Bodkinpfeile für die Kirche
#2
Die erste Rohschrift war fertig.
 
Das neue Werk. "Geschichte der Münzprägung seit dem Jahre Null mit besonderer Berücksichtigung der Fälscherkultur" - ein Buch auf das die Welt gewartet hat. Ein Meisterwerk, wie sie fand. Ein Buch das diese Welt verdient hatte. Absolut. Noch einige Striche, einige Korrekturlesungen, ein paar Anpassungen und es würde fertig sein. Dann könnte sie damit zum Verlag gehen und ....
 
War der Verlag nicht noch immer in der Hand des Herren Orestes? - Und wo war bisher überhaupt ihre Gewinnbeteiligung an ihrem ersten Buch? Ein wenig lehnte sich die Erzpriesterin zurück, betrachtete den Goldbarrenstapel neben dem Bett der in der Abendsonne schimmerte. Wie viel ihr der mäßig geliebte Magier wohl schuldete? Würde Sie Gewalt anwenden lassen müssen um an das Vermögen zu kommen das dort vielleicht vor ihr Verborgen wurde?
 
Langsam huschte der Blick vom Goldbarrenstapel über die goldverzierte Prunkrobe auf dem Ständer hin zum Tisch in der Mitte des Raumes. Gort hatte ihr einen Pfeil gebracht. Ein Bodkinpfeil. Er wollte ergründen wie dieser hergestellt wurde. Zum ersten mal ging sie dieser Frage nun nach und überschlug dezent geistig den Vorgang. 
 
"So wie die anderen beschissenen Pfeile und Bolzen auch." - Wo war da das Problem? Holz, Möglichst Rund, lang, Federn dran für stabileren Flug und gegen Längsachsialtorsion, vorne dann eine dünne Spitze. Die Spitze möglichst massiv, aber nicht zu schwer damit der Pfeil nicht zu kopflastig würde. 
 
Da war kein Problem, da war nicht mal eine Herausforderung. 
 
Wie man die Spitze am Pfeil befestigt war dann eine Frage der Vorliebe oder des Fetisches, je nachdem wie geistig beeinträchtigt der Hersteller war. 
 
Kurz überschlug sie auch hier die Möglichkeiten im Kopf. 
 
1. Eine vom Holz gefasste Spitze. Die Spitze hängt an einem Stück Metall, das aus der Gesamtgussform stammt, das Holz umfasst das Metall, durch Quetschung, mittels Kordel oder Faser wird das Holz zusammengepresst und die Spitze so fixiert.
2. Eine vom Holz gefasste Spitze mit Kleber. Genau wie das andere, nur ohne Druck, ohne Quetschung. Aber es soll ja ein Rüstungsdurchdringender Pfeil werden. Entsprechend möchte man etwas Stabiles haben.
3. Eine Spitze mit Gewinde. Technologisch sicher sehr anspruchsvoll und für den geneigten Ingenieur sehr opulent zu bewundern, aber nicht wirtschaftlich. Vor allem müsste man das Gegenstück mit einem Entsprechenden Gegengewinde ausstatten und die Normen für derartige Herstellungsprozesse ließen jenseits der Schmieden Löwensteins sicher mehr als zu wünschen übrig. 
4. Eine gefasste Spitze deren Metallelemente das Holz umgreifen. Ein wenig raffinierter, ein wenig lästiger in der Herstellung als Möglichkeit 1. Aber das stabilste. 
 
Bliebe die Frage nach dem Material. Metall? Ja - aber welches? Und ging es nicht vielleicht billiger? Man musste ja dem Feind nicht unbedingt den besten Stahl entgegenschießen. 
Grübelnd versank die universalgelehrte Erzpriesterin über ihrem Buch und zeichnete verträumt. 
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RE: Bodkinpfeile für die Kirche - von Lisbeth Winkel - 09.09.2017, 15:52



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