FSK-18 Von der Holzfällerin zur Ritterin
#14
Leise schmatzend wich der Schneematsch ihren Stiefeln, noch zwei Schritte... noch einer. Sie öffnete die Tür und trat in den warmen Schankraum des tanzenden Trolls. Nach und nach wurden es mehr Teilnehmer, bei manchen konnte Valyra förmlich spüren wie Blicke gewechselt wurden. Auf so kleinem Raum solche Emotionen zu ballen war gefährlich. Zwischen den Frauen wurden Blicke ausgetauscht die man einem Basilisken zugetraut hätte. Die Worte der älteren Krieger kamen ihr in den Sinn.

~Wenn zwei wilde Katzen sich zerfetzen, geh.. nicht.. dazwischen.., sonst bist du ihr Ziel~

Der Abend schritt voran und die Luft wurde dicker. Politik, Glaubensfragen und Vorurteile. Wenn der König seine Untertanen so sehen könnte. Wie zwei Geschwüre die sich auf dem Körper breit machten auf dem sie gediehen. Sie sahen nicht einmal wie sehr sie den Körper damit schwächten.
'Sollen sie sich angiften, sollen sie ihre Götter aufeinander hetzen, so ist sichergestellt das du Arbeit hast.' Es war wie immer, ihr Bauch war der wohl dümmste Ratgeber den man sich vorstellen konnte. Sie musste hier raus. Nachdem sie sich für eine Aufgabe gemeldet, und somit ihr Gewissen beruhigt, hatte... verließ sie die Taverne. Es wurde Zeit mit einer guten Freundin über ihre Ansichten und ihre Ausbrüche zu sprechen. Sie lenkte die Schritte zum Eichenhof, jenem Hof wo auch die Vatin und der Hauptmann lebten. Wenn jemand einen Rat wüsste dann sie.

Auf dem Hof angekommen stellten sich ihre Nackenhaare auf. Es war, als würde etwas nicht stimmen. Eine unsichtbare Unruhe.
'Spielen die deine Gedanken Streiche? War es ein Met zuviel?' Valyra rollte mit den Augen. Wieder ein Wiehern, das Muhen einer Kuh.. die Tiere waren unruhig. Aber wie konnte das sein, es war kein nächtlicher Raubvogel oder gar eine Riesen Fledermaus zu sehen oder zu hören. Es waren gar keine wilden Tiergeräusche zu hören. Valyra musste den Kopf klar bekommen. Etwas stimmte hier nicht. Aber eines nach dem anderen, noch einige Schritt und sie würde vor der Hütte der Vatin stehen. Als das Pferd erneut aufgeregt wieherte fuhr sie herum. Jemand war hier. Vielleicht ein Landstreicher der sich im Stall breit machte? Wer konnte es ihnen bei diesen Temperaturen verdenken. Ziellos suchte die junge Soldatin den Hof ab bis sie vor dem Gatter des Federviehs stand. Dann erklang ein Knurren das ihr das Blut in den Adern stocken ließ. Ihr Herz gehorchte nicht mehr und es fühlte sich an als höre es auf zu schlagen.

Einen Schlag ausgesetzt...

Den zweiten Schlag ausgesetzt...

Endlich holte Valyra Luft und drehte sich herum. Im schummrigen bleichen Mondlicht sah sie seine Umrisse mitten auf dem Hof stehen. Wie bei ihrer ersten Begegnung war er beinahe einen Schritt hoch, das Fell löchrig und mit Narben gezeichnet. Der Wolf starrte Valyra an, seine Augen durchdrangen den Schutzpanzer ihres Geistes. Kälte kroch vom Boden, durch ihre Stiefel in ihre Beine und von dort aus in ihren ganzen Leib. Doch trotz dieser Kälte standen ihr nun kleine Schweißperlen auf der Stirn. Seit wann trauten diese Wesen sich derart Nahe an die Behausungen der Menschen?
'Wenn du glaubst der ist wegen dir hier, musst du schon sehr naiv sein!' Was? Was hatte sie übersehen. Dann drang das Gegacker der Hühner wieder zu ihr durch. Die Hühner! Von der Angst gesteuert, wandte sie sich zum Gatter und fischte eines der wuselnden Federtiere heraus.

Ein Satz nach vorn, seine Zähne schlugen, keine Handbreit von ihrem Bein entfernt, aufeinander. Wieder sein Knurren. Was wollte er noch? Er war noch mehr gewachsen, ohne sich herunter beugen zu müssen war sie auf Augenhöhe mit ihm.
'Lass das elende Huhn endlich los!!' Ihre Hände handelten ohne das sie daran dachte. Das Huhn landete auf dem Boden und bekam einen unsanften Schubs in Richtung Narbenfell. Für einen Lidschlag funkelten in seinen Augen das Mondlicht, dann hetzte er los und das Federvieh schrie ein letztes Mal, verzweifelt in die Nacht hinein. Federn flogen in alle Richtungen davon, Blut spritzte über den Hof und ihre Hände versuchten sich durch den Schlamm in die Erde zu graben. Starr vor Angst sah sie ihm dabei zu wie er das Huhn verschlang. Erst als er schon außer Sichtweite war merkte sie das sie im Schlamm saß, den Rücken an das Hühnergatter gelehnt. Der Rest der Nacht verschwamm in ihren Gedanken.



Bis zum nächsten Abend dauerte es ihre Erinnerungen zu sortieren. Erneut traf sie Algrid, wieder einmal gelang es der Soldatin die ängstliche Schneiderin zu überzeugen endlich mit der Druidin zu sprechen. Keine der jungen Frauen kannte jemanden der sich besser mit nächtlichen seltsamen Wesen auskannte. Die Vatin war ihre letzte Chance auf ein ruhiges Leben für Algrid. Ein Rat, eine Idee was dieses Wesen damals war oder einfach nur ein Beutel Stroh den sie als Schutzamulett gegen übernatürliche Wesen bezeichnete. Irgendetwas um die zerbrochene Seele Algrids wieder zusammen zu setzen. Und dann fielen Worte wie Donnerhall:

"Was erwartet ihr von mir? Ich kann die Götter ja kaum um Schutz für euch bitten. Aber ich kenne eine rotgewandete Priesterin zu der ich Kontakt herstellen könnte. Wenn du das möchtest." Auch wenn Algrid wohl oder übel zustimmte, Valyra war erschüttert. Das hatte die Vatin nicht gesagt. Sie hatte die einzige fleißige Zivilistin Candarias nicht gerade vor den Kopf gestoßen und für einen anderen Glauben dazu verurteilt ohne das Heil ihrer Seele weiter leben zu müssen. Valyra wollte sich verhört haben... hatte sie aber nicht. Algrid knickte vor den Worten der Vatin ein wie ein Grashalm unter dem Stiefel von Valyras Plattenrüstung. Ein roter Schleier legte sich über die Szenerie. Hätten sich Valyras Hände auf dem Rücken nicht gegenseitig krampfhaft umschlungen wäre eine von ihnen zur Waffe gewandert.
'Reiß dich zusammen, sie ist eine Mithrasgläubige. Sie ist wertlos. Sie verdient keinen Schutz!' Ihr Magen zog sich zusammen und rebellierte. Wieder einmal ergriff Valyra die Flucht. Patrouillen Runde. Weg hier!

Die kleine Gruppe hinter sich lassend ging sie davon. Einmal alle Wege der Stadt abschreitend, dann zu Pferd die Rabenhöfe umrundend und die Grenzen zum Thalwald untersuchend. So würde sie keine Ruhe finden. Valyra lenkte das Pferd zurück nach Rabenstein und in den Stall. Es stand immer noch die Befragung eines Piraten Kapitäns aus. So schnell es in dieser Wehr eben möglich war, legte sie ihren Wappenrock ab und begab sich dann zum Südtor.
'Dann ist es jetzt also etwas persönliches, ja?' SCHNAUZE!

Es dauerte nur wenige Minuten und sie konnte die Umrisse des Piratenlagers erkennen und auch die zierliche Weißhaarige  die daraus weg lief. Einer der Piraten folgte ihr. 'Auch wenn du ihr nicht helfen willst, einer weniger der dich im Lager aufhält.' Diesmal hatte ihr Bauch Recht. Als die beiden auf Valyras Höhe waren und der Pirat sie endlich erkennen konnte war es für ihn zu spät. Ein schneller und kräftiger Schnitt auf Höhe seines Schenkels und das erste Bein knickte ein. Er hob seinen Säbel, doch bevor er ausholen konnte traf der nächste Schnitt seinen Waffenarm. Seine Klinge fiel zu Boden.
"Du kannst mich verhaften so ofte willst. Ich sag nüscht." Ihr Blick traf den Seinen. Die Klinge in ihrer Hand wurde von derart präziser Lust auf Blut geführt, dass die Spitze schon vor dem nächsten Wort des Mannes in seinem Brustkorb verschwunden war.

Sie wandte sich der Frau zu und trat näher an sie heran. Die dunkle weite Kleidung. Der Bogen in ihrer Hand. Sie sah aus wie eine junge Variante der Druidin. Leise scharrten die Metallglieder der Plattenhandschuhe aneinander als das Schwert fester umschlossen wurde.
"Kennt ihr eine Frau mit dem Namen Anouk.. oder seid gar mit ihr verwandt?" Valyra hatte große Mühe ruhig zu bleiben und vernünftig zu klingen. Denn in ihren Innersten brodelte ein Kessel voller Wut über eine Flamme die von Hass geschürt wurde.
"Nein aber ich treffe mich am Abend des 21sten Julmondes mit ihr, um sie kennen zu lernen." Dieser Satz der jungen Frau schürte die Flamme auf so vielen Ebenen. Valyra sollte sich an diesem Abend mit der Druidin treffen. Wenn diese Frau also einen .. Unfall.. unter den Piraten hätte, würde die Druidin eine eventuelle Freundin verlieren und zugleich mehr Zeit für sie haben.
"Dann bekommt dieses miese schleichende Wiesel wohl eine Nacht Aufschub." Eigentlich hatte sie es nicht laut sagen wollen. Doch die Reaktion der jungen Frau verblüfft sie. Sie fragte direkt nach dem einen Wort, der einen Beleidigung. Wiesel?
"Ein Mann, der mir etwas gestohlen hat. Hierzulande kennt man ihn als Lawin." Das Seufzen der anderen Frau ließ Valyra hellhörig werden. Ihre Miene die schon zuvor gewirkt hatte als wäre aus Stein gemeißelt, war nun erstarrt.
"Ihr kennt diesen Mann? Seid ihr seiner Säuselei auch erlegen?" Valyra hoffte auf eine Verbündete, vielleicht würde sie diese Frau verschonen wenn sie ebenfalls mal was mit Lawin hatte.

"Wenn man das so nennen will ... Lawin ist mein Bruder." Nun gab es keinen Zweifel mehr, diese Frau würde heute Nacht in de Armen Morrigús ruhen. Valyra tat einen weiteren Schritt auf sie zu. Es war nur noch eine Frage von wenigen Lidschlägen. Noch einen Schritt vor, die Frau verlagerte ihr Gewicht nach hinten. Ahnte sie was kommen würde?
"Will ich wissen was der Idiot wieder angestellt hat?" Die blutroten Flammen erloschen von einem Augenblick zum anderen. Seine eigene Schwester sprach so von ihm. Respekt Lawin, was musst du schon alles veranstaltet haben das deine eigene Schwester eine beinahe Fremde sowas fragt.
"Ihr gehört also zu den Frauen die eines Tages eine Schlinge um seinen Hals legen." Valyra ließ ihre Klinge in der Scheide verschwinden und begann sich mit der Frau Namens Aluna zu unterhalten. So ließen sich die beiden von der Nacht davon tragen. Solange bis jede ihrer Wege ging um sich auf ein Treffen mit der Vatin vorzubereiten.
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RE: Von der Holzfällerin zur Ritterin - von Valyra Eichenwald - 21.12.2017, 15:39



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