FSK-18 Weidenkätzchen
#3
Löwenstein... der Ort an dem meine Reise seinen Auftakt nahm und wo sie scheinbar, mit einem kleinen Schlenker, wieder enden wird. Und doch trieb es mich gestern noch nach Candaria zurück, auf dem Rücken meines Pferdes. Ich trieb den Hengst wie eine Wahnsinnige auf der Flucht über die Weiden des Lehens, bis wir beide, mit zittrigen Beinen und atemlos, Pause machen mussten. Ich weiß warum es mich hier her zieht. Candaria ist der Steppe der Juretai so ähnlich. Weit und frei... egal wo man steht, der Horizont ist überall zu sehen. Hier bekommt man eine Vorstellung dafür wie weit das Land ist. Wie groß diese Welt ist auf der wir Leben. Es lässt einen demütig vor der Schöpfung der Götter niederknien. Anders als in Servano, wo der Horizont da beginnt, wo die Bäume aufhören, immer den Kopf heben müssend um den Himmel zu sehen. Kein Wunder das die Menschen dort derart hochnäsig sind. Und wo Candaria ein etwas blaueres Spiegelbild der Steppe ist, da ist Löwenstein die große Schwester Chucais. Und ebenso wie in Chucai, erwarten mich dort in der Königsstadt Ketten aus Gold.
Meister Winterbach sagte immer, ein Leben in Unfreiheit ist das beste was einem passieren kann, wenn man das Glück hat an einen Herren zu geraten, dem etwas an dir liegt. Keine Verantwortung, keine Sorgen, keine eigenen Gedanken oder Gefühle. Dienen, knien, gehorchen und dafür genährt und beschützt werden. Will ich mich derart ausliefern um feige die Verantwortung für mein Leben abgeben zu können?
War es wirklich einfacher, damals in der Juretai?

Tanju senkt den Kopf ans Ufer des Baches und trinkt durstig, während ich mich neben dem drahtigen Hengst ins feuchte Gras setze. Langsam aber sicher kündigt sich der Herbst an. Erste kühle Schauer kommen hier und da vom Himmel, vertreiben mit ihren grauen Wolken die Sommersonne. Nachts wird es auch kühler und irgendwie habe ich Angst vor dem Amrhanischen Winter.
Angst... ich glaube kein Wort spreche ich ich öfter, denke ich öfter und fühle ich öfter. Mein Blick geht auf zu meinem Pferd, ein schmales Lächeln kräuselt meine Lippen. Ob Pferde wohl solche Ängste haben? Immerhin sind sie Fluchttiere... Geschöpfe Eponas... so wie ich. Und ich bin, mal wieder geflohen, wie es Geschöpfe wie ich und Tanju halt tun. Fort von dem was uns Angst macht, in der Hoffung nicht gefressen zu werden.
Ein tiefes Seufzen rollt über meine Lippen, tief aus dem Bauch heraus und es tut so gut. Keine Räume aus Stein, keine Wände aus Holz... keine Grenzen, keine Käfige. Und auf das Seufzen folgen die Tränen, von denen ich heute schon etliche vergossen habe. Doch hier fühlen sie sich gut an, wenn der Wind so auch noch kälter meinem Gesicht entgegen pustet und mich frösteln lässt. Zumindest spüre ich mich hier. Und auch wenn meine Gedanken wie bei einem Herbststurm hier und da aufblitzen und so schnell auch wieder verschwunden sind, fühlt sich mein Geist leichter an. Dafür scheint mein Herz all das Gewicht zu tragen.

Stunden sitze ich dort, sein Gesicht vor Augen, bis die Sonne schon lange untergegangen ist und mir immer kälter wird... es ist Zeit heim zu kehren. Zurück zu ihm.
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Weidenkätzchen - von Khiri - 20.04.2018, 19:42
RE: Weidenkätzchen - von Khiri - 05.05.2018, 12:24
RE: Weidenkätzchen - von Khiri - 08.09.2018, 13:19
RE: Weidenkätzchen - von Khiri - 12.09.2018, 09:11



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