Tagebuch einer Wissbegierigen
#7
Wieder einmal des Nachts im Schlafsaal der Akademie, beim Licht einer beinahe heruntergebrannten Kerze, wird die junge Frau im Bett liegen und leise kratzend Schreiben. Sie ist nicht ganz so dick eingemummelt wie sonst und auch die verstruwelten Haare und leicht rosanen Wangen lassen sie so auffallend menschlich wirken im Vergleich zu sonst. Fast wie ein junges Mädchen wirkt sie auf einmal.

Zitat:Freiungstag, 28. Nebelung im Jahre 1400, Schlafsaal der Eleven und Adepten, Hermetische Akademie, Löwenstein

Langsam bekomme ich Bauchschmerzen davon in all diese politischen Dinge verwickelt zu werden. Meisterin Drakenquell ist von der „Insel der Hoffnung“ wie sie die ehemalige Gefängnisinsel nun nennen, seitdem sie diese zur Quarantänezone für Keuchenkranke umgewandelt haben. Wie so vieles auch nur eine nette Verpackung für unangenehme Dinge. Die Menschen sind nicht in der Lage den Dingen ins Auge zu sehen und geben ihm deswegen harmlose Namen.
Die Akademie wurde nun zwangsverpflichtet sich gemeinsam mit der Kirche an die Erforschung des Ganzen zu machen. Sicher mag es eine potentiell interessante Forschung sein, aber ich hätte etwas selbstbestimmteres bevorzugt. Zumal Hexerei wirklich nicht unser Fachgebiet ist. Und eigentlich sollte ihnen das ach klar sein.
Wie dem auch sei. Im Zuge dessen hat sich die gute Meisterin Drakenquell nun wohl beschlossen den Aufstand zu proben. Sie begründet dies damit dass die Akademie unbeliebt ist in der Stadt. Natürlich sind wir unbeliebt. Wir sind eine offiziell anerkannte Ausbildungsstätte für Hermetiker. Die normalen ungebildeten Bürger fürchten sich vor uns. Sie sind dumm und unwissend und zu beschränkt um ein Verständnis für unser Wirken zu entwickeln. Und im Grunde ist es mir egal. So lange man uns in Ruhe forschen lässt, soll mich das alles nicht kümmern. Die Aufgabe des Rates ist nicht sich beliebt zu machen, denn wenn wir Schwäche zeigen wird irgendwer dennoch versuchen uns zu brechen eines Tages, sondern ihre Aufgabe ist es die Entschlossenheit zu demonstrieren die wir zeigen müssen um unseren Status zu sichern. Und mir ist bewusst dass man dafür Zugeständnisse machen muss, so wie in diesem Fall sich an der Forschung zu beteiligen. Deswegen werde ich mich auch daran beteiligen als wäre es meine eigene Arbeit. Je eher wir eine Lösung finden für dieses Dilemma, umso eher werden wir wieder Ruhe haben.
So oder so ist die momentane Magnifizenz eine verrückte und brillante Frau. Nicht unbedingt ein Sympathieträger, aber sie hält uns den Ärger vom Hals, und ich bin froh dass sie das tut, denn möge Ogma uns gnädig sein, wenn jemand weicheres an die Spitze kommt, der versucht es allen recht zu machen.
Für die Beobachtungsgabe und Informiertheit der guten Meisterin spricht es ja nicht mir diesen Brief zukommen gelassen zu haben. Natürlich informiere ich sie. Oder genauer meinen Meister. Wobei es nicht nur eine Frage der Loyalität ist, sondern einfach dessen schlimmeres zu verhüten. Dennoch, im Zuge des Gespräches, stellte ich mir auf einmal diese Frage. Würde ich solch eine Entscheidung auch aus Loyalität heraus treffen? Sicher, ich habe mich verpflichtet ihm unter die Arme zu greifen und er mich zu lehren, aber dennoch war Loyalität ein Thema das mich nie beschäftigt hat. Loyalität ist etwas was Menschen die so wie ich dem Phragmatismus frönen, keine hohe Relevanz hat. Aber Loyalität kann auch nützlich sein. Denn wenn man weiß wem gegenüber man nicht zweifeln muss, nimmt dies viele Unannehmlichkeiten von einem. Aber vermutlich sollte ich solche Gedanken, gerade in dieser Verbindung schnell wieder aus meinem Kopf verbannen. Ihm war es jedenfalls erstaunlich bis jedenfalls nicht selbstverständlich als ich ihm den Brief übergeben habe. Ich hoffe er kann sie bewegen es nicht hinzuwerfen. Einer Abwahl sehe ich nach dem später folgenden Gespräch eher gelassen entgegen.
Und so wusste der Akademierat von der Geschichte schon bevor sie es überhaupt an den Großteil der interessierten Hermetiker tragen konnte.

Ich frage mich aber dennoch wieso sich seit neuestem so viele so komplexe nicht fachgebundene Gedanken in meinen Kopf schleichen. All das sollte mich nicht kümmern. Es sollte mich auch nicht kümmern wenn der Meister so besorgt drein schaut und so müde und erschöpft. Ich merke wie die vielen Pflichten ihn auffressen. Ich habe es gesehen an diesem ersten Tag als ich ihm anbot diese Ausarbeitung und Einladung für ihn zu schreiben. Die Ausarbeitung für eines von vielen Themen die erledigt werden müssen und stets wegen all dieser Unwägbarkeiten liegen bleiben die täglich geschehen. Und schon an diesem Tag habe ich dieses seltsame Gefühl wahrgenommen, das ich nun einzuordnen vermag. Mitgefühl. Sehr langsam kann ich diese Dinge die mir so fremd sind einordnen. Schlicht: ich mag ihn. Ich schätze sein Wissen, aber ich mag ihn auch als Mensch. So wie ich auch Lyn mag. Es ist seltsam, aber wohl nicht besorgniserregend. Anderen geht es schließlich auch so. Ich sollte nicht viel Zeit darauf verschwenden darüber zu grübeln und es einfach hinnehmen.
Aber seine Worte, dass sich bald Dinge ändern werden und mir dies nur um Vorteil gereichen wird, weil er dann mehr Zeit für seine Schüler hat, stimmen mich dennoch etwas besorgt. Aber er wird wohl die richtige Entscheidung treffen, worum auch immer es gehen mag.
Er war jedenfalls zufrieden damit, dass ich die Prüfung bestanden habe. Wie genau das war garnicht so erheblich.

Aber ich freue mich schon auf zukünftige Forschung. Und ich empfinde es in der Tat als angenehm Menschen um mich zu haben vor denen ich meine Art und mein Denken nicht rechtfertigen muss, sondern die mir sagen ich soll mich nicht um etwas bemühen, was nicht meiner Art entspricht.

In dem Haifischbecken als das sich die Akademie heute dargestellt hat, einige hatten nämlich tatsächlich wohl ein diebisches Vergnügen gezeigt die Meisterin aufzustacheln und über Revolution zu reden, kann es nur gut sein, Leute an seiner Seite zu wissen, die sich von solchen Dingen fern halten und mit denen man sich den wichtigen Dingen widmen kann. Ich sollte dafür sorgen, dass Lyn sich schnellstmöglich weiterbilden kann. Vielleicht bekomme ich ja vorab die Erlaubnis ihr einige Grundlagen zu erläutern.

Hier folgt ein großer Tintenfleck, der sich auch über das Bettlaken zieht. Die Feder hatte eine Weile geruht und ihr waren schon langsam die Augen zugefallen. Als sie dann die Federspitze etwas zu energisch in das Tintenfass tunkt, um doch noch weiterzuschreiben, bekommt dieses einen Überhang und ergießt sich über den Schlafplatz. Das Buch wird als erstes gerettet, dann die Reste im Fässchen, dann wird die Schlafunterlage einfach mit dem Kleiderärmel trockengetupft und sie legt sich schlafen. Schnell wird der Atem friedlich.
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RE: Tagebuch einer Wissbegierigen - von Saturia Ansua - 01.12.2013, 22:11



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