Metallwerk in der Finsternis
#2
Ich wusste nicht, welcher Dämon mich geritten hatte, als ich mich für den Bau des Blutbrunnens meldete. War es dieses merkwürdige Schauspiel, welches der Meister und Archont aufführten und von dem ich mir wünschte, es würde ebenso rasch wieder aufhören wie es begonnen hatte, denn es konnte nur zu einem unguten Ende führen? Oder war es doch der innere Wunsch, sich mit mehr als Sauferei und Prahlerei hervor zu tun? Ich war bei Weitem besser darin, Dinge zu zerstören, zu behöhnen, schlecht zu reden. Wie auch immer, meine Hand hatte sich gemeldet und mein Verstand polterte mit einigem Verzug hinterher und fluchte über diese Dummheit.

Die nächsten Tage verbrachte ich damit, passenden Handwerker aufzutreiben. In den schlammigen Gassen des Armenviertels natürlich, dem Teil des ach so prächtigen Löwensteins, welcher den Auswurf der Gesellschaft beherbergte. Was die Sache natürlich nicht gerade einfacher machte. Doch bekannte Namen konnte ich für diese Art von Bauarbeiten nicht einspannen; es würde auffallen, wenn ein renommierter Handwerker plötzlich von der Bildfläche verschwinden würde und unangenehme Fragen nach sich ziehen.

Schließlich, mit der richtigen Mischung aus Überredungskunst, Schmeichelei, Versprechungen, Gold und nicht zuletzt Alkohol - ja, ich wurde rückfällig, aber für einen heiligen Zweck - hatte ich zwei Kreaturen gefunden, welche fähig genug schienen, einen Brunnen zu mauern. Ich nannte sie Eins und Zwei, denn ich hielt es für besser, nicht allzuviel von ihnen zu erfahren. Zu wissen, dass der eine dank Schnaps und der andere aufgrund seiner Gutmütigkeit und faktisch nicht vorhandenen buchhalterischen Fähigkeiten alles verloren hatte, reichte mir vollkommen. Nicht, dass sie mir noch ans Herz wuchsen. Haha.

Ich führte sie zum Unterschlupf und nachdem sie das Versteck betreten hatten, schloß ich die Stahltüre klammheimlich ab. Es war vollkommen klar, dass nur ich wieder das Tageslicht erblicken würde. Dann machten wir Drei uns ans Werk, denn Material in Form von Steinen, Spachtelmasse und natürlich Rum und Schnaps für die fleissigen Handwerker, war bereits vorhanden. Ich musste mich darauf verlassen, dass die beiden halbwegs wussten, was sie da taten, als sie begannen, Stein um Stein zu bearbeiten, aufzuschichten, zu verputzen … Auch ich legte Hand an und zu den dunklen Flecken aus Morast und eingetrocknetem Blut auf meiner Lederkluft kamen nun frische Spuren aus Steinstaub und Lehm.

Unter der Erde verliert man recht rasch alles Zeitgefühl und wir hätten gerade mal einen Tag oder vielleicht schon Wochen dort unten verbringen können, hämmernd, spachtelnd, saufend. Während der ganzen Zeit musste ich Eins und Zwei bei Laune halten, entweder durch Arbeit oder durch lustige Anekdoten oder durch die Ausgabe von Fressen und Suff - ein Innehalten und Nachdenken hätte wohl dazu geführt, dass die beiden langsam aber sicher hinterfragen würden - ungeachtet der versprochenen unanständigen Entlohnung - was sie eigentlich hier unten trieben und wohin dies führen sollte, eventuell hätte einer noch da draußen gewollt und an der verschlossenen Tür gerüttelt …

Irgendwann war es endlich vollbracht: Die beiden hatten ein recht imposantes, in Stein eingefasstes Becken erschaffen. Die Mauern waren einigermassen gerade, die Innenseiten wasserfest verputzt, was sie mit Hilfe eines rasch entleerten Fasses und kurzer Wartezeit erfolgreich prüften. Ich war zufrieden und konnte nur hoffen, Meister und Archont würden wenigstens in diesem Punkt einer Meinung mit mir sein. Ein letzter Schluck vom Birnenschnaps, ehe ich den beiden Männern deutete, dass ihr Lohn auf dem Tisch liegen würde.

Während sie wie die Schweine mit ihren Schnauzen im Dreck in den prallen Beuteln wühlten, riss ich den Kopf von Eins zurück und schnitt in einer kurzen, kräftigen Bewegung seine Kehle durch. Die schockstarre Überraschung von Zwei ausnutzend, trieb ich den Dolch in seine Seite. Eins taumelte röchelnd umher, die Hände am Hals, während Zwei sich vor Schmerzen krümmte. Ich stieß die beiden Richtung Beckenrand und drückte ihre Köpfe in das Wasser, welches in friedlicher Stille immer noch darin waberte. Ob sie nun ersoffen oder verblutet waren, war mir einerlei. Ich musste ihre in Agonie zuckenden Körper noch eine Weile festhalten, ehe sie leblos über dem Rand hingen, ausblutend. Immerhin, die Umfassung brach auch mit der Last der beiden Körper nicht in sich zusammen und hielt das Blut-Wasser-Gemisch sauber im Becken.

Der letzte Akt, der dann doch eine Art von Zerstörung mit sich gebracht hatte, endete damit, dass ich die Hinterlassenschaften der Arbeit wegräumte und die Leichname entsorgte - wo und wie war wohl eine andere Geschichte. Vielleicht würden recht blutleere Körperteile irgendwo auftauchen, wo die irrgartenartige Kanalisation sich im Meer ergoss, vielleicht hätten die Ratten auch schon ihr übriges getan und sich in einem Festschmaus fett gefressen.
... wer die Hand in Blut wäscht, muß sie in Tränen baden ...
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Nachrichten in diesem Thema
Der Blutbrunnen [FSK 18] - von Belshira Karde - 20.03.2016, 15:14
RE: Metallwerk in der Finsternis - von asrai - 14.10.2016, 19:07



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