Bekenntnisse eines Sünders
#2
Der Anfang und die Sünden
Ich wuchs auf in Löwenstein, der Perle dieser Welt, der größten, der stärksten, der vorzüglichsten aller Städte, von Mithras selbst erwählt. Doch, wie es oft ist bei den Kindern, bedeutete mir dies alles nichts. Das Kind weiß noch nicht um die Ernsthaftigkeit dieser Welt, und handelt jederzeit verwegen und kühn, nicht jedoch aus Mut, blanke Unwissenheit ist es. Und so komme ich nicht umhin, bevor mich selbst der größte Tadel treffen wird, auch anderen ihren Anteil am Unheil zubilligen zu müssen.

Denn ist es nicht Aufgabe der Eltern, ihren Kindern schon früh das nötige Rüstzeug an die Hand zu geben? Sie zu mäßigen, wenn Tollheit überhand nimmt und vorzubereiten auf ein gutes und gerechtes Leben? Doch, natürlich ist es das. Aber meine Eltern, trotz allem noch mit einem Platz in meinem Herzen, waren äußerst nachlässig, wenn es um diese Pflicht ging. Mein Vater war ein Buchbindemeister und meine Frau Mutter kümmerte sich um unser Haus, wie es wohl recht geläufig und häufig der Fall ist. Der Vater war gänzlich gefangen in seinem Handwerk und den Münzen, die er damit verdienen konnte, und so war er zwar vom rechten Glauben, aber er diente nicht mit Hingabe, nicht mit Inbrunst, nicht für sich selbst, sondern nur für andere, die ebenjenes von ihm erwarteten. Er nahm an den Riten teil, doch waren sie für ihn nicht geistige Labsal, sondern nur äußerliches Zeichen.

Die Frau Mutter war noch schlimmer, was dies angeht. Ihre Welt begann und endete in unserem Haus, das Jenseits ist für sie Nichts, die Welt um sie herum nur, soviel man ihr davon erzählt. Von sich aus hätte sie wohl nie den Weg in den Tempel gefunden, welcher doch nicht weit von uns entfernt, in großer Pracht, die Zierde Löwensteins und der gesamten bekannten Welt, zur Anbetung einlud und dies noch tut.

So verbrachte ich also meine jungen Jahre viel auf der Straße, ab und zu beim Vater, denn da ich das einzige Kind bin, sollte ich den Betrieb einst übernehmen. Zumindest darin zeigte der Vater eine gewisse Strenge.

Aber, so ist wohl jedem, der heute auf Amrhan wandelt, bekannt, das Reich selbst verfiel und verfällt immer weiter. Dies ängstigt nicht zu Unrecht viele. Und doch mag die Furcht entweder zum Guten oder zum Schlechten führen. Bei mir tat sie beides. Zuerst zum Schlechten und dann zum Guten. Denn wenn um einen herum alles im Niedergang begriffen scheint, so gelten für viele, und ich selber war darin gewiss einer der Schlimmsten, die Sitten nicht mehr viel. So lebte ich ein gänzlich verdorbenes Leben. Mein Geld wanderte häufig über die Theken von Tavernen und Kaschemmen, um meine maßlose Völlerei zu finanzieren. Soviel Bier, Wein und Schnaps wie ich nur irgendwo kriegen konnte, schüttete ich in mich hinein. Wieder und wieder. So sehr ich mich nun auch dafür schämen mag, gaukelten mir diese Trunkenheit große Freude vor. Doch es ist bekannt, dass der nächste Morgen häufig eine gewisse Reue auslöst. Manche, so wie ich, pflegen dann zu sagen „Ich werde den Alkohol nie wieder anrühren.“ Das ist falsche Reue, mir war schon während dieser Worte klar, dass ich nicht lange zögern würde, sollte sich mir ein Krug zeigen. Bis mir echte Reue, echte Furcht und echte Umkehr zu eigen wurden, sollte noch etwas Zeit vergehen und meine Sünden sind noch nicht alle berichtet.

Wer sich an zwielichtigen Orten herumtreibt, dort gerne gesehen ist und alles Geld unter Lumpen und Halunken verteilt, der wird, früher oder später, auch mit Huren in Kontakt kommen. Und wie gern würde ich nun berichten, zumindest von dieser Sünde, dem Verkehr mit solch ehrlosen Frauen, Abstand genommen zu haben. Aber nein, dies wäre eine Lüge, mindestens so schamlos wie mein Treiben mit diesen Frauen. Ich lag häufig bei ihnen, gab mich ganz der tiergleichen, körperlichen Lust hin. Mal mehrmals in einer Nacht, mal mit mehren, nacheinander oder zugleich. Fürwahr, ich versuchte, soviel ich konnte. Jede Idee, jede Neigung wollte ich auskosten und so lieferte ich mich vollends meinem Körper aus. Ich erspare allen hier nun zu viele Details. Es möge genügen zu wissen, dass schon beim Schreiben dieser Zeilen mich ein Schaudern überkommt, ich in Schweiß ausbreche und das Ekel und Scham mit Macht mich bedrängen, um zu entscheiden wer in mir die Überhand haben soll, als seien sie nun gekommen, um sich ihren Platz zu erstreiten, den ich ihnen solange verwehrte.

Wie nun also entkam ich diesem Zirkel sündhafter Triebe? Darauf will ich nun zu sprechen kommen, es möge anderen helfen, sich zu ersparen, was ich mir selber antat.
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RE: Bekenntnisse eines Sünders - von Thomas Winkelknecht - 18.03.2018, 11:46
Abschließendes - von Thomas Winkelknecht - 18.03.2018, 12:27



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