Was die Waschweiber schnattern...
#8
Mithras hätte es bei diesem einen seltsamen Vorkommnis belassen können, doch diese Gnade wurde dem Neuen Hafen Löwensteins nicht zuteil. Es sind die späten Nachmittagsstunden, fast könnte man schon vom frühen Abend sprechen, da wieder einmal ein Schiff am Horizont erscheint - von der Bauart her ein größeres Handelsschiff, das, sobald es näherkommt, allerdings stark bearbeitet wurde. Ein zusätzliches Deck wurde daraufgezimmert, und auch sonst wirkt es so, als hätte man jeglichen Komfort, den ein solches Schiff bieten würde - und Kenner wissen, das ist ohnehin schon nicht so viel - über Board geworfen um Platz zu schaffen. Platz wofür? Das wissen weiß wohl nur die Besatzung, die insofern als ungewöhnlich einzustufen wäre, als das sie unter einer Flagge segelt, die in Löwenstein schon länger nicht gesehen wurde: Das Wappen Titus Falkensteins, des selbsternannten Herzogs von Silendir.

Diese Entdeckung ruft Misstrauen und Vorsicht in verschiedenen Persönlichkeiten am Hafen hervor. "Jetzt holt uns der Herzog!" befürchtet ein Waschweib. "Die dreckigen Nortgarder vor den Toren wetzen auch schon ihre Äxte." weiß ein Verkäufer gebratenen Fisches zu berichten, dessen Preise allgemein als unschlagbar gelten, und der sich somit als "sehr vertrauenswürdig" bezeichnet. Andere versuchen die Lage zu beruhigen: "Der Herzog kommt mit einem Schiff? Dass ich nicht lache! Da kann er genauso gut versuchen, Nachts den Weg aus den Hohenmarschener Sümpfen heimzufinden, wenn er damit Löwenstein einzunehmen versucht!" spricht einer, der ganz den Anschein eines Glücksritters erweckt, der sich in Löwenstein wohl einige schnelle Münzen erhofft.

Gerüchte hin, Gerüchte her - einige Zeit später läuft das Schiff, gänzlich ohne Kampfhandlungen zu beginnen, in den Hafen ein. Neugierige Beobachter können erkennen, dass die Zahl der Besatzungsmitglieder keineswegs an die geschaffene Beförderungskapazität des Schiffes heranreicht. Die Landerampe wird herab gelassen und ein, dem Aussehen nach, adeliger, junger Mann verlässt das Schiff. Oblgeich er selbst gerüstet ist, wird er zudem von zwei schwer gepanzerten Hellebardenträgern flankiert. Zwar versuchen diese, die Menge zurück zu halten, ein paar Verfolger werden die Pfade des Silendirers jedoch nachspazieren und danach berichten können, dass er sich unverzüglich zur Burg begab. Selbst Schaulustige auf dem Marktplatz konnten ihn nicht von seinem Plan abhalten, obwohl jeder weiß, wie aufdringlich die sein können!

Der vermeindliche Silendirer verließ die Burg nicht mehr. Doch an seiner statt kam ein Herold geritten, der sich auf den Weg zum Turnierplatz machte. "Höret! Höret!" habe er gerufen. "Die Regimenter Nortgards und Hohenmarschens, ebenso das fürstliche Regiment Candarias, haben durch die Hand des höchstedlen Truchsessen Hieronymus Lichtenwald von Amhran den Befehl erhalten, sich marschbereit zu machen! Gemeinsam mit einem Truppenkontigent seiner eigenen Burgsoldaten, das der Truchsess höchstpersönlich unter der Führung des hochedlen Reichsritters, Ser Gilbert Darau von der Löwenwacht, besteigen sie das Schiff des Reichsritters, sowie das Schiff, das der hochedle Fürst Titus Falkenstein von Silendir unter dem Befehl seines Ritters, des edlen Sers Horatius Burgward von Schloss Silendir nach Löwenstein entsandt hat! Die Truppen der Baronien Servanos und Candarias sollen als Nachhut verbleiben, bis der Schiffsbau Löwensteins vollendet ist, darob sie mit eiligen Winden nachfolgen mögen!" Oder so ähnlich, wer könnte sich so ein langes Geschwafel schon merken? Tatsache ist, dass nun bald eine rege Aufbruchsstimmung im Feldlager vor der Stadt herrscht und dass sich diese Kunde auch in den Spelunken und im Umland der Stadt verbreitet, obgleich es wohl noch einige Tage dauern wird, bis alle Soldaten wieder eingesammelt, alle Vorräte verstaut und jeglicher Tross marschbereit ist ..
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RE: Was die Waschweiber schnattern... - von Erzähler - 05.08.2015, 21:11



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