FSK-18 Mohnblumen zum Einstand
#4
"Die Schmerzen werden vorbei gehen. Irgendwann spürst du es nicht mehr."
Was die Frau meinte wusste die Natter nicht. Ein weiteres Mal ballte sie ihre Hand zur Faust, ein weiteres Mal trieben sich ihre Fingernägel in die blasse Haut der ausgemergelten Illusion. Nur noch wenige Haaresbreiten und die zarte Haut würde zerrissen. Bleich und mit rosigen Rändern wehrte ihre Haut sich, spannte sich gegen die unnachgiebigen Nägel die sie bedrohten. Ein endloser Kampf wäre es, gefochten mit soviel Hingabe und Emotionen. Sie konnte Stunden lang hier sitzen, Tage lang, ganze Mondläufe gar und diesen pochenden Schmerz spüren. Dieses drohende Schwert über ihrem Nacken welches jederzeit herab fallen konnte und ihren Kopf vom Körper trennte. 

"Willst du das wirklich?" Konnte diese Frau ihre Gedanken lesen? Aber, ja. Vielleicht wollte sie das. In den letzten Wochen war alles aus den Fugen geraten und egal wo sie anfing um es wieder zusammen zu fügen, es zerbrach nur noch mehr. Wurden Einsatz und Hingabe denn hier überall mit Füßen getreten? Sie hätte sich barfuß die Hacken wund rennen können und alles was die anderen getan hätten, wäre dreckig zu lachen. Verdienten sie es eigentlich weiter zu existieren? Die Schattenpaktierer die sich mit Dämonen verbünden. Die Wölfe die schneller rannten als ein Bolzen fliegt und intelligenter waren als jedes Tier im Wald. Die Blutsauger.. diese finsteren Ritter der Nacht geboren um die Seelen der Lebenden wie ein Bankett zu verschlingen. 

[Bild: Schattenblut.jpg]

"Und du hast dich ihnen verschrieben.. ihnen sogar dein Wort gegeben, obwohl sie hinter deinem Rücken auf dich spucken.. und zwar alle, sogar deine Gelie..."
Die Fingernägel durchtrennten die blasse Haut und Blut quoll hervor, dickflüssig rann es durch die feinen Linien ihrer Hand als wären es Schluchten die von roten Fluten überspült werden. Kalt lachte es im Hintergrund, diese Lache so nah und dennoch so unerreichbar fern. 
"Nun werde sogar ich dich verlassen.. aber.. wie sagte sie so schön.. du hast doch eine Ewigkeit um mit dem Schmerz fertig zu werden, kleine verlogene Hexe. Du hättest eine Göttin sein können und nun bist du dem Wunsch nach dem Tode näher als deinem Drang nach Leben." Tränen drängten sich in ihre Augenwinkel, sie wollten heraus, wollten ihre Wangen benetzen, doch sie wurden nicht in die Freiheit entlassen. Die blutverschmierte Hand zitterte unter der Anstrengung ansonsten saß der blasse Körper regungslos. 

Der erste Tropfen fiel von der Hand auf die Tischplatte... die Angst verließ ihren Körper...

[Bild: Angst1.jpg]

Weiter und weiter drang ihr Blut unter der Haut hervor, das vielstimmige Zischen aber Tausender Schlangen im Hintergrund ließ keinen Zweifel, ein Augenblick der Unachtsamkeit und sie würden kommen und diese Wunde schließen. Doch konnten selbst diese Kräfte ihr nicht den Schmerz nehmen der Tief in ihrem Innersten rumorte. 
"Schmerz ist das ehrlichste Gefühl der Menschen, unter seinem Hauch entfalten sich Seelen." Der Spott war aus der Stimme verschwunden. Beinahe klang dieser Satz wie eine philosophisch tiefgreifende Lehre. Doch heute wollte sie keine Schülerin sein, sie wollte einfach nur alles rauslassen.. alles abwerfen, dass sie hemmte. Tiefer gruben sich ihre Fingernägel in das weiche Fleisch. In ihrem Gesicht zeigte sich die Pein während sie tief in sich drinnen nach dem Grund forschte. Etwas musste da sein! Das Zischen kam näher, es klang so nah als würde jede Bewegung ihrer Zehen eine hochgiftige Schlange anstoßen. Noch nicht, sie durfte nicht zulassen das diese Wunde sich schloss. Fester presste sie ihre Fingernägel in das Fleisch ihrer Hand. Wieder bildete sich ein Tropfen Blut, der von ihrer Hand zu fallen drohte. 

"Du weißt, dass du ohne deine Emotionen nie wieder die sein wirst, die du einmal warst?" Die Natter schüttelt den Kopf, sie wollte nicht auf diese Einflüsterungen hören, sie hatte genug von ihren Gefühlen. Sie hatten sie immer nur in Schwierigkeiten gebracht. Ab sofort sollte ihre Loyalität die anderen etwas kosten. Die Zeiten wo sie für andere, lächelnd, auf den Scheiterhaufen geklettert wäre um sie zu retten, sollten endlich aufhören.
"Wut statt Angst.. was glaubst du wird deine Liebe ersetzen, willst du das wirklich?" 
"HALT DIE SCHNAUZE!" Doch kaum hatte sie es heraus geschrieen kam die Ernüchterung. Wenn sie alles verbannte was sie ausmachte, würde sie eben jenes Monster, dass die anderen nach und nach beschworen. Dann bekämen sie doch nur was sie wollten. Sie öffnete ihre Hand und noch während sie auf das Blut sah züngelten die öligen Schlangen herbei und drangen in die Wunde um sie zu schließen. 

Die Flüsternde hatte Recht, was würde nur aus ihr werden wenn sie diesem Pfad weiter folgte? Konnte sie auf diese Weise ihre Liebste zurück gewinnen, das Vertrauen der Familie oder ihrer Verbündeten wieder herstellen? Indem sie sich selbst verriet und fortwarf wie einen gammeligen Apfel. Welches Abbild der Grausamkeit würde sie geben wenn ihr Mitgefühl und ihre Liebe zerstört würden, wegen einem Augenblick des Schmerzes? 

[Bild: hqdefault.jpg]

Wussten sie eigentlich was sie ihr antaten?
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Mohnblumen zum Einstand - von Smaragdnatter - 15.09.2018, 16:40
RE: Mohnblumen zum Einstand - von Smaragdnatter - 25.09.2018, 13:41
RE: Mohnblumen zum Einstand - von Smaragdnatter - 27.11.2018, 15:28
RE: Mohnblumen zum Einstand - von Smaragdnatter - 09.12.2018, 14:47
RE: Mohnblumen zum Einstand - von Smaragdnatter - 03.03.2019, 00:51



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