Morgengebet...
#1
Farilda hielt es nicht aus. Sie hielt es nicht aus!!

Harls rasselnder Atem machte sie wahnsinnig! ...aber dennoch lauschte sie die ganze Nacht, ob er nicht doch verklang... sie hörte nichts anderes mehr, nur noch diesen Atem. Kein anderes Geräusch fand Eingang in ihr Ohr oder ihr Bewusstsein.

Oh, hätte man ihr vor ein paar Tagen gesagt, dass Harl wehrlos, halbnackt und besinnungslos im Lager liegen würde, sie hätte dreckig gelacht und sich die Hände gerieben! Aber vor ein paar Tagen war ja noch alles gut...

Nun war ausgerechnet der, der immer sagte, dass alles gut würde, so gut wie tot! Der, der sie jetzt eigentlich trösten müsste, der lachen würde, wenn sie weinte.

Wann war das eigentlich passiert, dass sie sich so an die Söldner gewöhnt hatte - dass sie ihr so am Herzen lagen? Könnten ihr im Grunde doch alle egal sein... Mädel, das ist Krieg!, sagte sie sich ... und außerdem waren Tod und Verlust zwei Straßen, auf denen sie schon gewandert war.

Da lag sie nun wach und sorgte sich wie ein Weib. Dabei war sie doch immer der männlichste Kerl in diesem Laden gewesen... dachte sie zumindest.

Mitten in der Nacht stand sie auf und schlich sich aus dem Haus. Wenn Harl sterben würde, bekäme sie es wenigstens nicht mit. Ob sie jemals wieder in dem Raum schlafen könnte, in dem Harl gestorben war? Ja, das eigentlich schon, schlafen konnte Mieps ja immer und überall... und das war eine Sache, die sie mit Harl gemeinsam hatte. Sie spürte erneut ein Brennen in den Augen, als sie an Harl dachte.

Verflucht und zugenäht! Wenn man einmal mit dem Heulen anfing, ging das alles wie von alleine. Farilda scherte sich gar nicht darum, ob man sie weinen sah oder nicht, aber es nervte sie selbst. Sie hatte keine Kontrolle darüber.

Das ist eben der bewaffnete Konflikt und Harl ist nur der erste von vielen, den's erwischen wird... Wer würde der nächste sein? Hoffentlich Einar...

Barfuß, auf Dreck und Steine - und Schlimmeres - tretend, schlich sie in den Wald. Sie wollte unter den Bäumen stehen, wenn das erste Licht des Tages durch die Blätter fiel... und beten.
Es war vielleicht nicht sehr schlau, leicht bekleidet in ausgerechnet den Wald zu gehen, in dem Harl verletzt wurde, aber wann hatte Farilda je etwas Schlaues getan?

"Mabon...", sprach sie leise.
"Ich bete zwar nicht oft", sie hielt inne. "Gut, ich bete sehr oft, aber dieses Mal nicht für mich... gut, eigentlich schon wieder nur für mich, aber..."
Sie kratzte sich am Kopf. Das klang nicht nach einem guten Anfang. Goldenes Licht suchte sich seinen Weg zum Waldboden. Es würde doch bald zu spät sein, um zu beten!
"Mabon, ich bin kein Freund vieler Worte... aaarrrch, verdammt!"
Sie schlug mit der Faust gegen einen Baum.
"Ich brauche die Götter nicht anzulügen!", rief sie dann im trotzigen Ton gegen den Baum, der ihr gerade die Hand aufgeschürft hatte.
"Mabon, nicht Harl! Bitte nicht Harl! Ich weiß nicht, wieso nicht er..."
Mit geröteten, verweinten Augen blickte sie Richtung Sonne. Sie sank auf die Knie.
"Er ist weder mein Liebhaber, noch mein Waffenbruder, noch mein Sohn, er ist vermutlich nicht einmal ein Freund. Aber er ist Harl. Und darum bitte ich dich... hilf ihm!"

Abwartend blickte sie nach oben. War das jetzt nicht der Moment, wo der Blitz sie treffen müsste? Sie wartete noch einige Atemzüge, sitzend auf dem Boden. Kein Blitz, kein umgestürzter Baum, der sie erschlug. Hatte das Gebet nicht gewirkt?

Irgendwie fühlte sie sich besser. Entweder war es der Schlag gegen den Baum oder die frische Luft oder vielleicht musste sie sich einfach mal wieder vor den Bewohnern des Waldes lächerlich machen, aber irgendwie fühlte sie sich gut. In ihrem Ärmel wischte sie den letzten Rotz und die letzten Tränen und blickte diesen Ärmel leicht angewidert an. Die Tränen werden trocknen... ... mit diesem Gefühl stapfte sie wieder zurück nach Löwenstein. Sie müsste noch einen guten Heiler suchen... und einen Druiden, falls es doch eintrat, was eigentlich gar nicht eintreten dürfte!
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#2
Alles war miteinander verbunden. Jedes Leben war verknotet wie ein Faden in einer Häkeldecke. Schnitt man ein Stück Faden hindurch, betraf das die anderen Fäden, die daran hingen, genauso.
Bestimmt war es mit Bäumen das Gleiche. Unterirdisch liefen die alle zusammen und verwoben ihre Wurzeln miteinader. Wie nackte Beine in einer wilden Orgie.

Aber auch Gebete und Gedanken hingen zusammen. Sie hatte etwas Furchtbares getan. Sie war Schuld. Sie allein trug die Schuld an Einars Verletzung! Sie hätte niemals sagen dürfen, dass sie wünsche, dass Einar der Nächste sei. Die Götter nahmen sie offenbar sehr ernst!

Einar und Harl nahmen sie dafür überhaupt nicht ernst. Einar stritt ab, dass es ihre Schuld war. Sie wäre ja nicht einmal dabei gewesen!
"Einar, ich war so traurig, weil ich dachte, dass Harl... dass Harl...", flüsterte sie ihm zu. Seine Antwort war nur darauf, dass es seine eigene Schuld gewesen sein musste... oder die der Götter. Wenn er nur wüsste!

Und dann Harl. Sie hatte all ihren Mut zusammengenommen, um ihm ihre Gefühle zu gestehen... erst undeutlich mit den Lippen an seiner Schulterrüstung, was gar nicht zu verstehen war... und später nochmal, leise und doch lauter als zuvor...
"Ich liebe dich, Harl..."

...

"Wer tut das nicht?", war die einzige Antwort, die sie bekam. Die Götter waren fies.
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#3
Harl. Es war unmöglich, den eigenen Ärger aufrecht zu erhalten, wenn er vor einem stand. Dabei waren seine Worte an sich genau richtig für Ärger.

"Ich hatte eigentlich gehofft, Cathia zu finden..." Klingeling. Mehr brauchte er eigentlich gar nicht sagen. Dingdong. Die Fledermäuse flogen aus dem Glockenturm.
Cathia... ihr Busen war nicht einmal größer als ihr eigener, Mieps war nur einfach größer... aber sie wäre die Letzte, die sich an Brüsten stören würde. Es war eher die Tatsache, dass Cathia sich daran störte, wenn andere sich vorschnell ein Urteil bildeten, ja sogar Mordskrach machte, wenn jemand aussprach, was er über sie dachte. Sie selbst machte aber genau das Gleiche.
"Warum quatscht du Nodin nicht einfach voll?" Bah. Wenn der Scherz wenigstens besser gewesen wäre. Aber alle Frauen waren Heuchler. Und alle Männer.

Schlimmer war Marquard... und seine blöden Hunde. Farilda war inzwischen fest davon überzeugt, dass die Hunde sie so krank gemacht hatten. Die ganze Rotte war voller Hundehaar und Kot. Man atmete beides mit jedem Zug. Dann das Gebell... Und man wusste auch nie, ob die Hunde einen ins eigene Haus lassen würden. Wenn Marq wenigstens mit den Hunden rausgehen würde... aber so waren die Viehcher eingesperrt. Nicht einmal Hunde verdienten dieses Schicksal.

Da war dann auch noch Markas, an dessen Bett im Heilerhaus sie stand wenn er schlief. Sie konnte ihm einfach das Kissen ins Gesicht drücken und brauchte sich nicht mehr vor ihm zu fürchten. Wenn sie nur den Mut dazu gehabt hätte. Farilda war misstrauisch allen Männern gegenüber, aber besonders denen, die sagten, dass sie sie mochten. Das weckte Erinnerungen... gute und schlechte.

Der Kapitän, der schon vier mal gekiehlt wurde - und sich manchmal zum Spaß selbst kielholte. Sie war wirklich dumm gewesen. Aber er war dümmer. Schließlich war er es, der an der Planke stand. Die ersten Schritte ließ er sich ziehen, danach ging er freiwillig weiter. Farilda versuchte, die Bilder zu verdrängen, aber das machte sie immer nur noch stärker. Nicht, dass es da sonderlich viel zu sehen gab: Sie sah eigentlich nur ihre Hände, wie sie am Seil griffen, linke Hand, rechte Hand, Männer vor ihr, Männer hinter ihr. Sie alle zogen am Seil. Am Strick. Sie hatte es doch tun MÜSSEN! Er war ein Verräter und das von Anfang an. Linke Hand, rechte Hand, linke Hand. Sie hätte sich gewünscht, das Seil würde reissen. Oder dass man ihn nicht mehr erkennen würde, wenn sie ihn hochzogen. Wenn Wünsche Pferde wären, wäre sie davon galoppiert. Obwohl sie Pferde hasste.
Später drückte man ihr ein paar grün angelaufene Münzen und den blöden Hut in die Hand. Nicht der Anteil eines Käpt'ns. Sondern eines Ehepartners. Sie ließ die Münzen fallen. Sie hasste grün. Grün war das Meer an diesem Tag. Grün war das Land am Horizont. Grün waren seine Augen...

Seyd wusste nicht, wie es war, jemanden hinzurichten. Er war nur ein Junge, der so tat. Falls er es doch wusste und diesen Galgen trotzdem bauen ließ, war er schlimmer als das. Wie konnte es sein, dass manche Menschen so viele andere Menschen umbrachten und damit leben konnten, während sie von dieser Handvoll heimgesucht wurde? Und von dem einen wusste sie nicht einmal, ob er wirklich durch ihre Hand gestorben war.

Egal.

Es war richtig, dass sie fortgegangen war. Solange der Galgen stand, würde sie auch fort bleiben. Sollen die anderen ihr doch fehlen wie sie wollten, das war egal. Vielleicht ließe sich die Sache ja auch beschleunigen, wenn sie den Galgen ansägte...
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#4
Egal zu wem und egal wie laut wir beten, man kann nicht ungeschehen machen, was passiert ist...

Farilda saß mit dem Kopf auf dem Tisch vor ihrem Morgengebet und 'nem Bier.

Am gestrigen Tage war etwas so Schreckliches passiert, dass sie nicht einmal wusste, zu wem oder wofür sie beten sollte... Alles ungeschehen machen fiele ja flach. Das wäre aber genau das Richtige...

Alles fing mit dieser dummen Wette an. Farilda hatte eigentlich schon unzählige dumme Wetten hinter sich.
Einmal hatte sie gewettet, sie könnte sich die rechte Hand abschneiden und sie mit der linken direkt in einen Korb mit Fisch-Abfällen werfen, der da unweit stand. Diese Wette hatte sie damals leider verloren, weil sie mit links eine furchtbare Werferin war.
Ein ander Mal hatte sie gewettet, sie könne ihre Zunge verschlucken und sie hinten rausstrecken. Auch die hatte sie verloren. Man konnte mit warmem Bier einfach nichts runterspülen.
Eigentlich verlor sie immer.

Auch dieses Mal. In mehr als einer Hinsicht.

Der Wetteinsatz war nicht hoch. Wenn man so oft Wetten verlor wie sie, dann wettete man um nichts mehr, das man nicht auch zu geben bereit wäre.

Konstantin wollte an diesem Abend zweimal geküsst werden. Einmal von ihrer Hand und ein zweites Mal von ihren Lippen. Hatte sich aber auch beide verdient. Er war ein guter Rätselrater...
Der erste Kuss war wunderschön. Farilda durfte viel zu selten jemanden ohrfeigen. Ein ehrliches, schnelles Patschen ins Gesicht. Die kurze Berührung, die beiden - der Hand und dem Kinn - bittersüße Schmerzen bereitete. Eigentlich war dieser Moment auch viel zu schnell vorbei.
Der Ausdruck in Konstantins Gesicht nach der Ohrfeige entschädigte sie ein wenig, denn er hätte selbst den bösesten Mithras-Priester zum Schmunzeln gebracht.
Bis zum letzten Moment hatte Konstantin wohl geglaubt, sie würde es nicht tun. Oder nicht so fest. Oder nicht mit Antäuschen. Er war irgendwie überrascht und... wütend.

Das war ja noch der angenehme Augenblick des Abends.

"Oh Mithras, steh mir in dieser dunklen Stunde bei...", flüsterte sie verzweifelt und nahm einen langen Schluck.

Wenn sie an das dachte, was danach passierte, wurde ihr übel.

Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie irgendwo, wo man sie für einen anständigen Menschen hielt. Wo man nichts darüber wissen wollte, wo sie gewesen war und mit wem.
Und zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie einen Ort gefunden, zu dem die ganz normalen Menschen gehen. An dem sie den normalen Menschen zuschauen konnte, wie sie normale Dinge taten.
Klar, ein wenig Schäkern mit der Schankmaid, aber ansonsten war es so angenehm normal. Daran könnte sie sich gewöhnen. Wenn sie nicht alles kaputtmachte. Den ersten Grundstein, alles zu zerstören, hatte sie bereits gelegt.

Der Dreimaster war kein Freudenhaus. Denn das war gegenüber. Was hatte sie bloß dabei gedacht? Gar nichts! Der arme Herr Veltenbruch! Wollte doch bloß in Ruhe etwas trinken, vielleicht sogar etwas essen. Warum denn aber auch zu dieser Uhrzeit, warum in diesem Moment?
Wäre er eingetreten, als sie Konstantin geohrfeigt hatte, wäre das zwar auch irgendwie peinlich gewesen - aber mehr für Konstantin als für sie. Aber warum ausgerechnet in dem Moment, als sie ihre Hand auf Konstantins Ohr legte und sich vorstellte, im Dunkel stünde ein anderer vor ihr, der sie umarmte?!

Warum musste er mitansehen, wie Farilda den guten Ruf der Taverne mit Füßen trat und einen Gast im Halbdunkel küssen wollte? Ein Gast, der nicht einmal Harl war?
Konstantin schien das nichts auszumachen. Er lachte sogar noch, als Farilda ihm panisch zuflüsterte:
"Das ist ein Veltenbruch! Bei ihnen dürfen sich nur Eheleute oder Geschwister küssen!"
Oooh.. wahrscheinlich hatte Herr Veltenbruch schon alles allen erzählt und würde niemals mehr in den Dreimaster kommen. Die Veltenbruchs wären so entsetzt darüber, dass sie die Verträge mit den Grauwölfen kündigten und niemals mehr ein Wort mit ihnen sprachen! Dabei hatte Farilda doch gerade angefangen, die Veltenbruchs, die elenden, undankbaren Verräter, zu mögen.

Heute wüssten es die Veltenbruchs, morgen die ganze Stadt... und irgendwann ginge niemand mehr zum Dreimaster und sie wäre schuld.
Sie würde den liebreizenden Herren klarmachen müssen, dass Konstantin ihr Bruder war! Aber umarmt man so einen Bruder? Es würde ihr zumindest niemand abkaufen, dass er ihr Ehemann sei. Farilda kam aus einem Waisenhaus. Könnte ja sein, dass er wirklich ihr Bruder war... ja, und in Wahrheit waren Konstantin und Farilda ein verloren geglaubtes Geschwisterpaar der Veltenbruchs selbst.
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#5
Nüchtern einzuschlafen ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Wie soll das auch gehen? Ständig diese Gedanken, ständig diese Erinnerungen, diese Sorgen - man kann einfach nicht einschlafen!
Seit nahezu 10 Jahren trank sich Farilda mit Erfolg in den Schlaf. Ein neuer Schluck, ein neuer Traum. Warum jetzt damit aufhören? Nur um sich in den Schlaf zu weinen?
Sie wusste auch gar nicht mehr, warum sie dieses Theater mitmachte. Sie wollte ja nur so tun, als sei sie ein frommer Mensch, nicht einer sein.
Die Sache mit Arys hatte sie darum mehr mitgenommen als es wohl sonst der Fall gewesen wäre. Und eigentlich weinte Mieps auch gar nicht um Arys, denn sie war nun am Ziel angekommen. Nein, nicht die dreckige Höhle beim Rabenkreis, sondern einem anderen Ziel. Sie weinte um Ailis, die diesen altbekannten Weg ging, den altbekannten Schmerz fühlte, das altbekannte Leid durchmachte. Und um Arys' Verlobten, der, wie sie erfuhr, Askir hieß. Sie weinte wegen allen, die Arys besser gekannt hatten als sie. Sie verdankte der Sonnengöttin ihr Leben!
Man verbrennt nicht, wenn man hell leuchtet, sondern wenn man schwach vor sich hin glimmt und sich langweilt. Und es war besser, hell und zufrieden, mit Menschen, die um einen weinen, zu gehen - als düster und völlig allein einfach zu erlöschen. Ein Kopf im Kirchturm, von dem niemand wusste, wie er da hoch gekommen war. Ein Hingerichteter im Meer...
Die andere rothaarige Heilerin, Lyanna, tat ihr auch schrecklich leid. Hätte sie aber nicht so rumgezappelt, hätte man ihr auch nichts getan... Marquard vor allem nicht! Wenn Marquard sie geschlagen hat, dann durchaus aus gutem Grund... trotzdem fuhr ihr Lyannas angsterfüllter Blick durch Mark und Bein.
Mieps wollte nichts davon wissen, was bei den Greifenfelsens los war. War ihr egal. Aber sowas von. Man hatte ihr nur gesagt, bei diesem Auftrag würde kein Unschuldiger verletzt. Ja. Und dann das. Aber vielleicht war Lyanna ja gar keine Unschuldige? Vielleicht... war's doch nicht so uninteressant, was die Greifen so machten...
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#6
Farilda wachte auf und wusste nicht, wo sie sich befand. Sowas passierte, wenn man ein Saufbold war. Es gab da nur eine vernünftige Sache, die sie tun konnte: umdrehen und weiterschlafen.
Vielleicht konnte man sich erinnern, wenn man das nächste Mal erwachte - oder man wurde erinnert. "He du, schlaf nicht auf dem Schnapsfass", "Schlaf hier nicht in der Pfütze in der Altstadt" oder "Raus aus dem Bett meines Mannes!"

Das letzte Mal, als ihr das passiert war, war vor ein paar Tagen in der Kirche gewesen. Dort war sie in Herrn Morgensterns Armen eingeschlafen. Ach, sie musste immer lächeln, wenn sie an die Begegnung in Sarahs Schmiede dachte. Herr Morgenstern kauft einen Morgenstern! Nunja, es war zwar ein Schwert, aber das machte es ja nicht weniger lustig. In seinen Armen schlief es sich aber gut. Sein sachtes Streicheln war nicht allzu väterlich, aber immer noch väterlich genug, um jenen heiligen Boden nicht zu entweihen.
Es stimmte, in der Kirche war es sicher. Aber das war es inzwischen auch wieder im Dreimaster, das versuchte sie auch den Gästen klar zu machen.
Je länger das Ereignis mit dem Geist her war, desto unwirklicher wurde es. Hatte sie es am Ende vielleicht nur geträumt? War da kein Geistergarion? War das vielleicht nhr ein erotischer Traum um Garion, der in einem Alptraum geendet war? Schließlich machte es doch keinen Sinn, Hochwürden war ja gar nicht verstorben, sagte zumindest der Aushang. Steckte er vielleicht mit irgendwelchen Monstern unter einer Decke? Warum sollten die Monster das denn verraten? Oder vielleicht war das ja der Plan. Man sollte Garion auf jeden Fall ausschließen, aber in Wahrheit war er derjenige, der die Fäden zog!? Das war verwirrend. Farilda lag auf dem Lager und starrte an die Höhlendecke. Ah, Höhle! Sie war bei den Juren!

Was Harl wohl mehr schockieren würde - dass sie bei den Juren schlief oder in der Kirche? Vermutlich keins von beiden... wie immer.
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#7
Seit dem Weinfest benutzte Farilda diesen Krug, um zu trinken. Der Vorteil war einfach, dass da mehr rein passte als in einen Becher und man somit seltener aufstehen musste, um betrunken zu werden.
Auch an diesem Abend ruhte der Krug auf ihrem Bauch, während die auf dem Rücken lag, die Füße schützend auf ein Fass gelegt.
Sie starrte an die Decke. Irgendetwas verärgerte sie, sie fühlte sich einfach unwohl. War es vielleicht die Tatsache, dass sie auf offener Straße angegriffen, ausgezogen und ausgeraubt wurde? Noch dazu ohne geschändet zu werden! Das wäre immerhin eine Entschädigung gewesen.

Sie legte den Handrücken auf ihre Stirn. Die Zimmerdecke verschwamm... kam näher... entfernte sich wieder.

Oder vielleicht war es die Tatsache, dass ein einziger Jure in einer einzigen Nacht ihr die fast 10 Jahre lang geschürte Angst vor seinem Volk nahm - und das ohne... wirklich zu reden? Und auch... ohne etwas zu tun? Einfach, weil er... da war?
Naja, ganz verschwunden war die Angst nicht und das wird sie auch nie. Angst ist gut. Angst sorgt für ein bißchen Aufregung.
Aber warum ritten sie ausgerechnet auf Pferden? Pferde waren hütefressende, in Stiefel scheißende, verdammt große, trampelige Mistkerle! Es klang wie ein Erdbeben, wenn sie sich näherten. Und manchmal klangen die Hufe wie...

... eine Kutsche in weiter Ferne. Der Raum wurde eiskalt...

Farilda zuckte zusammen und verschüttete um ein Haar etwas von dem guten Wein im Krug. Hübscher Krug...

"Aber wenn Ihr mir Eure Tricks zeigt, mögt Ihr die Hälfte abbekommen..."

Ach, Farilda war doch längst aus dem Geschäft. Die Zeiten, in denen sie stehlen musste, um etwas zu fressen und in logischer Schlußfolgerung auch etwas zum Kacken zu haben, waren vorbei. Aber irgendetwas fehlte doch seither. Sich an die Gesetze zu halten war doch einfach... fad.
Kannte sie überhaupt noch ein paar Kniffe, außer sich unaufällig davonzuschleichen, wenn's Ärger gab?

"Du liebst ihn, nicht wahr?"
"Ja, aber er mich nicht, wird's auch nie."
"Dann ist er ein Idiot."


Wenn sich Farilda je eine leibliche Mutter gewünscht hätte, dann wäre sie so wie Marei. Hübsch, liebevoll, ein klein wenig albern, mitfühlend... Marei wäre eine wundervolle Mutter und Waisenkinder lieben wundervolle Mütter... wo Marei wohl steckte?

"Du musst ihn vergessen!"

Farilda schlug auf ihr Ohr, um Lhakis Stimme aus ihrem Kopf zu vertreiben. Es war ja ganz nett, dass sie... ja, es war ja doch ganz nett, aber... aber... Farilda wusste auch nicht... sie konnte sich, nach allem, was sie Saresh an den Kopf geworfen hatte, nicht vorstellen, mit ihm auf einem Federkissen zu liegen. Oder auf Fellen. Oder auf Gehölz. Oder auf Stroh. Oder auf dem Gras. Oder auf einem Pferd - auf einem Pferd schon gar nicht! Und dass er noch mit ihr sprechen wollte, lag vermutlich an irgendeiner Unart seines Volkes. Im einen Moment begrüßen sie dich, im anderen stechen sie dich ab. Sie waren auch beleidigt, wenn man sie gar nicht beleidigt hat - und nicht beleidigt, wenn man sie beleidigte.
Gut, sie brauchte sich gar nicht selbst belügen; sie dachte die letzte Zeit an fast nichts anderes mehr als daran, mit Saresh auf einem Kissen zu liegen. Oder auf Fellen. Oder auf Gehölz. Oder auf Stroh. Oder auf Gras. Nur das mit dem Pferd - niemals!

Farilda liebte die Stadt schon immer. Es gab viele Orte, zu denen man klettern konnte, so viele Verstecke, so viel Dreck, Dreck für jeden! Und Freiheit... und das bedeutete... dass man sie auch nutzen musste.

Sie erinnerte sich an einen Tag in ihrer Kindheit, an dem sie einen ganzen Eimer voller Matsch gesammelt hatte. Matsch für sie ganz allein!

Irgendwie heiterte sie das nicht auf. Wenn sie das nächste Mal einem Geist begegnete, konnte sie nicht einmal ihre Armbrust nach ihm werfen! ... dafür... hatte sie ja aber jetzt den Krug...
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#8
Etwas schnürte ihr den Bauch zu. Es fühlte sich an wie flüssiger Schiss im Körper, aber das Plumsklo blieb an diesem Abend trocken. Der Abend hatte so gut angefangen...
Sie sang ihr neustes Werk, Das Elysium kann warten, und sogar die Novizin fand es gut. Es war eine Lobeshymne auf Mithras' glorreiche Werke, wie den Plumsklos.
Dennoch war da das flaue Gefühl im Magen, außerdem noch eine fiese Träne in ihrem Gesicht. Diese Träne machte eine saubere Linie in Farildas schmutziges Gesicht. Gustav war wahnsinnig geworden. Es konnte ja gar nicht anders sein. Es könnte noch eine Verschwörung der Stadtwache sein. Elynia war eine doofe Kuh, Magda stand unter Stress, Koris Reeben und Herr Seysbald waren nicht dabei gewesen... es lag nun in der Götter Händen, Farilda konnte nichts mehr tun. Es war doc verzeihbar, wenn man jemandem mit dem Leben drohte... oder nicht? Alles andere war... so kannte sie Gustav gar nicht. Es war, als erzähle man ihr von einem anderen Mann, der zufällig Gustav hieß...
Ihr Götter, lasst ihn nicht alleine... er ist doch einer von uns!
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