Wer heilt hat Recht!
#21
Er hat es getan. Er hat es wirklich getan. Er hat eine Grenze überschritten. Und er wird es bereuen.
Ich werde niemandem von dieser Schmach erzählen. Und ich werde meine Rache kalt genießen. In dem Moment, wo er nicht mehr mit einer Reaktion von mir rechnet, werde ich mich ergötzen an seiner Erniedrigung.
Ich habe Zeit. Ich kann warten. Schließlich werde ich die Vorfreude genießen, mich in ihr aalen, mir ausmalen in allen Einzelheiten, wie er gedemütigt versuchen wird, seine Pein zu überdecken.
Aber mir kann er nichts vormachen, ich werde den Riss in seinem kalten Blick sehen. Lang genug habe ich ihn ja schon studieren können und bald werde ich ihn sogar noch näher erleben. Und er weiß so genau, wo sein verletzlicher Punkt liegt. Und er weiß auch, dass ich das weiß.

Ansonsten warte ich immer noch auf das Erscheinen von Gnaden Winkel, aber ich schätze ihre phobische Abneigung gegen Heiler jeder Art, wird mich bis zum Ende aller Tage warten lassen. Ich werde sie also erneut aufsuchen müssen.
Und bis dahin werde ich mich ganz der Behandlung der Kranken vermachen und meine Forschung noch ein wenig ruhen lassen.

Das Leben läuft in ruhigeren Bahnen, der Wegesrand ist gesäumt von schönen Gesprächen. Justan, Wahnfried, Caleb, Lenchen und Inara, Adele und neuerdings der Hauptmann, locken mein Interesse wieder in die Welt hinaus zu gehen.
Dafür bin ich sehr dankbar. Sogar diese irrsinnigen, getriebenen Träume lassen langsam nach.

Und nicht zuletzt er. Rache ist ein starker Antrieb. Und er ahnt gar nicht, was für einen Gefallen er mir letztlich getan hat.
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#22
Kleine Schwester.
Ich wußte es nicht im ersten Moment, als das Gift in Form des Mannes auftauchte, aber ich wußte es sehr schnell danach: Er wird dein Herz und deinen Verstand vergiften und das wird dich in den Abgrund reißen.
Anfangs habe ich noch versucht, ein Gegengewicht zu bilden, dich zu halten, zu wärmen, dir ein wenig Gelassenheit zu geben.
Aber je mehr ich mich bemühte, um so weiter weg gingst du. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass du auch bei mir herum tricksen würdest, aber du tatest es. Weißt du noch, unser gemeinsames Haus? Oh, was hast du dir Mühe gegeben, mir das kleine Zimmerchen schmackhaft zu machen. Auch wenn ich nichts gesagt habe, Schwester, habe ich wohl gespürt, wie wichtig es dir wurde, mich aus dem Wege zu haben.

Wie oft habe ich versucht, die Wogen zu glätten, deine so liebevollen und schönen Seiten hervor zuheben, habe dich über den Klee gelobt. Gerade auch vor den anderen.
Naja und wie wir Menschen so sind, irgendwann rollte der Stein, auch ohne dein weiteres Zutun. Rollte und rollte und rollte....und jetzt fällt er in die Tiefe.

In Zeiten der Harmonie sind Freunde zum Scherzen da, aber in Zeiten der Not, zeigt sich wer wahrlich hinter einem steht. Ein wahrer Freund kritisiert, sagt, was schlecht gelaufen ist und bleibt trotzdem an meiner Seite.

Und ich bleibe an deiner Seite. Wenngleich ich vieles nicht mag, was du tust. Ich will um der alten Zeiten willen, nicht glauben, dass du gänzlich dem Gift verfallen bist.
Schwester, dein ist mein halbes Herz und ich werde unermüdlich da bleiben, dir reichen was du brauchst. Und ich werde dir sagen, was ich denke, viel deutlicher, als zuvor, was mir so gar nicht gefällt!

Schwester, habe keine Angst. Warst du es nicht, die sagte, das wir alles schaffen? Irgendwie? Irgendwann!
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#23
Es ist ja nicht so, dass ich nicht zeitweilig neidisch auf die Ehepaare, oder auf die Turteltauben schaue, die sich mit Augen und Mündern nahezu verschlingen wollen, aber geheuer ist mir diese ganze Angelegenheit nicht.

Der Eine ist ein Gourmand, will großzügig seine Gabe verteilen, als ginge es um den Erhalt der Menschheit. Diese Kerle machen kaum einen Unterschied zwischen Gebäck und anderen süßen Dingern, Hauptsache sie können mit ihrer Sahne garnieren. Meist geht hier ein ansehnliches Äußeres, mit einem losen Mundwerk einher. Der Zeitvertreib ist kurzweilig und amüsant, aber nur solang bis die Erwählte die hauseigenen Früchte zum Verzehr anbot, danach fällt jedes Interesse schneller, als ließe man eine faulige Pflaume aus den Händen fallen.

Der Andere ist ein Gourmet. Er will dinieren. Genüsslich erwählen, mit einer langen Vorspeise, die an Raffinesse kaum zu überbieten ist. Er stiftet hier ein Blümchen, dort eine Perle, ein Gaumenschmaus ab und wann. Und dann folgt die mittlerweile hoch fantasierte Hauptspeise. Die Erwählte glaubt fest daran, dass sich nun der Himmel öffnen wird und eine gottesgleiche Hand - manchmal auch ein vom Träger so ernanntes Zipfelchen - sie in die schillernsten Höhen und goldensten Wogen erheben wird.
Aber weit gefehlt!
Die Hauptspeise ist so dermaßen spärlich, dass man davon im Leben nicht satt wird.

Beiden Arten gleich ist, die üble Magenverstimmung, die nicht selten in morgendlicher Kotzerei endet.

Der Nächste der mir rät, mir einen Mann zu suchen, wird gute Argumente vortragen müssen!
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#24
Vater,
ich bin nun in Löwenstein.


Werter Vater,
du wirst es nicht glauben, aber


An Frede Kerlow

Verdammte Axt, warum ist das so schwer seinem eigenen Vater zu schreiben. Und dabei habe ich doch eigentlich nur gute Nachrichten mitzuteilen. Liegt es möglicherweise an den vergangenen 10 Jahren, in denen ich keinen Ton von mir gegeben habe? Aber er wollte es doch so, ich habe es in seinen Augen genau gesehen, dass es ihm lieber gewesen war, wenn ich fort ginge. Und genau das habe ich gemacht: ich bin fortgegangen. Er hätte mich ja auch aufhalten können. Hat er auch nicht gemacht. Gib doch zu Frede Kerlow, dass du meinen Anblick nicht mehr ertragen konntest. Ich weiß, dass du Imke geliebt hast, mehr als dein Leben und ich weiß auch, dass du deines für uns gegeben hättest.
Wann wirst du es dir verzeihen, dass du uns nicht beschützen konntest?
Müssen erst noch weitere 10 Jahre vergehen?
Es hat uns beide stumm gemacht. Vielleicht ist es besser, die Vergangenheit ruhen zu lassen.

Vater,
ich liebe dich!
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#25
Es ist nicht rechtens!
Mit diesen Worten bin ich heute erwacht. Nicht ruckartig, wie ich es aus meinen Albträumen kenne, sondern eher so, als quälte ich mich aus zähem Sumpf hervor.
Das mein Geist zeitweilig wirre Träume produziert, daran habe ich mich schon gewöhnt, aber dieser Traum heute...ich weiß nicht...wirklich verwirrend.

Hm, wenn ich es recht bedenke, könnte es der Blutfleck direkt neben meinem Haus gewesen sein.
Auch in meinem Traum, war das Blut festgetrocknet am Boden und als ich es genauer anschaue, läuft die Zeit rückwärts und es verflüssigt sich wieder. Es perlt geradezu verlockend und ich hocke mich davor und will meine Zunge in das lebendige Blut tauchen. Wenn ich nur klar sehen könnte. Das Einzige was ich weiß im Traum ist, dass es nicht rechtens ist.

So ein Quatsch, ich sollte keinerlei Zeit mehr an diesen dummen Traum vergeuden, sondern mich mit den wirklich wichtigen Dingen befassen: Was frühstücke ich? Und schließlich gibt es viel zu tun. Die Schicht im Heilerhaus beginnt gleich.
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#26
Ich muss mich ablenken, sonst zerspringt mir noch mein Schädel. Vielleicht gehe ich einfach angeln? Gute Idee, ich gehe gleich angeln.

Liebes Tagebuch,
allerdings muss ich dir vorher noch anvertrauen, dass deine Schreiberin wohl in absehbarer Zeit dem Irrsinn anheim fallen wird.
Erst diese bizarren Träume, dann meine jede Nacht knurrende Hündin, die anscheinend mehr am Fenster sieht als ich und dann heute, blutverkrustete Binden auf dem Boden mitten in meiner Küche. Ich kann mich partout nicht erinnern sie dort hingelegt zu haben. Ich lege niemals verdreckte Binden auf den Boden. Auch nicht auf den Tisch, so dass sie herunter geweht sein könnten.
Langsam beginne ich mir wirklich Sorgen zu machen.
Aber ich will nicht schon wieder bei Lissi einfallen und sie mit diesem Unsinn behelligen. Ich bin sicherlich nur leicht überarbeitet und sollte mich entspannen, diese langen Nächte und anstrengenden Tage im Heilerhaus zeigen ihre Wirkung.
Auch jetzt, wo ich hier am Schreibtisch sitzend schreibe, habe ich das Gefühl, als stünde jemand hinter mir. Aber da ist nichts. Rein gar nichts. Sogar Amie ist still neben mir zusammen gerollt und schlummert selig.
Ich werde sie nun wecken, meine Angel schnappen und einfach vor die Stadt an meine Lieblingsstelle gehen.
Schluss jetzt mit diesen dummen Gedanken.
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