Wein und Weiber
#2
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Als er später an dem Tag wieder an Taleris‘ Worte von Anabella dachte, wallte Unmut in ihm auf. Zuerst war er besorgt gewesen und die Angelegenheit hatte nicht gerade sein Gemüt erhellt. Ihm ging nun auf, dass dieses immer wiederkehrende Drama ehrlich gesagt nicht das war, was er sich von einer Liebesbeziehung wünschte. Anabella zu liebe hatte er sich verbiegen wollen, um so zu sein, wie sie es sich wünschte. Und das wäre nicht einmal das gewesen, was ihn so sehr störte. Vielmehr merkte er mit einem Mal, dass sie es war, die einfach nicht zu ihm passte, mit ihrer sensiblen Art und ihrem übertriebenen Gerede über Gefühle, Leidenschaft und all diese Dinge. Das war zwar alles recht und schön, aber einfach nicht Seins: Er erkannte, dass sie ihm damit den Nerv zu töten drohte. Und wenn sie nun schon jemanden gefunden hatte, dem ihre Launen gefielen, diesen anderen Typen, dann konnte er, Welf, doch gleich guten Gewissens einen Schlusspunkt setzen.
Im Laufe des Tages festigte sich dieser Entschluss und Welf steigerte sich immer mehr hinein, sodass sein Unmut sich schließlich in regelrechte Wut auf Anaballa verwandelte. Unterbewusst war ihm klar, dass er das nur machte, damit es ihm später leichter fiel, wenn er sie zur Rede stellte. Jetzt musste er sie nur noch finden. Er verließ das Haus und trat hinaus in die Straße, die vom Laubengang überschattet wurde. Wenige Schritt weiter flirrte die erhitzte Luft über den staubigen Pflastersteinen. Er trat aus dem Schatten und wanderte los, durch die Altstadt. Die Sonne stand schon tiefer, es dürfte schon die fünfte Stunde nach Mittag angebrochen gewesen sein. Nachdem er erfolglos alle Orte abgesucht hatte, an denen sie sich für gewöhnlich aufzuhalten pflegte, kehrte er eine gute halbe Stunde später und durchgeschwitzt wieder zum Veltenbruchschen Haus zurück. Es ist ja nicht so, als hätte ich nichts Besseres zu tun, als dich zu suchen…, sagte er sich und war gerade in den kühlen Keller hinuntergegangen um sich etwas Kaltes zum Trinken zu holen. Da erklang von oben ein Ruf, der sich nur allzu vertraut anhörte. Er stieg die ausgetretenen Stufen wieder nach oben und rief: „Heda! Wer da?“ Dann entdeckte er Anabella auf der Stiege zum Laubengang und setzte sogleich eine ernste Miene auf. Sie schien zufrieden, ihn gefunden zu haben und fragte sofort, ob er ein Stück mit ihr gehen könnte, sie müsse mit ihm sprechen. Das hörte sich ja recht wichtig an. Welf war es nur recht, er wollte ja auch ernst mit ihr reden. Kurzentschlossen führte er sie vor die Stadt. In der Nähe des Turnierplatzes suchte er ein ruhiges Plätzchen und lehnte sich an einen Tribünenaufgang. Sie setzte sich ins Gras und schien recht fröhlichen Gemüts. Als er sie nun so betrachtete, war seine Wut wie weggeblasen. Er hatte sie wirklich gern, musste er sich wieder eingestehen, und ihm graute davor, ihr zu sagen, was er vorhatte und sie traurig zu machen. Aber es half nichts. Also erklärte er ihr sich, formulierte seine Gedanken jedoch, ihr zugunsten ein wenig um. Er sei zu dem Entschluss gekommen, dass er nicht der Richtige für sie sei und so weiter und so fort. Kaum waren die Worte heraus, schämte er sich schon dafür. Das war doch jetzt das Abgedroschenste, was ich jemals einem Mädchen vorgebracht habe… Anabella hätte weitaus mehr verdient. Aber irgendwie stimmte es schon. Sie passten eben wirklich nicht zusammen. Es steckt ja doch immer ein kleiner Kern der Wahrheit in so einem Klischee. Er schlug recht gnadenlos vor, sie solle sich doch lieber an diesen anderen Kerl halten, der ihr wohl besser tun würde wie er, Welf…
Zu seinem Erstaunen nahm sie es überraschend gut auf. Sie bedeutete ihm sich neben sie ins Gras zu hocken und gestand ihm, dass sie eben das gleiche vorgehabt hatte: Einen Schlussstrich zu ziehen… und hoffentlich Freunde bleiben zu können. Der zweite Punkt schreckte Welf etwas ab. Er konnte sich nicht recht vorstellen, wie das funktionieren sollte. Vom einen aufs andre Mal umschalten von Liebe auf Freundschaft? Aber noch während ihm die Bedenken kamen, sah er Anabella wiederum an, und hatte schon beschlossen, es zu versuchen. Sich noch einmal zu bemühen, ihr zu liebe. Er rempelte sie kumpelhaft an und es fühlte sich ziemlich verkehrt an. In Gedanken zuckte er die Schultern und grinste. Was soll’s, probieren kann man’s ja.
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Wein und Weiber - von Welf - 09.07.2013, 16:03
RE: Wein und Weiber - von Welf - 15.07.2013, 14:52
RE: Wein und Weiber - von Welf - 01.10.2014, 07:31
RE: Wein und Weiber - von Welf - 14.10.2014, 20:12



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