Der Weg der Füchsin
#8
VIII. Verlust
[Bild: 500px-Verlust.png]

05. Gilbhart 1402
Das Gesicht welches ihr aus dem Spiegel entgegen blickte war ihr fremd. Die letzten Wochen und Monate hatten ihr Falten in die Haut getrieben und die Farbe war fahl. Das Lächeln welches ihr jeden Morgen entgegenblickte war einer ernsten Miene gewichen und auch ihr Haar hatte einige weitere graue Strähnen bekommen. Nichts war mehr wie früher. War es nicht so, dass in den dunkelsten Stunden ein kleiner Hoffnungsschimmer die Nacht erhellte? Diesmal wohl nicht... Stattdessen sog der Verlust sie in einen tiefen Abgrund hinab wo nichts war außer Einsamkeit und Finsternis. Das Anwesen war so still geworden und es gab so viel zu erledigen. Sie sah sich nicht im Stande auch nur einen Teil von dem zu schaffen, was sie sich vorgenommen hatte. Es hatte so viel Kraft gekostet, mehr Kraft als sie hatte. Aber es musste weitergehen... irgendwie... also ging sie hinaus in die Wälder welche der Herbst bereits teilweise gefärbt hatte und klammerte sich an das Einzige was sie noch hatte - ihren Glauben. Der Wind war kühl und angenehm auf ihrer Haut und kühlte ihr Gesicht welches durch das Tränenvergießen gerötet und heiß war.
Als sie eine kleine Lichtung erreichte fiel sie auf die Knie und konnte ihre Trauer nicht mehr bändigen. Tränen flossen über ihre Wangen und ließen die Kühle des Herbstes schnell wieder vergessen. Es dauerte eine Weile bis der Schmerz abebbte und sie mit der gewohnten Leere im Brustkorb zurückließ. Aus ihrer Manteltasche zog sie eine Nähnadel und eine kleine Fadenschere. Die Schere nutzte sie dazu um eine kleine Locke ihres Haares abzuschneiden und die Nadel um in ihre Fingerkuppe zu stechen aus der ein Tropfen Blut quoll. Die Strähne rieb sie mit dem Blut ein und vergrub sie in der Mitte der Lichtung. Danach wird jeder, wer auch immer in der Nähe des Walds spazieren wird, eine leise gesungene Melodie aus dem dichten Wald hören. Würde man ihr folgen, so könnte man die Baronin in der Lichtung knien sehen und sie singen hören. Ein altes candarianisches Lied welches von Generation zu Generation bei den Fuchsenfeldes weitergereicht worden war und welches von der Liebe zu Familie und Freunden erzählt.

Wenn der Abend naht, ganz finster und leis,
finden wir uns ein am Feuerkreis

Und wer nie an Familie und Freunde denkt
und auch nie den roten Wein ausschenkt,
der soll bleiben, wo er ist.
Draußen weht gewiß ein kalter Wind,
doch die Feuer nicht erloschen sind.

Und wenn einer von uns geht,
das Tor nach Arkadien ihm offen steht.

Schatten flackern am Waldesrand.
Hat das Singen dich nicht längst gebannt.

Wer da glaubt, er könnt alleine gehen,
wird in dieser Welt verwehn.
[Bild: 72dklwax.png]
"Wenn du zögerst, hör auf dein Herz"
Elfie Fuchsenfelde

Baronie Hohenquell
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RE: Der Weg der Füchsin - von Elfriede Fuchsenfelde - 05.10.2015, 10:33



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