraute. Mandres Dahinscheiden markierte viel mehr das Ende eine Ära. Es war das endgültige Ende der Vergangenheit und bedeutete für Predragor, einen Mann ohne Zukunft, gleichwohl den Tod.

Für Mandres selbst hingegen offenbarte sich sein logisches Schicksal. Dieser Kerl war sein Leben lang ein hoffnungsloser Draufgänger, dessen Leichtsinn allein durch seinen Mut übertrumpft werden konnte. Und genau in dieser Rolle war er frei, nahezu unantastbar. Dies war es wodrum ihn viele beneideten.

Predragor beugte sich behutsam über den Leichnam und machte sich ans Werk. Die mitgebrachte Klinge, ein Langschwert aus besten Damaststahl drückt er unter die rechte Hand. In die Linke legt er einen ledernen Geldbeutel, ein Goldstück löwensteiner Prägung klimpert darin.
Die kalten starren Finger geben nur wiederwillig nach. Zur Sicherheit fixiert er die Hände des Toten mit einem schlichten Leinenband. Wieder auf die Beine gekommen erweist er dem Toten die letzte Ehre und erlaubt es sich für einen Moment in Melancholie zu verfallen.

Er hatte schließlich alle seine Feinde überlebt und musste sich nicht selten eingestehen, das Leben ist trister geworden ohne sie. Doch nun hier und jetzt überlebte er auch seinen letzten Freund, seinen Weggefährten. Und dies hinterließ eine klaffende Leere in ihm, jene zu fühlen nicht einmal seine Geldsucht und Ströme voll Wein im Stande waren.

Welche eine Verschwendung von Potential...
"Seis drum... Stahl und Gold, im Leben wie im Tod." Sprach Predragor schwermütig und atmete mit einem tiefen Seufzer aus. Er blickt nicht zurück. Zur Totenfeier samt anschließendem Leichenschmaus würde er wohl vergebens erwartet.

Einige Stunden später wieder im Dorf angekommen machte er sich ans packen. Viel war es nicht was er mitzuführen plante. Den Großteil seines Besitzes hinterließ er seinem Vater. Möge der alte Greif sich davon einen sorglosen Lebensabend erkaufen und eine neue Familie am Besten gleich mit. Denn seine alte hatte sich mit von ihm längst abgewandt, womöglich hatte er dies nicht anders verdient. Gewiss hatte Predragor ihm verziehen, oder viel mehr wich der Zorn mit der Zeit blanker Gleichgültigkeit. Und doch blieb immer eine unüberwindbare Distanz zwischen ihnen und so gab er sich nicht einmal die Muße sich zu verabschieden. Gavriel würde es mit relativer Gleichgültigkeit tragen, da war er sich sicher. Am Ende hatte diese unheilvolle Hexe doch Recht behalten - "Gavriel, dein Haus ist mit dir verblasst."

Sich selbst ließ Predragor nur eine verzierte Schatulle voller Gulden, gerade so groß das er sie mit sich tragen konnte. Sollte das Schicksal ihm wenigstens ein Mal noch im Leben wohlgesonnen sein und er das Ausland sicher erreichen, sollte dies mehr als ausreichend sein um nie wieder einen Finger krumm machen zu müssen.

Gegen Abend am Hafen der Fürstenburg angekommen begegnet er einem Unbekannten Recken. Noch so ein dahergelaufener Glücksritter, gekommen und dem alten Valke die Stiefel zu lecken. Ein breites Grinsen zeichnet Predragors Gesicht - so ist es wohl im Leben, der eine geht ein anderer kommt. Mit dem Großmaul ins Gespräch gekommen, dieser erklärt dem Silendirer Herzog zu dienen und der beste Kämpfer auf Mithas grüner Welt zu sein, verspielt er seinen alten Gaul samt Sattel beim Münzwerfen. Seis drum, so ist es wohl im Leben.

Es bleibt nicht mehr viel, nur noch die Flasche in seiner Hand die geleert werden muss.
Dem erstbesten Kapitän wird er ein unsangliches Vermögen bieten, für eine sichere Überfahrt nach Galatia.

Predragors letzter Blick auf die Heimat gilt der alten Fürstenburg.
Still beobachtet er das in der Ferne immer kleiner werdende Bollwerk, während eine frische Meeresbrise sein mittlerweile gar nicht mehr so pechschwarzes Barthaar zerzaust.


"Soll es doch alles brennen in lodernden Flammen..."
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#20
Es war bereits spät am Abend, als Gavriel auf den Zinnen der Grenzfeste saß und nachdenklich in die Ferne blickte.

Predragor war verschwunden und hatte ihm ein beträchtliches Vermögen hinterlassen, doch was war schon alles Gold der Welt, wenn man feststellen musste, dass man nun alleine war.....

Sein Blick wanderte hinunter und für einen Augenblick fragte er sich, was geschehen würde, wenn er springen würde. Würde ihn man ihn vermissen, würden zukünftige Genrationen sich an ihn erinnern? Fragen die man gewiss mit Nein beantworten könnte.

Er atmete tief durch, erhob sich und sprang hinab auf den Wehrgang, um im Turm zu verschwinden.
Ein Greifenfels vergisst nie
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