Tagebuch einer Wissbegierigen
#14
Die Adeptin sitzt in auffallend legerer Kleidung in der Küche. Neben und schräg gegenüber von ihr befinden sich zwei Männer in ein Gespräch vertieft. Bei einem handelt es sich um Siegfried Maximilian Jehann, beim anderen um Rellius Otai Goldähren. Beinahe könnte man meinen, dass die Eltern von Hermetikern eine Vorliebe  für lange komplizierte Namen hätten.  Am Tisch türmen sich schmutzige und großteils leere Schüsseln.

Sie hingegen nimmt an dem Gespräch sichtlich nicht teil, sondern beschreibt ihre Papiere. Wenn jemand sie gut zu deuten weiß, wird er feststellen, dass die in letzter Zeit oft beinahe entspannten oder heiteren Züge, nun auffallend unzufrieden wirken. Natürlich alles im Rahmen der Messgenauigkeit und im Hinblick auf ihr überschäumend emotionales Wesen.

Nur gelegentlich blick sie mehr aus dem Augenwinkel auf und betrachtet in der Regel den Eleven, wenn er mit der einen oder anderen Frage konfrontiert wird. Meist wirkt der Blick dann einen kurzen Moment zufriedener, dann erst wieder übellauniger sobald sich der Blick aufs Blatt zurück senkt.

Zitat:
Wochenmitte, 26. Brachet 1406, Küche in der Akademie der hermetischen Künste zu Löwenstein



Wie konnte ich auf die Idee kommen, dass ich eine gute Lehrerin wäre? Besonders für diesen Schüler.
Ich freue mich sehr über die Tatsache, dass wir einen neuen und in meinen Augen hoffnungsvollen Eleven in unseren Reihen haben. 
Bisher hatte er in meinen Augen, einfach nicht die richtigen Lehrer.  Aber sei es wie es sei, ich wäre sehr gerne bereit gewesen ihm die Grundlagen unserer Wissenschaft beizubringen. Aber dass es keine gute Idee ist, hätte ich mir fast denken müssen, als Meister Caetano, mich mit metaphorischen Herzchen in den Augen aufgezogen hat. 
Der Freude dass ein wenig Leben in die Mauern einkehrt, hätte ich nicht nachgeben dürfen. Keine Ahnung was zur Zeit in mich gefahren ist, dass ich mich von diesen ganzen unnützen Dingen ablenken lasse.

Ich habe mich freiwillig bereit erklärt ihn zu lehren. Zumindest die Grundlagen. Ich habe innerlich tatsächlich mit dem Gedanken gespielt die Laufbahn des Magisters anzustreben. Was auch immer mir auf den Kopf gefallen ist als ich davon ausging es wäre eine gute Idee mich von meinen eigenen Forschungen ablenken zu lassen.

Der heutige Abend hat mir gezeigt, dass ich davon die Finger lassen sollte. Aber das ist ja nun auch nicht mehr notwendig. Meiste Caetano lässt sich wieder regelmäßig sehen und Meister Jehann ist heute auch zurück gekehrt und sie haben direkt den Unterricht aufgenommen. Wenn ich bei ersterem noch einen Moment dachte, dass das was ich ihm erklärt hatte, nicht ganz schlecht gewesen sein kann und sich nur festigen muss, habe ich später am Abend eher gezweifelt ob ich die Meisterprüfung antreten soll. Schlicht weil ich keine Antworten auf Jehanns fragen weiß, da ich die Fragen nicht verstehe. Außerdem widerstrebt mir sein Umgang den er inzwischen an den Tag legt mit kritischen Nachfragen oder Ansichten die nicht seinen entsprechen.

Aber all das soll meine Sorge sein. Und Eleve Goldähren soll das dann ruhig das von jemand Anderem sein. Er hat sich ja ohnehin schon als Mentor angeboten, wenn er ihn überzeugen würde.
Zu den Gedanken wie wir sie bei unserer letzten Sitzung erarbeitet haben, weiß er vermutlich noch nichts. Ich stehe gerne weiter zur Verfügung als Mentor im Sinne dessen was wir uns ausgedacht hatten, aber unterrichten wird ihn nun wohl jemand anders.
Vermutlich ist dies auch am besten so. Sie haben mehr Erfahrung damit und  wohl auch bessere Bilder. Ich bin nicht geschaffen für den Unterricht und es ist eine unnütze Bürde, die Kräfte bündelt, die ich anderswo gut brauchen kann.

Aber ich will ehrlich sein... einen Moment fand ich den Gedanken schön zu lehren, vielleicht ein guter Lehrmeister zu sein, so wie es Meiner für mich war... Meine muss ich inzwischen sagen.

Ich habe so viele dieser sozialen Thematiken inzwischen erlernt, auch wenn ich nach wie vor wenig Wert darauf lege.
Aber eines will ich zugeben, nämlich dass ich ihn unsäglich vermisse. Er hat mich genommen und gesehen wie ich war, so wie ich war, war ich gut genug für ihn und dennoch hat er mich immer wieder gefordert, und gefördert. Er hat nie versucht etwas aus mir zu machen was ich nicht bin, aber hat mir gezeigt wo ich an meine Grenzen stoße und mir dann überlassen zu entscheiden ob mich das stört oder nicht.
Ich denke,  das war vielleicht einer der Gründe warum ich ihn gerne unterrichtet hätte. Vielleicht wäre ich einmal  gerne das für andere gewesen, was er für mich war. Es hätte einen Kreis geschlossen. Und auch wenn ich sonst nicht jemand bin der solche schrecklich symbolischen Dinge  pflegt, mag das meine sentimentale Seite sein, die ich sonst nie bemühe.

Aber letzten Endes ist es in Ordnung so, zumindest wenn man es nüchtern betrachtet...

Vielleicht versuche ich mein Glück doch noch einmal mit der Alkoholforschung.
 
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RE: Tagebuch einer Wissbegierigen - von Saturia Ansua - 27.06.2019, 00:48



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