FSK-18 Zu den Wurzeln zurück
#2
Es war ein Rammler der da bei den Grabsteinen saß und an, wie es den Anschein hatte, etwas Grabmoos knabberte. Der tiefe Winter hatte sein Fell in ein helles Grau gefärbt, welches im Licht der untergehenden Sonne golden schien. Das arme Vieh fand wohl in der tief gefrorenen Erde nichts anderes zu knabbern mehr und griff nun auf die letzten Möglichkeiten zurück seinen Körper am Leben zu halten. Und so saß es für eine ganze Weile auf seinen Hinterläufen, die langen Ohren zuckten zu allen Seiten. Und trotzdem bemerkte es den Fuchs nicht der sich da langsam heran schlich. Der Schnee verschluckte wohl einen Großteil der Geräusche und das arme Tierchen sah sein Verderben nicht kommen, als es da fröhlich an dem Moos nibbelte. Es war ein schneller, gnädiger Tod. Der Fuchs sprang hervor, die Zähne bohrten sich in das Genick des Rammlers. Ein kurzes Zucken der Hinterläufe, ein letzter Versuch sein Schicksal zu bekämpfen, doch es war vergebens. Der Schnee über den Gräbern wurde mit dem warmen Blut des Nagers getränkt. Es war ein interessanter Anblick, dem Fuchs dabei zuzusehen wie er sich an dem armen Tier labte. Fast eine Stunde lang betrachtete Elda dieses Schauspiel der Natur. Das Fenster an dem sie saß war milchig beschlagen - eine Wechselwirkung der Eiseskälte des Winters und des heißen Wassers in dem Holzzuber in welchem sie gerade saß - und immer wieder musste sie die Scheibe mit ihrer nassen Hand freiwischen um alles genau sehen zu können. Sie war gefangen in makaberer Faszination.
Als der Hase verschlungen war, glitt sie zurück in das inzwischen deutlich kühlere Wasser und schloss die Augen. 
Jedes Ereignis dieser Welt war ein kleines Wunder. Jeder Herzschlag ein genialer Streich der Götter. Sie schufen diese Welt und alles was auf ihr wandelte und geschah. Man dachte niemals darüber nach wie dies alles zustande kam und wie erstaunlich es war, dass die Welt sich derart im Gleichgewicht halten konnte. Die Waage schwang unaufhörlich von einer Seite zur anderen. Doch nie gewann eine Seite die Überhand. So war es immer gewesen und so wird es immer bleiben. 
Sie dachte an all die Konflikte und Gefahren die Amrhan momentan in ihrem Griff hielten und Elda lächelte. Es war ein selbstbewusstes, wissendes Lächeln. Eine Geste der inneren Ruhe. Die Waage wird wieder ins Gleichgewicht kommen. Das Schicksal ist unausweichlich. Man musste sich einfach fallen lassen und dem Faden folgen den die Einundzwanzig für jeden flochten. 
Ihr Faden führte sie an einen Ort, an den sie vorher nie viele Gedanken verschwendet hatte. Vor zwei Tagen sahen ihre Pläne noch ganz anders aus und es brauchte nur eine einzige zufällige Begegnung auf den Straßen Löwensteins und das Blatt hatte sich komplett gewendet. 
Sie dankte den Göttern dafür und nahm es nicht für selbstverständlich hin, obwohl sie noch nicht erahnen konnte wohin dieser Weg sie führen würde... 
Wozu auch? Ihrem Schicksal konnte sie doch nicht entkommen. Würde sie es ändern, gar verhindern können, wenn sie es kannte? Würden die Götter dies zulassen? Das lag wohl in keines Menschen Hand. Und so gibt man sich dem Willen der Götter hin und genießt die Zeit und die Möglichkeiten die einem geschenkt werden.
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Zu den Wurzeln zurück - von Elda Abendroth - 04.02.2018, 16:55
RE: Zu den Wurzeln zurück - von Elda Abendroth - 18.02.2018, 01:27
RE: Zu den Wurzeln zurück - von Elda Abendroth - 11.03.2018, 13:18
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RE: Zu den Wurzeln zurück - von Elda Abendroth - 23.05.2018, 23:39



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