FSK-18 Im Strudel der Zeit
#1
OOC
Wie Doc Brown so schön gesagt hat: „Deine Zukunft ist noch nicht geschrieben. Die Zukunft ist, was du daraus machst." ist dieser Thread eine reine Gedankenspielerei aus Spaß an der Freude, mir auszudenken, was passieren könnte (aber natürlicht nicht muss) basierend auf einer nun auch schon wieder etwas länger herliegenden ICQ-Plänkerei. Ich gehe nicht davon aus, dass wir in 20 Jahren hier noch gemeinsamen spielen werden - oder vielleicht doch? Viel Freude beim Lesen. lg

Silendir; in ferner Vergangenheit

Die Leute redeten nur hinter vorgehaltener Hand von der Hütte und den beiden Frauen, die darin lebten. Hatte man Liebeskummer, Ärger mit dem Nachbarn, erhoffte man sich eine gute Ernte oder wollte ein ungewolltes Kind loswerden, so führte der Weg unweigerlich in den kleinen, abgelegenen Hain, der die endlos scheinenden goldenen Weizenfelder unterbrach.

Ein kleines Wunder, dass die Kirche noch nicht auf dieses unheilige Tun aufmerksam geworden war, aber wahrscheinlich war es eine Mischung aus Dankbarkeit, Respekt und Furcht, dass keiner der Bewohner des nahen Dorfes - eher einer Ansammlung von wenigen Häuschen - mit seinem Finger auf die Hexen, denn das waren sie eindeutig, gezeigt hatte.

Doch am heutigen Tage sollte sich etwas im Hain verändern. Die Sonne war gerade aufgegangen und reckte ihre Strahlen gen Silendir, um dessen berühmtes Korn reifen und kräftig werden zu lassen. Die Vögel in den Bäumen umrund der Hütte waren schon seit Stunden wach und trällerten ihre Lieder. Ein magerer Esel stand vor der Hütte und mampfte stoisch an einer braunen Rübe. Das Tier trug keinen Sattel, nur ein geflochtener Hanfstrick diente als Zügel. Ein junger Mann, rotblondes Haar, drahtige Gestalt, knetete einen Strohhut in seinen schlanken Fingern und blaue Augen blickten besorgt zur wurmstichigen Tür. Man konnte dem Burschen geradezu ansehen, dass er am liebsten ins Innere der Hütte gestürmt wäre und sich nur mühsam zurück hielt, eben dies nicht zu tun und stattdessen seine Runden vor dem Esel zog.

Die Hütte bestand nur aus einem großen Raum. An einer Seite eine Feuerstelle mit einem riesigen Topf, in dem wahrscheinlich eine Suppe brodelte. Zwei einfache Betten, beide sauber aufgeschlagen und mit Stroh gefüllt. Regale und Wandborde gespickt mit Gläsern und irdenen Gefäßen ebenfalls unbestimmten Inhalts, deren Sinn und Zweck wohl nur den beiden Bewohnerinnen, die oftmals zielgerichtet zu jenem oder diesem Behältnis gegriffen hatten, bekannt. Von den knorrigen Balken, welche das Strohdach stützten und die Wände am Zusammenfallen hinderten, hingen Knollen von verschiedenartigsten Kräutern und gaben dem Raum ein eigenartig würziges, in der Nase kitzelndes Aroma. Jeder, der schon einmal in der Hütte seine Sorgen geklagt hatte, konnte diesen Geruch nie vergessen.

“Ich möchte, das Du mir Deinen Segen gibst, Mutter.”, meinte nun die Jüngere der beiden Frauen und ihrem Tonfall nach zu urteilen war es nicht das erste Mal, dass sie diese Worte sprach. Sie hatten einen flehenden, beschwörenden Unterton. “Aber die Götter haben Dir diesen Segen doch schon gegeben.”, kam prompt die müde Antwort der Alten. “Du hast ebendso wie ich die Knochen geworfen. Du gehst mit diesem Galatier ... “, ein widerwilliges Schnauben aus geblähten Nasenflügeln folgte, “... und wirst eine Familie gründen, unbehelligt unter den Leuten leben, wie Du es immer gewollt hast.”

“Nenne ihn bitte nicht so, Mutter. Er hat einen Namen: Seán!”, beharrte nun die Jüngere und in ihren sonst sanften braunen Augen blitzte jeh der Ärger auf. Überhaupt erinnerte sie an ein zahmes Rebhuhn, mit ihrem braunen Lockenhaar und den großen Augen, der zur Molligkeit neigenden Gestalt und dem freundlichen Wesen, welches nie ertragen hatte, warum sie ein Leben in Isolation und unter den missgünstigen Augen ihrer Mitmenschen führen musste. “Es ist der Wille der Götter.”, hatte ihre Mutter dann stets geantwortet. “Am Branwenfest empfangen wir von den Göttern eine Tochter, ziehen sie auf, weisen sie an, ihre Gabe zu nutzen. Das war schon immer so, wird immer so sein!”

Aber dann hatte eines Tages der junge Fremde an die Tür der Hütte geklopft und mit seinem Kauderwelsch aus Amhranisch und Galatisch, seinem jungenhaften Charme und seinem guten Aussehen das Herz der Tochter im Sturm erobert. Sie hatten seitdem ständig die Köpfe zusammen gesteckt und gekichert und geturtelt, wie es Verliebte nun mal tun. Als er dann ebenso plötzlich verschwand, wie er aufgetaucht war, hatte die Alte schon gehofft, dass der Junge nur eine flüchtige Erscheinung gewesen war und die Knochen sich geirrt hatten. Ihre Tochter würde über diesen Kummer hinweg kommen und sich dem Kreislauf der Götter fügen. Doch er kam wieder, hatte einen eigenen kleinen Hof in Aussicht und wollte sie nun ganz offiziell als seine Braut dorthin mitnehmen.

Seitdem hatte die Alte an langen Abenden, wenn die Jüngere schon auf ihrer Strohmatte selig schnarchte, immer wieder die Knochen sprechen lassen. Sie konnte weiter sehen als die Tochter, die sicher nur ihren Auszug aus der Hütte und das anfängliche Zusammenleben mit Seán zu deuten vermocht hatte. Noch einige Jahre der Ausbildung, damit einhergehend wachsende Erfahrung und die Weisheit des Alters und die Tochter hätte die Mutter in ihrem Können übertrumpft, doch es war wohl ein anderes Schicksal für jene bestimmt.

Die Knochen zeigten immer das selbe Ergebnis: der Kreislauf wurde unterbrochen; sie würde mit einem Mann aus der Ferne leben, eine Familie gründen und als erstes Kind keine Tochter bekommen, sondern Zwillingsjungen. Erst sehr viel später sollte die Tochter folgen, welche mit einem Mann, dessen gesamte Existenz von Schatten umgeben war, einen Sohn von den Göttern empfangen würde. Die Knochen sprachen von Hund, Katze und Löwe... aber manchmal war die Deutung ungenau. Was jedoch unmissverständlich war: Dieser Sohn würde die Macht besitzen, das bisher bekannte Gefüge der Welt aus den Angeln zu heben. Aber die Alte würde dann schon längst zu den Göttern zurückgekehrt sein. Irgendwie war sie über diesen Umstand recht glücklich, denn jene Zukunft, welche die Knochen vorhersagten, verursachte ihr eine Angst, wie sie sie schon lange nicht mehr gespührt hatte.

Sie seufzte schicksalsergeben. Die Götter sprachen durch die Knochen, die Tochter konnte nichts für ihren vorbestimmten Weg. Die Alte zog das Gesicht der Jüngeren mit ihren runzligen Händen zu sich runter und küsste sie auf die Stirn. “Möge Nodons stets über Dich und die Deinen wachen, Amatheon Euch reiche Ernten schenken und Sulis Euch am wärmenden Feuer stärken. Ich segne Dich hiermit mit dem Wohlwollen der Einundzwanzig. Sichere Wege, Dir und Deinem zukünftigen Gatten.” Zufrieden mit diesen Worten nahm die Tochter ihr Bündel mit den wenigen Habseligkeiten. Sie versuchte die aufkommenden Tränen wegzublinzlen, dennoch gelang es ihr nicht ganz und schon lief ein Tropfen die rundliche Wange hinab. “Meine Tochter, ich werde immer bei Dir sein.”, murmelte die Alte und schob die Jüngere zur Tür. Und Ida trat in den morgendlichen Sonnenschein hinaus ...
[Bild: Cahira-Sig.jpg]
Herzlichen Dank an Morrigan!
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Im Strudel der Zeit - von Cahira Mendoza - 24.08.2015, 14:35
RE: Im Strudel der Zeit - von Cahira Mendoza - 29.03.2016, 16:48
RE: Im Strudel der Zeit - von Cahira Mendoza - 08.06.2017, 14:00



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