FSK-18 Nachtmahre
#11
Die letzten Tage waren... anstrengend. Anders kann er sie nicht beschreiben. Und doch verwundert es ihn, dass er Schlaf hat finden können, trotz der Anstrengung, der vergangenen und überwundenen Trauer, trotz des Eingeständnisses an sich selbst - ein Geheimnis, das er endlich mit sich selbst teilen konnte und mit ihr.
Die Träume sind nicht vergangen. Aber seit der Trennungsschmerz mit seinem zweischneidigen Schwert vorbei ist, ist endlich Heilung eingetreten, und er kann seine Narben ohne schlechtes Gewissen ansehen. Vielleicht findet er deswegen ohne Angst und Schmerz in den Schlaf. Er heißt sie nicht willkommen, die ungebetenen Gäste der Nacht, aber er fürchtet sie nicht mehr, und reflektiert über sie.
Der heutige Tag war der anstrengendste für ihn gewesen. Der Einfall in den Südwald, die Hatz durch die Bäume bis zum Strand, die Suche, diese lange, erfolglose Suche nach dem Gesicht, das ihn so lange verfolgt hat... Er starrt an die Decke des Zimmers, das er sich nun mit Wulfgang teilt. Er schreit nicht mehr - Wulfgang hätte es ihm gesagt, wenn er in der Nacht unruhig gewesen wäre. Und heute schläft er, im Zwiespalt mit seinen Gefühlen. Einerseits froh, dass er nicht den toten Leib des Hauptmannes fand, gestorben durch die Hand eines anderen, eines Fremden, der nichts von Ceras Suche weiß, andererseits enttäuscht, dass es nicht so gekommen ist. Was die Krypta angeht, ist es ihm egal. Es würde ein Gespräch geben mit dem Gefangenen. Aber trotz allem, trotz all der Fortschritte, die er in den letzten Wochen mit Schmerz erkaufte, weiß er doch eines, als er einschläft...

Es ist noch nicht vorbei.
[Bild: style5,Ceras.png]

[02:58:55] <Lisbeth> Das sagst du nur bis ich Ceras Bolzen ins Bein scheiße
Zitieren
#12
Er hat sich noch in der Nacht rausgeschlichen. Vermutlich hat ihn Wulfgang sogar noch gehört, denn die Holzböden sind morsch und knarren immerzu, egal wie vorsichtig er seine Schritte setzt. Irgendwann würde er lernen müssen, welche Dielen lose sind, aber in dieser Nacht möchte er nur raus, an die frische Luft, auch wenn es selbst um diese Uhrzeit heiß ist. Jede kleine Regung im Wind ist eine Wohltat, und als er durch das Stadttor passiert, wirkt es auf ihn, als hätte er eine heiße, stickige Decke abgestreift und stände endlich auf reinem Untergrund.
In seinem Kopf ist es seltsam ruhig. Eine Art entschlossene Ruhe, die nichts mehr durcheinander bringen kann. Es gibt nur noch zwei Wege vor ihm, und er hat alle Zeit der Welt, sich für einen von ihnen zu entscheiden. Aber wie hätte er es Anabella sagen können?
Er geht vom Tor nach Süden. An dem Ufer liegt, etwas Abseits des Weges, verborgen von dem Schilfrohr und den hohen Ufergräsern, ein großer, flacher Stein. Das Wasser des Flusses ist kalt, als er die nackten Zehen eintaucht, und herrlich erfrischend. Die Augen schließend, sieht er deutlich vor sich die beiden Möglichkeiten, und keine davon hat Anabellas Tod als letzte Konzequenz. Nikolaj sagte, es gäbe drei Wege... aber Ceras weiß, dass, wenn ihr Plan nicht fruchtet, nur ein einziger Weg für ihn übrig bleiben würde. Das Dreieck mit dem Kreis, der nach unten weisende Pfeil... die Sense am Schluss. Das war der eine Weg, und auf dessen Strecke spielt sich sein ganzes Leben ab.
"Es ging mir von Anfang an nur um eins." Er hatte nicht einmal gelogen, als er das sagte. Er würde Fragen stellen. Er würde Antworten verlangen. Und je nachdem, welcher Weg sich ihm eröffnen würde, und wessen Pforte für immer geschlossen wird... Der eine Weg eröffnet ihm sein ganzes Leben.
Der andere Weg eröffnet ihm Mord, und am Ende sieht er nur den Galgen.
[Bild: style5,Ceras.png]

[02:58:55] <Lisbeth> Das sagst du nur bis ich Ceras Bolzen ins Bein scheiße
Zitieren
#13
Die letzte Woche... ein Elend. Anders kann er es nicht sagen. Der Hauptmann - weg. Über die Grenze, er ist sich dessen sicher. Lena - fort. Fort im Schoss ihres Gottes. So ähnlich sie sich auch waren, so unterschiedlich waren sie sich. Er, der Mondwächter, unbedarft, und trotz aller Schicksalsschläge noch so jung und naiv, und sie, die Mithrasgläubige, Verräterin, Spionin... kaum älter als er, zählt man die Jahre, und doch mit solch einer Trauer in den Augen, als hätte sie Jahrzehnte des Schmerzes und der Einsamkeit hinter sich. Doch so ist die Welt. Die, die es besser verdient hätten, durchleben viel zu schnell viel zu viele Dinge, die man niemals vergessen kann. Und er ist auf dem besten Wege, genau dies zu erfahren.
Der Streit mit Anabella fällt kaum mehr ins Gewicht. Nicht, dass sie weniger wichtig gewesen wäre - es ist nur angenehmer zu denken, sie wäre sicherer, behüteter, wenn er jetzt schon mit ihr bricht. Es besänftigt den Schmerz der Trennung, auch wenn er sie noch nicht vollkommen abgestoßen hat. Abgestoßen, wie Dreck von einem reinen Ding abgestoßen wird. Und er ist der Dreck, oder wird es sein, wird es werden.
Wieso nur ist es dann, dass er gerade jetzt wieder in alte Muster verfällt? Schlaf kommt, und er heißt sie willkommen. Die Stimmen und Gesichter der Toten. Der Tag erwacht, und er sehnt sich nach der Nacht. Aber es spendet ihm Trost zu wissen, dass er sie abstoßen kann. Das er dazu fähig ist, die Bande mit ihr zu brechen. Dann hätte er die dritte Schwester verloren, aber er wäre nicht Schuld daran, würde sie sterben wie die anderen beiden. Erst Liliane, dann Lena, dann Anabella... ihnen allen bricht er das Herz, aber Ana würde leben. Und er betet, dass sie niemals sehen würde, was er zu werden gedenkt.

Der größte Trost dieser Woche ist unzweifelhaft Nikolaj. Er hätte nie gedacht, dass ausgerechnet dieser große, unsensible Mann soviel Herz zeigen könnte. Er bewahrte ihn vor einem großen Fehler, kümmerte sich um ihn, half ihm, versprach es ihm. Nikolaj würde ihn zu dem machen, was Ceras am meisten verachtet. Einen Mörder. Verbrecher. Ein Mann, der sich ganz auf die Rache besinnt, ein Mann, der alles verliert, bis er an diese Rache kommt. Und dann würde er ihm beistehen, in dem Moment, wo Ceras alles verrät, wofür er vorher gestanden hat.
Er würde seine Freunde aufgeben. Seine Heimat. Seine Wurzeln. Seine Achtung vor sich selbst. Das ist sein Trost, mit dem er schlafen gehen kann.
Und wenn alles vorbei wäre... würde er Nikolaj um den letzten Gefallen bitten.
[Bild: style5,Ceras.png]

[02:58:55] <Lisbeth> Das sagst du nur bis ich Ceras Bolzen ins Bein scheiße
Zitieren
#14
Ich bin neben ihm aufgewacht. Er hat es doch tatsächlich gewagt, herzukommen. Ich sollte die Schlösser austauschen... schon wieder? Vielleicht wäre es leichter, ihn um den Schlüssel zu bitten, aber dann würde er nur zu jemand anderen gehen, um sich deren Schlüssel zu leihen....

Müde Gedanken sind wirr, auch wenn sie einer gewissen Logik nicht absprechen können. Es ist noch Nacht, und es ist dunkel, dunkler als sonst, denn der Mond ist hinter Wolken verborgen oder aber auch schon lange untergegangen. Wie lang hat er geschlafen? Es war noch hell gewesen, als er nach der durchgemachten Nacht im Wolfsried tatsächlich ins Bett gekrochen ist. Ob nur einige Stunden oder Tage vergangen sind, hätte er nicht mal mehr so sagen können.

Die Tage verschwimmen, nach und nach, gehen ineinander über. Keine durchwachten Nächte trennen sie mehr.

Es ist, als hätten die lebendigen Nachtmahre, denen er in den letzten Wochen begegnet ist, die seiner Träume verjagt. Vielleicht liegt es aber auch an dem Körper neben ihm, der stark und schützend daliegt. Schützend - ein gutes Wort. Als die Augen sich an die Dunkelheit gewöhnen, setzt er sich langsam auf und sieht dort hinab. Schützend - und doch hat er so oft das Gefühl, er müsse weg von ihm. Und zu sagen, es wäre nur zum Schutze des anderen, wäre eine zu große Lüge gewesen. Zu sagen, allein, weil er ihn nicht verdiene, eine zu kleine. Aber vor allem deswegen, da dieser Schutzschild manches Mal zu schwer wiegt und er sich an jene Zeiten erinnert, als er noch ganz auf sich alleine gestellt war. Wie sehr er sich nach seiner Heimat sehnt, wo es nur eine Person gibt, die einen einengen könnte! Nämlich die eigene. Und vor sich selbst kann man so viel leichter fliehen als vor anderen.
Es fällt ihm schon leicht, sich aus der Decke zu befreien und den warmen Fellen. Es fröstelt - die Kälte nimmt mit jeder Woche zu, und manche Nächte riechen nach Schnee und Eis und er betet, dass es noch etwas Aufschub hält. Die Hermeline kleiden sich bereits zum Teil in ihr weißes Fell, die Frösche suchen sich tiefe Tümpel, und selbst die Kröten graben sich in den Schlamm, um der großen Kälte zu entgehen.
Ah, und das Feuer im alten Kamin ist wieder einmal ausgegangen, nicht, dass dieses brüchige Haus etwas anderes zuließe.
Gegen ein Schaudern ankämpfend, reibt er sich die Gänsehaut weg, als er auf Zehenspitzen vom Bett zum Schrank geht. Er braucht kein Licht, als er sich anzieht - schnell und leise und effizient. Kein Licht, als er nach seinem Bogen greift. Der einzige Unterschied zu früher ist tatsächlich die Notwendigkeit, sich leise zu verhalten. Noch eine Bürde, noch ein Gesetz, unausgesprochen und doch präsent. Halb aus Pflicht, halb aus dem Bedürfnis, alleine zu sein, zieht er sich den Köcher über. Doch als sein Blick zum Bett gelangt, mangelt es ihm doch nicht an Sorge und Zartheit.

Mach dir nichts vor. Du hängst nur an ihm, weil er dein erster ist und weil er so an dir hängt.

Das Wort Liebe ist so oft gefallen. Und er ist sich auch sicher, dass was wohlige Ziehen im Unterbauch eben diese Liebe ist. Dieser Schub ab Verlangen, ihn zu sehen, zu riechen, zu berühren, zu schmecken, zu hören. Wenn alle seine Sinne wieder zu ihm hinüber gehen. Diese Schübe haben die Faszination abgelöst, die kurze Zeit Gysell wiederbelebt hatte. Doch diese hat er leider nicht mehr gesehen.
Vielleicht ist es auch nur Lust. Dann jedoch...

Das Geräusch des knarzenden Bettes und dem Rascheln der Decken, ein Aufatmen, ein Entspannen - der Andere rollt sich in die Mitte des Bettes und nimmt dieses ein, so wie jede Nacht, wenn er so früh die kleine Hütte verlässt. Und unterbricht damit jeden Gedankengang. Ceras kann nur seufzen, ehe er die Tür aufzieht - hinter sich ist nur noch das Klicken des Schlosses zu hören, und leise Schritte, die sich entfernen.
[Bild: style5,Ceras.png]

[02:58:55] <Lisbeth> Das sagst du nur bis ich Ceras Bolzen ins Bein scheiße
Zitieren
#15
Nun ist es keine Frage mehr. Tränen besiegeln die Gefühle, die er empfunden hat, und gleichsam den Entschluss, ihn nie mehr zu sehen. Es tut nicht gut. Es schmerzt und geht nicht schnell vorbei. Die geschwollenen, geröteten Augen, die verklebten Wimpern und nassen Wangen sind nur kurze Zeitzeugen davon. Die zerbrochenen Möbel und umhergeworfenen Schalen würden morgen schon fortgetragen sein und nur kurze Zeit Lücken hinterlassen. Die düstere, Mondlose Nacht ist Spiegel seines Empfindens. Stumpf, und doch überreizt. Als hätte jemand ihn so lange mit einer Nadel gestochen, bis der Schmerz kaum mehr spürbar ist, aber die kleinste Berührung schon einen Schrei auslöst.

Er hat ihm nicht bis zum Schluss zugehört. Er sieht nur, wie er da sitzt. Vorgebeugt. Abweisend. Nicht einmal in der Lage, ihn direkt anzusehen. Die Worte kommen zögerlich von Sherion. Und treffen wie auf Watte, undeutlich und leise, weit entfernt, auf Ceras Ohr. "Machst du Schluss mit mir?" - "Ja." Und ein Lebensabschnitt wird zum Ende gebracht und zerrissen. So fühlt sich wohl das Herz an. Zerrissen. Wäre es keine Liebe gewesen, hätte er dann so geweint?

Oder ist es doch am Ende seine Schuld gewesen?
Das er sich jemand anderen suchte?
Weil er sich niemals anvertraute?
Die Augen schließen sich...


...Vielleicht... ist es auch wirklich besser so. Irgendwo. Wenn die Dinge, die Ceras verletzen, diesen einen Mann nicht mehr betreffen und die Sorgen um ihnn aufhören.
[Bild: style5,Ceras.png]

[02:58:55] <Lisbeth> Das sagst du nur bis ich Ceras Bolzen ins Bein scheiße
Zitieren
#16
Verdrossen starrt er an die Decke. Stein. Genau wie die Wände. Stein. Und der Boden... und vor den Fenstern die Gitter. Kühl ist es, wenn auch nicht kalt, und Decke und Fell verschaffen Abhilfe, wann immer ein Windzug durch den Turm der Gefängnisinsel streift und ihn fröstel lässt. Emilius leises Atmen und Eldas ruhige Atemzüge stören ihn nicht. Sie halten ihn genauso wenig ab vom Schlaf wie das Husten oder das weit entfernt klingende Stöhnen der Patienten aus Zone Zwei. Und auch das Scharren und Quieken von Mathilda im obersten Stockwerk raubt ihm nicht den Schlaf. Es ist das Kratzen. Und die tränenden Versuche, dieses Husten zu unterdrücken, um die anderen beiden nicht zu wecken.
Und das alles nur wegen Emilius. Er würde Simona schreiben müssen. Und Orestes. Und Askir... und Sherion?

"Nein...", murmelt er leise und schließt die Augen. Er fühlt sich erschöpft von den Hustenanfällen. Sie kommen unregelmäßig. Mal ist es ein Atemzug, dann ein lautes Wort oder ein Lachen, dass es auslöst. Vorhin, als er zum Abort ging... da bekam er einen Husten, der ihm die Luft zuschnürte. Er hat Sterne gesehen, als er nach Atem ring und doch keinen bekam - die Brust hat geschmerzt, und es fühlte sich an, als müsse er ersticken. Und so plötzlich, wie es gekommen war, war es auch wieder vorbei.

Den Molch an sich drückend, bewegen sich die Lippen zu stummen Gebete zu den Göttern. Er war sein Lebtag nie krank gewesen. Verletzt. Verwundet. All das - Dinge, die man mit Bandagen und viel Spucke lösen konnte. Aber nie krank.
[Bild: style5,Ceras.png]

[02:58:55] <Lisbeth> Das sagst du nur bis ich Ceras Bolzen ins Bein scheiße
Zitieren
#17
Er muss sterben. Er ist sich sicher. Und wenn er schon nicht die Keuche hat, muss es eine andere abscheuliche Krankheit sein, die ihn so zu schaffen macht. Den ganzen Tag war das Husten schlimm - die Ausbrüche kamen seltener, dafür heftiger, und der Drang nach Wärme schlug sich derart auf ihn nieder, dass er fast nur in einem Kokon aus allen Decken lungerte, die er auf der Schnelle finden und klauen konnte.
Kopfschmerzen hatten sogar eingesetzt. Und nun, als er das Licht des Morgens betrachtet und ein Niesen unterdrückt, liegt etwas hinter seiner Nase, genau zwischen den Augen. Ein Druck. Und er kann nicht mehr durch die Nase atmen. Er hat sogar schon Druck auf den Ohren, weil er sie ständig hoch zieht. Und Rotz läuft ihm aus der Nase.

Ganz und gar elend und sich sicher, bald sterben zu müssen, windet er noch mehr Felle um sich, bis man nicht einmal mehr sein Gesicht erkennt.
[Bild: style5,Ceras.png]

[02:58:55] <Lisbeth> Das sagst du nur bis ich Ceras Bolzen ins Bein scheiße
Zitieren
#18
Der Brief liegt inzwischen schon zusammengeknüllt in der Ecke. Es raschelt - Mathilda zerfetzt wohl schon das Hadernpapier. Emilius Brief hat er in die Schublade gelegt. Dunkel ist's... und er wartet noch immer, oben, auf seinem Bett. Die Knie leicht angezogen, hat er sich warm zugedeckt und starrt an die Holzwand, wo der Kupferstich hängt. Die Burg Wasserwall... und Lilienbruch davor. Der Künstler hat das Elend nicht mit hinzugefügt, und der romantische Gedanke kommt auf, dass das Städtchen wirklich besser ist als eine Hütte im Moor.
"Dieser Idiot", murmelt er. Die Götter wissen, wann er wohl nach Hause käme. Vielleicht zieht er wirklich aus. Wahrscheinlich bleibt er am Ende bei Sherion. Sherion. Dieser... dieser..!
Als Wut und Trauer und Selbstmitleid aufwallen, atmet er schneller ein und aus. Eifersucht. Wie Gift nagt es an ihm. Aber er muss es unterdrücken und er muss es ausmerzen. Einfach weiterleben - es wie ein Mann durchstehen. Bis er daran denken kann, ohne den nächstbesten Gegenstand zu malträtieren oder umzuwerfen. Aber der Brief hat ihn wieder umgeworfen. Sorgen. Er mache sich Sorgen.
Nein. Schnaufend dreht er sich auf die andere Seite und legt die Arme um den Leib. Er würde nicht damit anfangen. Er würde einfach nur hier liegen bleiben und warten, bis die Tür sich öffnet, bis die Schritte die Treppen hinauf kommen, die Kerze angezündet wird und Emilius das Zimmer betritt. Immerhin ist er sein Untermieter. Und er sollte sich entschuldigen, bevor der Mann doch noch auszieht.
Die ganze Nacht kommt er nicht. Ceras ist sich ganz sicher, als die Morgensonne etwas Licht ins Zimmer ergießt, denn er hat die ganze Nacht kein Auge zugetan und doch nur daran gedacht, was Sherion gerade treiben könnte - und mit wem.
[Bild: style5,Ceras.png]

[02:58:55] <Lisbeth> Das sagst du nur bis ich Ceras Bolzen ins Bein scheiße
Zitieren
#19
Zitat:
Ehrenwerte Bewohner Löwensteins!

Ich bin auf der Suche nach den interessantesten und schönsten Gesichtern der Stadt um diese auf Papier zu bringen.
Und so bitte ich, vornehmlich die löwensteiner Damen, etwas ihrer kostbaren Zeit zu opfern und mir Modell zu stehen.
Es handelt sich schlicht um Portraitzeichnungen, welche ich in meiner knappen freien Zeit gerne anfertige.
Viel an Bezahlung vermag ich leider nicht zu bieten, bis auf ein schönes Bild für die Ewigkeit und meine bescheidene Gesellschaft.
So es der jeweiligen Dame lieber ist, kann das Treffen auch an öffentlichem Orten stattfinden,
weiß ich doch um die Sorgen und Gefahren derer man heut zu Tage, als ehrenwertes Fräulein ausgesetzt ist.

Interessenten erreichen mich über das Bankhaus Löwensteins oder im Hause Ganter.

Erik Wandelar


Wie lange genau er sich unter schichten monatealter Aushänge wühlen musste, daran will er gar nicht mehr denken. Das Papier ist knittrig und trocken, hat Risse und Wasserflecken und ist mit dem Leim anderer Aushänge beschmutzt oder von Reiszwecken durchbohrt. Doch die Tinte ist noch nicht allzu vergilbt und unleserlich, als dass die nette alte Frau, welche bereit gewesen ist, mit ihm sämtliche Aushänge für diesen einen durchzugehen, die Worte nicht hätte entziffern können. Mit einem Seufzen lehnt Ceras sich zurück, auf einer Bank in der Altstadt hockend, und den Schrieb in der Hand.
Erik also. Erik Wandelar. Aber sucht er denn noch Modelle? Zeichnet er noch? Der Blick geht hinüber zur Universität - ein Gebäude, dass gerade für Ceras, der nie eine Lehranstalt besucht hat, erschreckend und faszinierend zugleich wirkt. Vorsichtig faltet er den Aushang und verstaut ihn unter seiner Weste, ehe er von der Bank springt und darauf zugeht. Es ist merkwürdig, dass er sich hierfür solche Mühe gibt - aber seit seiner Trennung und mit dem abebbenden Schmerz darüber fühlt er sich von Mal zu Mal mit einer enervierenden Rastlosigkeit konfrontiert, die ihn Tage- und Nächtelang antreibt. Was nicht schlecht sein muss - er konnte in Zweitürmen schneller vorankommen. Und auch heute lenkt es ihn dazu, sich nicht einen anderen Künstler zu suchen, sondern auf Darjans Hinweis hin genau diesen einen Mann mit seiner Bitte zu belästigen.

Das es so eine Enttäuschung werden wird, hat er sich jedoch nicht ausgemalt.

"Seid Ihr Euch ganz sicher, Fräulein?" - "Und Ihr, der Herr? Kennt Ihr diesen Mann?" - "Verzeihung, aber ich suche einen gewissen Erik Wandelar. Man sagte mir, er halte Zeichenunterricht ab und suche beständig nach Modellen..."
Zwei Stunden später muss er sich schließlich eingestehen, dass der Name wohl unter den älteren Personal und jenen, die schon seit Monaten hier ihr Tun verrichten, bekannt sei. Aber schon seit etlichen Wochen hat niemand Erik Wandelar mehr gesehen, und das Gerücht geht um, er habe wegen Frauen die Stadt verlassen. Künstler eben, wie man Ceras sagt, der gar nichts versteht. Aber das vage Gefühl sagt ihm, dass es sich um Sex drehen muss. Man hat ihn in die Archive verwiesen - er hat sich nicht einmal getraut, zu gestehen, dass er nicht lesen kann - und ihm einen Haufen Bücher über die Kunst gereicht.
Kann einen etwas noch mehr anöden? Bücher? Die Schrift ist klein und eng, dann wieder so schräg und ausladend, dass er nicht einmal die wenigen Buchstaben erkennen kann, von denen er weiß, dass sie existieren müssen. Doch ab und an hat jemand ein Bild auf die Seite gemalt, oder ein Student oder Schüler hat auf die Seiten gekritzelt. Die Blicke des Archivars im Nacken spürt er schon gar nicht mehr, wer weiß, wie lange er schon hier sitzt, als plötzlich ein Blatt aus dem Buch heraus fällt, dass er sich als nächstes greift. Sich umsehend, beugt er sich vom harten Stuhl und klaubt es auf. Staubig und etwas älter scheint es zu sein. Und als er es umdreht, blickt ihm ein Gesicht entgegen.
Und ein Name, unten auf den Bildrand geschrieben.

Hektisch greift er nach dem Aushang und faltet ihn auf, ehe er beide Blätter aneinander hält. Ja, kein Zweifel - die selbe Federführung, die selben kryptischen Buchstaben.
Er hat ihn gefunden. Und sein Herz klopft so schnell wie ein Vögelchen in seiner Brust, als er das Selbstportrait betrachtet.

[Bild: erik8tawni3z7h.png]
[Bild: style5,Ceras.png]

[02:58:55] <Lisbeth> Das sagst du nur bis ich Ceras Bolzen ins Bein scheiße
Zitieren




Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste