FSK-18 Von der Holzfällerin zur Ritterin
#11
Die Meeresluft umschmeichelte die junge Frau wie eine Hand die liebevoll durch das Haar eines kleinen Kindes streichelt. Frische Luft, klare Luft. Luft zum atmen. Das diese Luft kalt war, doch das störte nicht sonderlich. Saß sie doch keine zwei Schritt vom wärmenden Feuer entfernt. Der Zwiebeleintopf fühlte sich in ihrem Mund und ihrer Kehle an als würde sie flüssiges Glück schlucken. Die anderen Wachen und Soldaten hatten sie zwar schief angesehen, aber aufgehalten hatte sie niemand. Das konnte auch daran liegen das sie von oben bis unten voller Blut war oder daran das ihr Blick wirkte als wolle sie Fels damit schneiden. Nicht einmal die Feldscher trauten sich in ihre Nähe, wahrscheinlich waren sie der Meinung die Platzwunde sei zu klein oder schon voller Schorf oder aber niemand wollte in diesem Augenblick mit Valyra zu tun haben. Im Grunde war sie sehr froh darüber. Dann näherte sich leises Scheppern dem Feuer. Nicht viele trugen hier eine Plattenrüstung. Man konnte die Träger einer solchen an einer Hand abzählen. DAS bedeutete Ärger. Nun zumindest eine unangenehme Situation. 

"Unerlaubtes entfernen von der Truppe, nicht antreten zum Dienst oder gar... Desertation? Aber... um fair zu bleiben, möchte ich gern deine Seite hören. Was ist vorgefallen?" Leutnant Kordian stand in seinem Panzer aus Rabenstahl vor ihr, die Hände wie immer vor der Brust verschränkt. Sein Blick war ebenso kalt und starr wie der von Valyra, doch sie wusste das hinter der Macht seiner Augen auch Sorge steckte. Fürsorge um genau zu sein. Darum hatte niemand bisher Valyra gepackt oder zur Rede gestellt. Hart wie ein Diamant - fair wie die Waagschalen des Lebens. Valyra konnte seinem Blick nicht standhalten. Wieder einmal sah sie zu Boden. Egal was für dunkle Gefühle in ihr tobten, sie galten nicht ihren Kameraden, nicht ihren Freunden und schon gar nicht ihrem Vorgesetzten. 
'Reiß dich zusammen. Er wird dich nicht fressen, oder?' Nein das würde er nicht. Aber er verdiente die Wahrheit. Erneut würde sie alles ausgraben müssen was sie unter einem Gefälle von Blut ertränkt hatte. 

"Ich hatte Feindkontakt." Seine Augen bewegten sich nicht. Er blinzelte nicht einmal. Natürlich würde ihm dies nicht reichen. Offenkundig war er nicht in der Stimmung ihr jedes Wort aus der Nase zu ziehen. Seufzend fuhr sie fort. Sie erzählte ihm alles was vorgefallen war, alles was ihr dieser miese Bastard ihr angetan hatte. Jede noch so ekelhafte Schandtat die er eingesetzt hatte um ihre Würde zu zertrümmern. Als sie fertig war sah sie zu Kordian hinauf, mittlerweile stand er vor ihr. Sein Blick war nach wie vor hart, aber ähnlich wie ein guter Ofen, war dieser Blick warm. Für einen Lidschlag konnte man eine Spiegelung in seinen Augen sehen, welche die Form einer Gans hatte. Vor ihr stand kein Feldherr oder General an der Front, vor ihr stand ein Soldat besser gesagt ein Kamerad dessen Herz Sulis folgte. Er nahm ihre Hand und untersuchte die frischen Schürfwunden an den Handgelenken. 

"Hat er dir noch anderes angetan?" Die Stimme war analytisch und kühl, trotzdem konnte Kordian nicht verstecken wie groß seine Sorge war. Valyra schüttelte den Kopf. Bis auf ihre Würde, fehlte ihr nichts. 
"Kraft meiner neuen Befugnisse und unter Berücksichtigung der eingetroffenen Verstärkungen, beordere ich dich mit sofortiger Wirkung in den Fronturlaub und versetze dich umgehend nach Ravinsthal zurück. Wir reiten in einer Stunde, pack deine Sachen." Die junge Kriegerin hob an etwas zu sagen, aber ein Blick reichte aus um sie zum Schweigen zu bringen. Die erste Regel der Garde Ravinsthals lautet - Befolge die Befehle der Vorgesetzten. In diesem Augenblick würde nicht einmal eine Horde Indharimer den Leutnant aufhalten können sie von hier fort zu schaffen. Hier und jetzt gab es keine Kriegerehre, keine Soldatenkameradschaft oder gar den Drang nach Ruhm. Hier zählte nur eines... Schutz. Eine Platzwunde hätte er übersehen, einen Stich in den Bauch hätte er verbinden lassen und sie hier behalten, eine ausgekugelte Schulter und sie dürfte Morgen schon wieder auf der Palisade stehen. Aber dies hier war anders, jemand hatte einen seiner Soldaten auf eine Art und Weise verwundet die hier an der Front nicht geheilt werden konnte. Schon nach wenigen Stunden straffen Galopps tauchten die Umrisse der Burg in der Dämmerung auf. Vor der Wache banden sie ihre Pferde nahe des Wassertrogs an. 

"Rekrut, ich habe einen Auftrag für dich, sieh auf dem Rabenhügel nach ob du die Vatin Anouk findest. Melde ihr das wir in der Taverne sind und uns über ihre Anwesenheit freuen würden. Den Rabenhügel findest du wenn du den Treppen am Heilerhaus folgst." Valyra salutierte und machte sich auf den Weg. Zumindest schrieb er sie nicht vollends ab. Sie würde sich in seinen Augen schon wieder beweisen. Vorerst hatte er wohl Recht. Die Stufen waren nach dem längeren und scharfen Ritt schon nervig, aber immer noch besser als irgendwo in einem Bett zu liegen und die Decke an zu starren. Auf dem ersten Plateau angekommen fiel Valyra direkt die Kinnlade herunter. Dieser Ort war ... magisch. Anders konnte man es einfach nicht sagen. Sie schritt an einen der großen Runensteine näher heran. Ihre Hand reckte sich nach den Symbolen, dennoch zögerte sie. 

"Beeindruckend, nicht wahr?" Anouks Stimme flog durch die Nacht wie ein Pfeil. Valyra zuckte zusammen. Getroffen von einem entwaffnenden Wort oder Schuss, hielt sie inne und hob abwehrend die Hände. Nuschelnd erklärte die junge Frau der Druidin das sie nichts angefasst hat. 
"Was ist passiert, Valyra?" "Passiert?" Valyra versteckte ihre Hände hinter dem Rücken. Anouk entblößte ihre Zähne, wie so oft konnte Valyra nicht unterscheiden ob sie gleich gefressen würde, oder ob die Vatin lächelte. 
"Du glaubst doch nicht allen Ernstes das du eine Vatin des Rabenkreises mit so einer albernen Maskerade täuschen kannst? Ich frage also nur noch einmal, was.. ist.. vorgefallen..?" Auch der Vatin erzählte Valyra die ganze Geschichte. 
"Darum warst du also nicht bei der Opferung für Artio. Mir war schon klar das du ihr nicht freiwillig fern geblieben bist." Während sie sprach, ging sie auf verschlungenen Pfaden zu einem Ort der hinter dem lag was man als Fassade des Rabenhügels bezeichnen könnte. Dem Ritualkreis. Valyra schauderte während ich ihre Nackenhaare aufstellten. Der Fremde hatte alles gefressen was sie für Artio gesammelt hatte. Wie ein schüchternes Reh trat sie auf die freie Fläche. Immer wieder sah sie sich um, immer wieder schluckte sie ihre aufkeimende Furcht hinab. Wie gebannt hielt Valyra irgendwann am Rande des steinernen Ritualkreises an. Anouks Stimmte erklang hinter ihr und zwang ein weiteres Mal, jedes noch so kleine Härchen an Valyras Körper sich aufzurichten. 
"Dies ist das letzte Mal das du diesen Ort als Mithras Gläubige siehst." Nun war es soweit. Valyra konnte sich nicht mehr bewegen. Sie war so dumm ihre Opfergaben zu verlieren also würde Anouk, Artio nun auf ihre Weise beruhigen und was wäre passender als das erjagte Reh auf dem Altar von Fels und Blut zu opfern. 

"Sind dir die 21 bekannt, Valyra?" "Ja das sind sie," sprach die junge Frau nachdem sie an ihren Fingern alle 21 abgezählt hatte. Sie würde nicht geopfert.. sie würde.. wieder diese Lähmung. Anouk fragte die Rekrutin über die Götter aus. Welche Sagen kannte sie, welches Bildnis stellt welchen Gott dar und wofür stehen die Götter. Valyra antwortete jedes Mal so wahr wie es ihr möglich war und dennoch war es als würde sie diese Szene wie durch einen Schleier erleben. Anouk trat in den Steinkreis und deutete Valyra ihr zu folgen. Sie positionierte das Mädchen in der Mitte des Kreises. 
"Warum glauben wir an die 21?" 
"Ich glaube an die 21 weil es sich richtig anfühlt. Sie schenken mir Freiheit. Sie waren schon immer hier und werden immer hier sein. Von ihnen gehen Wärme und Kälte aus. Licht und Schatten. Feuer und Wasser. Sie sind alles um uns herum und alles was wir Tag für Tag erleben. Die 21 dringen durch mein Herz in diese Welt und aus dieser Welt in mein Herz hinein. In ihren Armen fühle ich mich frei."
"Warum glauben wir nicht an Mithras?" Valyra grummelte bei dem Namen, diese Antwort würde alles entscheiden. Nicht weil die Druidin darüber urteilen wollte, sondern weil Valyra sich sicher war. Sie musste es nur noch aussprechen um den Pakt mit sich selbst zu besiegeln. 
"Ich glaube nicht an Mithras weil er ein falscher Götze ist, erschaffen von Menschen um andere Menschen zu verängstigen und zu kontrollieren. Mit seinen schwarzen Flügeln und seinem Schwert treibt er die Unwissenden in die Dunkelheit, auf das sie im Schein der letzten wärmenden Feuer seinen Namen brabbeln. Aus dieser Furcht nährt er seine falsche Macht. Seine Priester sind Schausteller die nach dieser Macht gieren. Der Glaube an Mithras ist kein Glaube an einen Gott, es ist ein Bündnis zwischen Angst, Schwäche und faulender Dekadenz." Valyra schaute starr gerade aus, sie konnte nicht sehen wie die Lippen der Druidin ein Lächeln formten.

Irgendwo in der Ferne erklang ein leises Grollen, Wolken schoben sich vor den Mond und gaben sein Licht wieder frei. Vereinzelte Schleier von Nebeln zogen zwischen dem Mond und den Frauen umher. 
"Die Götter sind sich uneins. Bist du bereit ihnen etwas zu geben?" Viel zu lange schon, dachte Valyra über diese Frage nach. Was war ihr nicht alles in den Sinn gekommen. Doch letzten Endes konnte die Antwort keine andere sein, als jene die auf ihrer Zunge lag. 
"Ohne die 21 würde ich noch in einem wabernden Meer alles verschlingender Finsternis leben. Ohne die Kraft der 21 würde ich noch in den Fängen des wilden Irren sein. Ohne die 21 würden mein Leib und meine Seele nicht mehr sein. So biete ich ihnen nichts geringeres als mein Blut und mein Leben." Es mochte nur einen Bruchteil lang dauern. Nicht genug um mehr als einen Lidschlag zu tun, doch für diesen einen Moment, war das Licht in ihren Augen strahlend hell und hart genug um selbst den Blick von Kordian zu zerschmettern. Eine nie gekannte Entschlossenheit raste durch den Körper der jungen Soldatin. Ihr Blut pulsierte in ihren Adern, ihr Herz schlug laut genug um die Grundfesten Ravinsthals zu erschüttern selbst ihr Magen stimmte in das tosende Gewitter ein, dass ihr Körper beinhaltete. 

((Musik))

Es gab keine Warnung, es gab keine Aufforderung es gab nur die Worte und die Schmerzen. 

"Weisung - Schmerz" flüsterte der Blitzschlag, und fuhr durch die Rüstung und Haut Valyras hindurch. Es fühlte sich als würden aber tausende kleiner Eiskristalle ihren Leib zerschneiden. 
"GRAAAAAAAAAAAHAAARRRRRRRR." Sie schlang die Arme um ihren Leib versuchte zusammen zu halten was ihr Körper sein sollte. 

"Weisung - Schmerz" röhrte der Hirsch im Unterholz und sein Blick bohrte sich tief in die Eingeweide des Mädchens. Sein Geweih nahm sie hoch und warf sie wieder auf den Boden.

"Weisung - Schmerz"  schrie die Eule in der Nacht und trieb ihre Krallen in den Rücken Valyras. Ihr Schrei im Mondlicht erschütterte die seelischen Grundfesten Valyras. 

"Weisung - Schmerz" Kläffte der Wolfshund und grub seine Fänge so tief in den Oberschenkel Valyras, dass sie in die Knie ging. Keuchend, schnaufend und einer Ohnmacht nah. 

Eine Hand schlich sich in die Haare der jungen Frau und bog den Kopf in den Nacken. Im Mondlicht blitze eine Silber verzierte Klinge aus Damaststahl auf. Nur einen Herzschlag später lag das kalte Metall an ihrer Kehle. Valyra wollte sich nicht wehren, selbst wenn sie es gekonnt hätte. Wenn dies das Ende war, würde sie Stolz sein. Stolz darauf das die Götter ihr Leben als Opfer akzeptierten. Mit weit aufgerissenen, stahlblauen Augen sah sie in den Himmel und nickte ganz schwach. Von ihren Lippen konnte Anouk das tonlose -Ich bin bereit- lesen. Die Druidin zeigte wieder ihre strahlend weißen Zähne. Ob es dieses Mal wieder ein Lächeln war konnte Valyra nicht sagen. "Nun sehet das Opfer dieser Frau."

Dann, ein sauberer Schnitt, ein letzer Schmerz und ein letztes Blinzeln Valyras. 

Der Dolch fiel zu Boden. Valyra fiel zu Boden. 

Die Zeit schien diesen Augenblick in eine Ewigkeit zu wandeln. 

Blut rann aus ihrer Kehle und bedeckte auch die letzten sauberen Stellen ihres Körpers. 

Arme fingen Valyra auf. 

"Nun hast du ihnen alles gegeben." Die Stimme wehte durch die Nebel die mehr und mehr des Ritualplatzes verschlangen. Augenblicke schlichen dahin, helles rotes Blut sickerte auf den Boden, eine Hand entließ die Robe in die sie sich krallte. Minuten vergingen, das erste Mal setzte das junge Herz einen Schlag aus. Es wurde dunkel. 

"Heilung - Sturm." Wie ein Chor aus fünf Stimmen erklangen diese Worte, sie waren weit weg. Sehr weit. Aber sie entzündeten ein Licht. Eine kleine Fackel in der Dunkelheit. Eine Flamme der Hoffnung die nun Wärme spendete. Der Lebensfunke, der vor einem Augenblick noch im Begriff war für immer zu erlöschen, erholte sich. Er half der Flamme die Dunkelheit zu vertreiben. Schritt für Schritt kämpften die beiden sich durch die Finsternis. Schlussendlich vereinten sie sich... und nach dem Öffnen ihrer Augen sah Valyra einzig und allein den klaren Mond. Wie aus feinstem Marmor gehauen hing er dort oben und warf sein Licht auf Valyra und die Frau die sie seit gefühlten Jahren im Arm hielt. 

"Willkommen in den Reihen der Mondwächter, Valyra." Die junge Frau blinzelte ein weiteres Mal. Es dauerte lange bis sie die Worte richtig verarbeiten konnte. Tränen rannten dabei über ihre Wangen und fielen in die Blutpfütze unter den Frauen. Anouk gab ihr diese Zeit. Erst nachdem Valyra sich klar war, in welcher Situation sie nun war, bot sie ihr an ihre Schicksalsgötter zu deuten. Valyra stimmte zu und setzte sich mit Hilfe der Druidin aufrecht hin. Geheimnisvoll nahm Anouk einige hölzerne Stäbchen aus einem Beutel. Ein Wurf. Dann beugte sich die Druidin über das Ergebnis, nahm eines der Stäbchen und verkündete...

"Nodons, er ist der Schildwall der Heimat. Der Heiler des Grundes." Valyra ballte ihre Faust so gut es ihr möglich war. Sie wusste nicht wieso aber sie hatte gehofft er wäre unter ihren Schicksalsgöttern. Es fühlte sich wie ein kleiner Sieg an. Doch für wen? Die Druidin barg ein weiteres Stäbchen.

"Branwen, er ist die Wildheit und Fruchtbarkeit, der leidenschaftliche Rausch." Die junge Soldatin blinzelte. Genau diesen Zeitraum dauerte es ihre Wangen in sanftes rot zu tauchen. Hoffentlich würde er nicht sobald auf sich aufmerksam machen. Der dritte Stab wurde in die Höhe gehalten. 

"Taranis, Meister über das Wetter und die Gewitter. Der ungeduldige Sturmbringer." Ungeduldig, das konnte Valyra noch einsehen. Aber sie, die kein Wässerchen trüben konnte sollte einen Sturm entfachen. Vielleicht gab es etwas an ihm das sie noch nicht verstand. Ein letztes Mal griff Anouk nach einem Stäbchen.

"Galates, der stille Wächter der Erinnerungen. Der stumme Hüter der Geheimnisse." Wächter der Erinnerungen.. Valyra lächelte, willkommen in meinem Herzen, Wächter. 

Valyra ließ sich von Anouk aufhelfen. Doch der Drang den sie vor Kordian so erfolgreich unterdrückt hatte war dieses mal zu stark. Tränen überströmt umarmte sie die Druidin und dankte ihr mit belegter Stimme. Es dauerte lange bis sie die Druidin wieder freigab. Dann machte sie sich auf zur Wache. In keinem Augenblick ihres Lebens, von der Geburt bis jetzt, war sie glücklicher.
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#12
Der Wind trieb die letzten, Schnee verklebten Blätter durch die Straßen und flüsterte leise seine Melodie vom unbarmherzigen Winter. Kordian hatte Recht behalten. Wache stehen war so ziemlich das langweiligste was man sich vorstellen konnte. Man hatte viel Zeit zum nachdenken, zuviel Zeit zum nachdenken. Lawin, Aki, Rielaye. Namen die ihre durch den Kopf gingen. Zu jedem dieser Namen ein Bild das sie vor sich sah und zu jedem dieser Bilder ein Gefühl das sie verspürte. 

Das erste war schon einige Tage her. Es begann im Tanzenden Troll, Isabelles Taverne in Rabenstein. Der Abend hatte begonnen wie jeder andere. Die Wache war rum, man saß beieinander und trank den einen oder anderen Met. Gesichter kamen durch die Qualmwolken und verblassten ebenso schnell wieder. Wie ein monotones Summen trieb der Abend an ihr vorbei. Bis ein bekanntes Gesicht neben ihr auftauchte. Lawin Herbstlaub. Eine Stimme wie flüssiges Gold, schleichend wie die Katze in der Nacht und so glatt wie ein frisch gefangener Aal. An der Front war Valyra sich niemals sicher ob er ihr in den Rücken stechen, oder sie auch aus der tiefsten Scheiße ziehen würde. Dieser Mann konnte Lächeln während er den Dolch in deinem Rücken herum drehte. Der Abend wurde wieder klarer, und auch die Worte die man miteinander sprach. Bis dann schlussendlich die Frage gestellt wurde die diesen Abend ausmachte. 

"Und was hälst du nach alledem wirklich von mir?" Seine Augen dreht einen Kreis innerhalb der Höhlen, nur Sekunden später war aber wieder dieses monotone Lächeln da. 
"Was ich von dir halte? Du bist niedlich. Ehrlich gesagt spiele ich mit dem Gedanken dich gleich hier über den Tisch zu werfen und eine Menge Spaß mit dir zu haben." Aus - Vorbei - Ende. Kein Versteck spielen mehr, keine unterschwelligen Andeutungen. An der Front hatte sie ihn oft und lange für einen guten Kumpel oder Kameraden gehalten. Ja seine Anspielungen waren immer da, allgegenwärtig möchte man meinen. Aber in DIESER Form? 
Valyra war so perplex, dass sie nicht wusste was sie sagen sollte. Jedem anderen hätte sie sofort eine geknallt. BAM. Fertig. Warum gelang ihr das bei ihm nicht? Was sie dann sagte, schockierte sie noch mehr.

"Warum tust du es nicht?" Die Frage, wie sie gerade auf diesen Unfug gekommen war brannte zwischen ihren Schläfen. Seine Reaktion war auch nicht hilfreich dabei die Situation zu entspannen. Als er sagte, er fände keine Befriedigung darin ihr Herz zu brechen, schien es anfangs wie ein Sieg für Valyra. Ein Sieg von der Sorte den die Indharimer feierten als sie ein paar Meter matschigen Boden eingenommen hatten. Ein Sieg mit einem faden Beigeschmack. Konnte dieser Mann wirklich mehr sein als der ewige Täuscher? Konnte tief in ihm wirklich irgendwo jemand stecken der Achtung vor Frauen und vor den Gefühlen anderer besaß? Sie hörte nur ihre Erwiderung auf seine Aussage.

"Dann brich es nicht." Sein Lächeln war so bitter, das jeder Met im Umkreis von mehreren Metern sauer wurde. Sie verbrachten Minuten schweigend und dann noch mehr mit Gerede über ein Was wäre wenn. Jedes seiner Worte war wie glitzernder Tau der an einem einsamem Blatt herab perlt. Erfüllt von wundervollem Licht des Morgens, getragen von den zärtlichsten Winden. Das konnte nicht sein, er war nicht so schlimm wie alle sagten. Ihr Herz schlug schneller, das Rot auf ihren Wangen war schon längst nicht mehr von Scham erfüllt. Blut rauschte durch ihren Körper wie ein tosender Strom. Es durchbrach Wände von Hemmungen und bahnte sich seinen Weg hinab an einen Ort in Valyra den sie bisher so sorgsam verschlossen gehalten hatte. Es waren genug Worte daher geschwafelt, genug Kommentare in den Raum geworfen und es waren mehr als genug Anspielungen gefallen. Es wurde Zeit heraus zu finden was hinter den großen Worten dieses Mannes steckte. 

Sie wollte die Erinnerung verdrängen. Ging aber nicht. Seine Hände erkundeten ihren zitternden Körper. Gierig auf das was kommen würde, drängte sie sich jeder Berührung entgegen. Dann legte sich ein blutroter Schleier über die Szenerie. Eine andere Welt, hier gab es nur sie und ihn in einem ewigen Ringkampf von Gefühlen und Begierden. Aus ihrem Innersten drängte sich gleißende Hitze empor und zwang Valyra sich diesem Kampf zu stellen. In dieser Nacht trafen ihre Blicke sehr oft, jene des Gehörnten. Im Spiegel seiner schwarzen Pupillen sah sie sich. Sich vor Wollust windend lag sie unter einem tiefroten Schleier aus Mann und Begierde. Es dauerte bis in die Morgenstunden, bis dieser Rausch endlich von ihr abließ.

Den Preis für diese Nacht zahlte sie in den folgenden Tagen. Gedanken an ihn, Blicke der anderen und den Spott jener denen sie es hatte erzählen müssen. Isabelle allen voran. Sie war Isabelle nicht böse, dennoch war jeder Augenblick in ihrer Nähe wie ein Haufen Nadelstiche. Viel mehr Angst verspürte Valyra als es daran ging zwei anderen Leuten von diesem Vorfall zu berichten. Die Vatin bleckte ihre Zähne so sehr das Valyra glaubte es sei um sie geschehen. Das Knurren aus der Kehle der Druidin klang bedrohlich genug um Narbenfell für immer aus diesem Lehen zu jagen. Es gab keinen Zweifel daran das sie Lawin am liebsten einige Körperteile abschneiden würde. Vornehmlich solche die er auch vermissen würde. Im Gegensatz dazu nahm es Kordian deutlich entspannter auf. Auch er ließ keinen Zweifel offen, dass er Lawins Art nicht schätzte, aber zumindest gestand er Valyra zu diesen Fehler gemacht zu haben und ihn nun ausbaden zu müssen. 
"Denk daran, Mädel.. er ist keiner mehr von uns. Das Geld aus Löwenstein hat ihn verändert. Er ist wie ein Fähnchen das dem Wind des Goldes folgt. Wie treu kann er dir aus Liebe sein wenn sein Herz das Gold liebt?" Kordian meinte es nicht böse, doch immer wenn er sie so nannte lief ihr ein Schauer über den Rücken. Er sagte von vorn herein er sei befangen weil er Lawin nicht mag. Aber als er diese Worte aussprach zerbrachen so viele Hoffnungen in der jungen Kriegerin, dass es Wochen dauern würde sie Splitter zusammen zu kehren. Die Ehrlichkeit des Vorgesetzten holte Valyra aus ihrem Traumland zurück. Auch wenn es etwas in ihrer Brust für immer einmauern würde, es wurde Zeit klare Fronten zu schaffen. 

Die Tage zogen dahin, der Schmerz wurde weniger. Etwas anderes wuchs in ihr. Aber es war keine Zeit sich damit zu beschäftigen. Nicht jetzt. Bevor sie ihren Dienst in der Garde weiter führen durfte, war eine Untersuchung notwendig. Tauglichkeit. Valyra spie auf den Boden nahe des Südtores als sie daran dachte. Die Wochen an der Front, die Zeit die sie hier schon gestanden und gewerkt hatte und trotzdem wollte der Leutnant das eine Heilerin sie begutachtete. Es gab keinen Weg drum herum also machte sie sich auf den Weg zu Heilerstube. 
Die Frau die ihr öffnete verwies sie an Rielaye die eigentliche Heilerin. Da waren sie wieder diese Blicke die Valyra nicht verstand. Lächelte die Heilerin wegen ihr oder mit ihr? Musterte diese Frau sie wegen dem was sie sah oder was sie sehen musste um sie zu untersuchen? Eines war auf jeden Fall kaum zu verhindern und trat auch promt ein als es hieß 'Freimachen'. Valyra schämte sich, sie wusste nicht einmal wofür. Ohne eine Chance darauf es abwenden zu können, färbten sich ihre Wangen wie reife Tomaten. Tasten hier. Herumdrücken dort. horchen mit einem Gegenstand der seltsamer nicht aussehen konnte. Valyra betete innerlich nur, es möge schnell vorbei sein. Als die Heilerin dann erwähnte, das sie die niedlichste Gardistin sei die jemals hier untersucht wurde, war es aus. Der Blick der Kriegerin klebte am Boden. Als dann aus dem Vorraum noch eine Männerstimme erklang war es wieder einmal soweit. Die Grenze war erreicht. Wieso waren ihr solche Situationen so unangenehm? Glücklicher Weise bekam sie ihre Tauglichkeit bestätigt und konnte sich sehr bald verabschieden. Als sie hinaus trat und die kühle Luft tief in sich aufnahm, wurde es schnell besser. Nun lag nur noch ein Termin zwischen ihr und dem Appell. Valyra schnaubte kurz, ein Termin. Der hätte es aber in sich. 

Aki Durán war der Schmied Rabensteins und der Garde. Wenn man nach den anderen Gardisten und dem Leutnant ginge war er ein Meister seines Faches. Sowohl was das Schmieden anging, aber auch in Sachen Folter. Er war nahezu immer schlecht gelaunt und ließ nur selten ein gutes Haar an irgendwem oder irgendwas. Manche behaupteten sogar sie würden lieber gegen eine Horde Indharimer ringen, als eine Stunde mit Aki in einem Raum zu sein. Valyras Knie schlotterten entsprechend schon, als sie in die Räume der Garde kam. In eher dünner ziviler Kleidung wartete sie darauf, dass im Nachbarhaus das Licht anging. 'Letzter Gong vor der Hinrichtung, Deliquenten bitte links einreihen.' Ihr Bauchgefühl war keine große Hilfe wenn es darum ging sich zu beruhigen. 
"Dann wollen wir mal, Rekrut. Licht ist an, das bedeutet er wird da sein." Als sie die Schmiede betraten gingen Valyra beinahe die Augen über. Noch nie hatte sie so viele Bauarten von Rüstungen gesehen. In jedem Metall, in jeder Form glänzten sie. Nahe der Esse stand er. Seine Größe war mehr als beeindruckend. Er reichte beinahe an Kordian heran, aber seine Schultern waren deutlich breiter. Arme aus denen Artio wohl lieber die Oberkörper von Bären geformt hätte und ein Gesicht das keinerlei Zweifel daran ließ, das er heute keine gute Laune hatte. 


Die beiden Kerle behandelten sie wie Luft. Aki ließ keine Gelegenheit aus zu nörgeln, sie zu bemängeln oder sie gar zu beleidigen und Kordian grinste die meiste Zeit als würde er gerade in Met baden. Nachdem der Schmied sich um Kordians Belange gekümmert hatte war nun Valyra an der Reihe. Als sie vor ihm stand war seine Präsenz noch beeindruckender. Dieser haarlose Bär könnte ihr mit einer Hand um den Hals greifen und ihn durchbrechen wie einen morschen Zweig. Kordian erläuterte welche Art Rüstung sie derzeit tragen musste, in Ermangelung von Alternativen. Als Aki hörte das sie einen Helm aus Rabenstahl trug traten Flammen aus seinen Augenrändern. Zumindest soweit es die Erinnerung der jungen Soldatin anging. 
"Wenn der Rekrut mit dem Helm abhaut, finde ich sie, und sorge dafür das es der letzte Helm war den sie getragen hat." Kordian versicherte ihm das Valyra ihre Eide geleistet hatte und das er der Meinung war, sie würde zu ihnen stehen. Der Schmied quittierte dies mit einem Schnauben. 
"Was soll sie denn bekommen? Lamelle, Schiene was traust du ihr zu?" Kordian tendierte zu einer Vollplatte, was den Schmied wohl dazu animierte sie nochmal zu mustern.
"Die knickt doch ein wie ein Ästchen im Wind."
"Werde ich nicht!" So sehr die Wut in ihr auch hoch kochte, mehr brachte sie nicht heraus. Am liebsten wäre sie gegangen. Wenn dies eine Bedingung des Leutnants für den Garde Dienst war, sollte er sich ihren Eid dort hin klemmen wo keine Sonne scheint. Doch anstatt den beiden ihre Meinung zu sagen entschuldigte sie sich nur kleinlaut. 'So verschafft man sich Respekt.'

Während er sie umrundete stellte sich jedes noch so kleine Härchen auf Valyras Körper auf. Sie wusste warum die meisten ihn lieber mieden. Er strahlte nicht den Horror der Front und der Indharimer Missgeburten aus, aber etwas an ihm war unfassbar düster. Animalisch. Ein beißender Schmerz in der Kniekehle holte sie zurück. Offenbar war das seine Art zu zeigen das er niemanden bedienen würde der hier rum zitterte. Valyra atmete tief durch und tat alles, ihrem Körper mögliche, um still zu stehen.

"Sieh sie dir halt an, hatte noch nie nen richtigen Kerl zwischen den Beinen. Du solltest zusehen, dass sich das sich das ändert. Nen ausgeglichener Körper ist wichtig." In diesem Augenblick fühlte es sich an als hätte jemand einen Hebel umgelegt. Die Furcht, der Respekt die Achtung vor diesem Mann war wie weg geblasen. 'Sobald er sich umdreht ramm ihm dein Schwert in den Rücken, die beiden würden nicht dazu kommen dich daran zu hindern.'
Das anfängliche Brodeln hatte seinen Höhepunkt erreicht. Es platzte aus Valyra heraus wie ein Wasserfall. 
"Was schon zwischen meinen Schenkeln war und was nicht, geht nur mich etwas an." Ihrer Kehle entrann ein knurren, nicht so tief und derbe wie manch anderem, aber die beiden sollten zumindest merken das sie wütend war. Sie merkten es und es schien sie eher zu belustigen. 

Dann begann der Schmied sie zu vermessen. Seltsamer Weise war ihr dieser Moment kein bisschen peinlich. Wenn sie rot war oder zitterte dann eher vor Wut. Die Fragen die er während des Messens stellte, waren belanglos lenkten aber gut vom Geschehen ab. So war er wohl fertig lange bevor Valyra klar wurde das er begonnen hatte. Doch seine nächster Seitenhieb ließ nicht lange auf sich warten. 
"Wie stehts um ne Klinge?" fragte Aki nebenher.
"Ich habe mich für das Langschwert entschieden. Auch wenn mir eines aus Stahl zu leicht vorkommt. Vielleicht eignet sich Dam..." Weiter kam Valyra nicht. 
"Nicht lieber was wendigeres? Nen Katzbalger?" Auch wenn er nicht lächelte troff diese Aussage vor Spott. 
"Ein Messerchen zum Gemüse putzen? Nein Danke!" Ihre Antwort klang selbstbewusster als beabsichtigt. 
"Die hält sich wohl für größer und stärker als sie ist nh?" Sie war wieder Luft während die beiden sich schief ansahen.
"Ich mach ihr nen Langschwert aus Damast, mal sehen wie sich beim kämpfen schlägt" Der Schmied klang dabei geradezu belustigt. Sicher würde dieses Monstrum sie besiegen, aber so leicht wie er sich das vorstellte, wollte sie es ihm nicht machen. Kordian warf nur nebenher ein, Aki solle warten bis die Rüstung fertig ist, ehe er auf sie los ging. Solange wollte nicht einmal Valyra warten. 
"Wo wäre denn da der Spaß?" Aki tat gelangweilt. Die Soldatin wollte ihm diesen kleinen Sieg nicht zugestehen. Provokativ ließ sie verlauten das sie nichts dagegen hätte.
"Keinen größeren Bissen abbeißen als du vertragen kannst, Rekrut." Kordian lächelte zwar, aber man konnte sehen das es sein Ernst war. 

Endlich verließen sie die Schmiede, der Appell stand kurz bevor. Sie gingen eilig in die Wachstube zurück, und Valyra zog sich in der Rekruten Ecke um. Das war mittlerweile schon Alltag für sie. Die Pfiffe hatten aufgehört, das Gaffen auch. Insofern fühlte sie sich hier zumindest sicher. 
"Er ist immer so." Kordians Stimme erklang hinter ihr. 
"Diesem brummenden zahnlosen Bären, würde ich die Füße abhacken bevor der zu seiner Waffe greifen konnte!" Natürlich gab es keinen Grund ihre Wut an Kordian auszulassen, zu ihrem Glück empfand er ihren Ausbruch wohl auch nicht als solchen. 
"Dann macht das Außerhalb des Dienstes, im Dienst ist er Ranghöher." Auch das noch. Valyras Tag wurde immer besser. Wo waren die Indharimer wenn man sie brauchte?

Der Appell startete und Ihr Bauchgefühl entkrampfte sich langsam aber sich. Solange bis Leutnant Mendoza vor ihr stand und ihr den Sold übergab. Als die Münzen in ihre Hand fielen raunte er nur, das würde sie noch bereuen. Auf einmal war alles wieder da. Hätte sie nicht in einer Reihe Soldaten gestanden... der Gedanke blieb unvollendet. Leutnant Mendoza trat vor die Gardisten. 

"Kommen wir also zu den schlechten Nachrichten!" Seine Stimme donnerte über den Turnierplatz.
"Mir sind Dinge zu Ohren gekommen, die mich durchaus überrascht haben." Wie er das Wort Dinge aussprach, seine Worte beim Sold auszahlen. Elend, wem hatte Isabelle alles von Valyras Affäre erzählt? Ohne einen Ton zu sagen oder sich auch nur zu rühren schossen ihr tausend Sachen durch den Kopf. Wenn er das jetzt lauthals vor der Burg und allen Anwesenden ansprach, würde sie direkt, ohne Umwege, in den Abyss fahren. 

"Überrascht deshalb, weil ich mir sowas nicht habe vorstellen können, nicht von einer so jungen Frau. Und vor allem nicht so schnell!" Auch wenn der Körper noch Kerzen gerade dort stand, knurrte Valyras Innerstes gerade wie ein verirrter Wolf der in den Wald zurück will. Was sollte sie noch tun? Es abstreiten, alles schlimmer machen? Dies war ein Feind den sie nicht besiegen konnte. Ihr blieb nur eine Wahl, das was käme mit einem Mindestmaß an Stolz zu überstehen. Niemand hier würde sie heute noch brechen können. 

"Rekrutin, wie konntet ihr uns das antun. Binnen vier Wochenläufen?" Es war schon klar als er Rekrutin sagte, sie war die Einzige Rekrutin hier, aber als sein blick sie traf war es für alle Anwesenden klar. Sogar die Wachen auf den Burgzinnen sahen nun herunter. 
"Nicht das ich eine Antwort erwarte. Für sowas gibt es keine Rechtfertigung." Die Augen des Leutnants bohrten sich durch Valyra hindurch. Wäre er ein Hermetiker gewesen, könnte man nur noch die Asche von Valyra aufheben. 
"Er hat das mit dem Keller raus gefunden." Neben ihr nuschelte Isabelle etwas in sich hinein. Nicht hilfreich!

Mendozas Hand richtete sich auf Kordian. 
"Und der da weiß ganz genau wovon ich rede, der bekommt sein Fett auch noch weg." Die beiden neben Valyra zuckten zusammen als sie kehlig knurrte und ein leises -Wehe dir- hervor presste. Der Hebel war wieder umgelegt. Wut statt Angst. Es breitete sich wieder aus. Brennend erfasste es jede einzelne Vene ihres Körpers. 
'Ich schätze Branwen würde sagen es gibt mehr als eine Leidenschaft.' SCHNAUZE. Nun galt es erstmal den Schaden zu begrenzen. Kordian konnte ja wohl am wenigsten für ihren schwachen Moment. 

"Wie dem auch sei, wir müssen nun alle mit den Konsequenzen leben. Rekrutin Eichenwald, Vortreten!" Valyra konnte nun eh nicht ändern. Nicht im Moment. Zumindest die Option einen Vorgesetzten zu erstechen fiel aus. 
"Wisst ihr was ihr getan habt Rekrutin?" Wollte er es aus ihrem Mund hören? Wie verwerflich es war mit einem Löwensteiner im Bett zu landen. Das dies an Landesverrat grenzte? Diese Genugtuung würde sie ihm nicht geben. 
"Nein Leutnant, ich weiß nicht wovon ihr sprecht."
"Wollt ihr allen Ernstes behaupten ihr hättet keinen so hervorragenden Dienst geleistet habt das eine Beförderung zum Gardisten notwendig ist?" Kordian dieser miese hinterhältige... weiter kam sie in Gedanken nicht, es wurde Zeit für eine Antwort.
"Ich habe allzeit nur mein bestes gegeben Leutnant."
"Dann wisst ihr es ja doch, nehmt ihr diesen Wappenrock und den damit verbundenen Rang an?" Die Augen Mendozas blitzten förmlich auf. 'Komm schon kleines Reh, lauf allein in den dunklen Wald.'
"Jawohl Leutnant." Valyra war in den letzten Augenblicken sicher um einige Finger breit gewachsen. 
"Schwört ihr den ehrenhaften und pflichtbewussten Dienst zu leisten, diesen Wappenrock zu ehren, ihn pfleglich zu behandeln und mit Stolz zu tragen?" Es klang nicht auswendig gelernt aber ehrlich. Wie konnte er nur wissen was sie getan hatte. Ihre Leistungen kannte doch nur Kordian. Wie musste er über sie gesprochen haben damit andere so über sie redeten?

"Ja Leutnant das schwöre ich." "Dann ist es hiermit bezeugt und verkündet. Willkommen in den Reihen der Gardisten, Gardistin Eichenwald." Nachdem Valyra den Wappenrock angelegt hatte, trat sie ins Glied zurück. Viele der vorher Sorgen erfüllten Blicke hatten sich gewandelt. Sogar Isabelle nickt ihr zu. Das Kordian aus personellen Gründen zum Hauptmann ernannt wurde bekam sie nur nebenbei mit. 

Später am Abend in der Wachstube konnte sie aber nicht mehr abwarten. Sie stellte den Halunken zur Rede der ihr dieses Gefühlschaos eingebrockt hatte.
"Ihr habt das alles so geplant oder? Wer mich befördert und vor allem wann." Der ehemalige Leutnant grinste verschlagen. 
"Ich bin Silendirer. Wir gehen nicht einmal ohne Plan auf den Abort."
"Seid ihr wirklich der Meinung ich hätte so große Fortschritte gemacht? Vor zwei Monden wusste ich nicht einmal wie man Kettenhemd schreibt." Ihre Wut war verraucht, die Neugierde hatte ihren Platz wieder gefunden. 

"Ja das habt ihr, aber Fortschritt heißt nicht das eure Ausbildung vorbei ist."
"Ich weiß, der Tag an dem wir aufhören zu lernen, ist der Tag an dem wir anfangen zu verlieren." Zitierte sie flötend.
"Kommt mir bekannt vor." brummte der frisch gebackene Hauptmann.
"Ist ja auch von euch. Ich sollte ein Buch schreiben... Fronterfahrungen." Wieder stahl sich ein Grinsen auf ihre Züge. Alles in allem hatte diese Woche doch einen sehr erbaulichen Abschluss gefunden. Auf dem Weg zu ihrer eigenen kleinen Hütte dachte sie an ihre frühere Heimat. Das hier oder ein stilles Waldstück in der Einsamkeit? So schlecht war es hier doch nicht. Grinsend ging sie weiter.
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#13
Die Seeluft, welche der Wind über die Zinnen schleppte, war frisch und kühl. Tief drang sie in die Lungen der jungen Frau und erfüllte sie mit Leben. Es war sehr viel geschehen, das meiste davon waren einschneidende Erlebnisse. Beförderungen, Untersuchungen oder Besuche beim mürrischsten Handwerker des Lehens. Aber das war es nicht was so tief drinnen nach Abkühlung schrie. Etwas anderes hatte sich gezeigt. Etwas das Valyra nicht kannte. Zuerst mit Lawin gemeinsam, dann als Aki sie angemault hatte und zu guter letzt auch nochmal als bei dem Appell gegen Kordian gewettert wurde. Wenn auch im Scherz.  Was verband diese drei Momente miteinander? Es war zu keiner Zeit das selbe Gefühl oder doch? War sie auf Lawin wütend gewesen während sie diese Nacht... Nein! War sie nicht. 

Das Leder der Handschuhe knirschte zwischen ihren Fingern, als sie die Faust ballte. Was also hatte sich verändert? 
Die Frage bohrte sich in die Gedanken der jungen Soldatin. Obwohl die Antwort klar vor ihr lag. Sie lag sie deutlich vor ihren Augen wie das Meer vor der Küste Ravinsthals lag. Sie hatte die Kontrolle verloren. Nicht vollends, jedoch genug um hinderlichen Gefühlen ein Tor zu öffnen. Wut, Verachtung und Wollust. Sie schämte sich dafür das diese drei sie so sehr hatten überrumpeln können. Keines der drei Gefühle kannte sie richtig, keinem war sie jemals lange oder intensiv ausgesetzt oder gar erlegen. Doch seit heute war der Schalter in ihrem Kopf umgelegt. 

(( Musik ))

Viel zu lange schon sperrte sie diese Gefühle ein. Viel zu lange schon war sie nicht mehr als eine Hülle für ein leeres Dasein. Das kleine blonde Mädchen das sie aus dem Wald gelockt hatten. Doch nun war eine Mauer errichtet worden. Dafür war kein Steinmetz nötig, diese Mauer hatte ein anderer gebaut. Jemand der mit Sicherheit nicht wusste was er angerichtet hatte. Jemand der vielleicht nicht wollte das dies geschah. Die Mauer war vollendet. Das goldene Herz eingeschlossen und keine Belagerungsramme der Welt könnte es wieder befreien. Die großen unschuldigen Augen des Mädchens wurden schmaler und die Wärme aus ihrem Blick verschwand. Die Flamme von Aufopferung und Hingabe würde hinter der Luftdichten Mauer erlöschen. Atemzug für Atemzug verließen diese Gefühle das Innerste Valyras. So konnte die Kälte der Nacht sich im Herzen der jungen Kriegerin fest setzen. 

Die Wache war rum, ihre Ablösung pünktlich zur Stelle. Es wurden einige Worte gewechselt, hauptsächlich darüber was vorgefallen war oder worauf man achten sollte. Valyra schnallte ihren Schild über den Rücken als eine Stimme hinter ihr erklang.
"Wie sieht es aus, Val.. kommste mit in den Troll, auf ein Met oder drei?" Valyra sah sich um und blickte ihrem Kameraden direkt in die Augen. Kaum einem Menschen hier zu lande hatte sie jemals in die Augen gesehen. Zumindest niemals lang und bei weitem nicht so eindringlich. Sie brauchte nicht einmal ansetzen etwas zu sagen, ihr Wachführer hob schon die Hand.
"Schuldige das ich gefragt hab, ein Nein hätts auch getan." Kein weiteres Wort sprach sie an diesem Abend noch. Nicht einmal ihr über alles geliebtes Pferd holte sie aus dem Stall. Und im kümmerlichen Licht des Neumondes schritt das blonde Mädchen hinaus in die Nacht, in Richtung der Grenze zur Thalweide. 

"Was ist in die gefahren?" 
"Keine Ahnung Berthold, seit sie in Löwenstein war und danach mit der Druidin gesprochen hat, hat sie keine zehn Worte gesprochen." 
Dann wurden die Umrisse der Blonden von der Nacht verschluckt.
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#14
Leise schmatzend wich der Schneematsch ihren Stiefeln, noch zwei Schritte... noch einer. Sie öffnete die Tür und trat in den warmen Schankraum des tanzenden Trolls. Nach und nach wurden es mehr Teilnehmer, bei manchen konnte Valyra förmlich spüren wie Blicke gewechselt wurden. Auf so kleinem Raum solche Emotionen zu ballen war gefährlich. Zwischen den Frauen wurden Blicke ausgetauscht die man einem Basilisken zugetraut hätte. Die Worte der älteren Krieger kamen ihr in den Sinn.

~Wenn zwei wilde Katzen sich zerfetzen, geh.. nicht.. dazwischen.., sonst bist du ihr Ziel~

Der Abend schritt voran und die Luft wurde dicker. Politik, Glaubensfragen und Vorurteile. Wenn der König seine Untertanen so sehen könnte. Wie zwei Geschwüre die sich auf dem Körper breit machten auf dem sie gediehen. Sie sahen nicht einmal wie sehr sie den Körper damit schwächten.
'Sollen sie sich angiften, sollen sie ihre Götter aufeinander hetzen, so ist sichergestellt das du Arbeit hast.' Es war wie immer, ihr Bauch war der wohl dümmste Ratgeber den man sich vorstellen konnte. Sie musste hier raus. Nachdem sie sich für eine Aufgabe gemeldet, und somit ihr Gewissen beruhigt, hatte... verließ sie die Taverne. Es wurde Zeit mit einer guten Freundin über ihre Ansichten und ihre Ausbrüche zu sprechen. Sie lenkte die Schritte zum Eichenhof, jenem Hof wo auch die Vatin und der Hauptmann lebten. Wenn jemand einen Rat wüsste dann sie.

Auf dem Hof angekommen stellten sich ihre Nackenhaare auf. Es war, als würde etwas nicht stimmen. Eine unsichtbare Unruhe.
'Spielen die deine Gedanken Streiche? War es ein Met zuviel?' Valyra rollte mit den Augen. Wieder ein Wiehern, das Muhen einer Kuh.. die Tiere waren unruhig. Aber wie konnte das sein, es war kein nächtlicher Raubvogel oder gar eine Riesen Fledermaus zu sehen oder zu hören. Es waren gar keine wilden Tiergeräusche zu hören. Valyra musste den Kopf klar bekommen. Etwas stimmte hier nicht. Aber eines nach dem anderen, noch einige Schritt und sie würde vor der Hütte der Vatin stehen. Als das Pferd erneut aufgeregt wieherte fuhr sie herum. Jemand war hier. Vielleicht ein Landstreicher der sich im Stall breit machte? Wer konnte es ihnen bei diesen Temperaturen verdenken. Ziellos suchte die junge Soldatin den Hof ab bis sie vor dem Gatter des Federviehs stand. Dann erklang ein Knurren das ihr das Blut in den Adern stocken ließ. Ihr Herz gehorchte nicht mehr und es fühlte sich an als höre es auf zu schlagen.

Einen Schlag ausgesetzt...

Den zweiten Schlag ausgesetzt...

Endlich holte Valyra Luft und drehte sich herum. Im schummrigen bleichen Mondlicht sah sie seine Umrisse mitten auf dem Hof stehen. Wie bei ihrer ersten Begegnung war er beinahe einen Schritt hoch, das Fell löchrig und mit Narben gezeichnet. Der Wolf starrte Valyra an, seine Augen durchdrangen den Schutzpanzer ihres Geistes. Kälte kroch vom Boden, durch ihre Stiefel in ihre Beine und von dort aus in ihren ganzen Leib. Doch trotz dieser Kälte standen ihr nun kleine Schweißperlen auf der Stirn. Seit wann trauten diese Wesen sich derart Nahe an die Behausungen der Menschen?
'Wenn du glaubst der ist wegen dir hier, musst du schon sehr naiv sein!' Was? Was hatte sie übersehen. Dann drang das Gegacker der Hühner wieder zu ihr durch. Die Hühner! Von der Angst gesteuert, wandte sie sich zum Gatter und fischte eines der wuselnden Federtiere heraus.

Ein Satz nach vorn, seine Zähne schlugen, keine Handbreit von ihrem Bein entfernt, aufeinander. Wieder sein Knurren. Was wollte er noch? Er war noch mehr gewachsen, ohne sich herunter beugen zu müssen war sie auf Augenhöhe mit ihm.
'Lass das elende Huhn endlich los!!' Ihre Hände handelten ohne das sie daran dachte. Das Huhn landete auf dem Boden und bekam einen unsanften Schubs in Richtung Narbenfell. Für einen Lidschlag funkelten in seinen Augen das Mondlicht, dann hetzte er los und das Federvieh schrie ein letztes Mal, verzweifelt in die Nacht hinein. Federn flogen in alle Richtungen davon, Blut spritzte über den Hof und ihre Hände versuchten sich durch den Schlamm in die Erde zu graben. Starr vor Angst sah sie ihm dabei zu wie er das Huhn verschlang. Erst als er schon außer Sichtweite war merkte sie das sie im Schlamm saß, den Rücken an das Hühnergatter gelehnt. Der Rest der Nacht verschwamm in ihren Gedanken.



Bis zum nächsten Abend dauerte es ihre Erinnerungen zu sortieren. Erneut traf sie Algrid, wieder einmal gelang es der Soldatin die ängstliche Schneiderin zu überzeugen endlich mit der Druidin zu sprechen. Keine der jungen Frauen kannte jemanden der sich besser mit nächtlichen seltsamen Wesen auskannte. Die Vatin war ihre letzte Chance auf ein ruhiges Leben für Algrid. Ein Rat, eine Idee was dieses Wesen damals war oder einfach nur ein Beutel Stroh den sie als Schutzamulett gegen übernatürliche Wesen bezeichnete. Irgendetwas um die zerbrochene Seele Algrids wieder zusammen zu setzen. Und dann fielen Worte wie Donnerhall:

"Was erwartet ihr von mir? Ich kann die Götter ja kaum um Schutz für euch bitten. Aber ich kenne eine rotgewandete Priesterin zu der ich Kontakt herstellen könnte. Wenn du das möchtest." Auch wenn Algrid wohl oder übel zustimmte, Valyra war erschüttert. Das hatte die Vatin nicht gesagt. Sie hatte die einzige fleißige Zivilistin Candarias nicht gerade vor den Kopf gestoßen und für einen anderen Glauben dazu verurteilt ohne das Heil ihrer Seele weiter leben zu müssen. Valyra wollte sich verhört haben... hatte sie aber nicht. Algrid knickte vor den Worten der Vatin ein wie ein Grashalm unter dem Stiefel von Valyras Plattenrüstung. Ein roter Schleier legte sich über die Szenerie. Hätten sich Valyras Hände auf dem Rücken nicht gegenseitig krampfhaft umschlungen wäre eine von ihnen zur Waffe gewandert.
'Reiß dich zusammen, sie ist eine Mithrasgläubige. Sie ist wertlos. Sie verdient keinen Schutz!' Ihr Magen zog sich zusammen und rebellierte. Wieder einmal ergriff Valyra die Flucht. Patrouillen Runde. Weg hier!

Die kleine Gruppe hinter sich lassend ging sie davon. Einmal alle Wege der Stadt abschreitend, dann zu Pferd die Rabenhöfe umrundend und die Grenzen zum Thalwald untersuchend. So würde sie keine Ruhe finden. Valyra lenkte das Pferd zurück nach Rabenstein und in den Stall. Es stand immer noch die Befragung eines Piraten Kapitäns aus. So schnell es in dieser Wehr eben möglich war, legte sie ihren Wappenrock ab und begab sich dann zum Südtor.
'Dann ist es jetzt also etwas persönliches, ja?' SCHNAUZE!

Es dauerte nur wenige Minuten und sie konnte die Umrisse des Piratenlagers erkennen und auch die zierliche Weißhaarige  die daraus weg lief. Einer der Piraten folgte ihr. 'Auch wenn du ihr nicht helfen willst, einer weniger der dich im Lager aufhält.' Diesmal hatte ihr Bauch Recht. Als die beiden auf Valyras Höhe waren und der Pirat sie endlich erkennen konnte war es für ihn zu spät. Ein schneller und kräftiger Schnitt auf Höhe seines Schenkels und das erste Bein knickte ein. Er hob seinen Säbel, doch bevor er ausholen konnte traf der nächste Schnitt seinen Waffenarm. Seine Klinge fiel zu Boden.
"Du kannst mich verhaften so ofte willst. Ich sag nüscht." Ihr Blick traf den Seinen. Die Klinge in ihrer Hand wurde von derart präziser Lust auf Blut geführt, dass die Spitze schon vor dem nächsten Wort des Mannes in seinem Brustkorb verschwunden war.

Sie wandte sich der Frau zu und trat näher an sie heran. Die dunkle weite Kleidung. Der Bogen in ihrer Hand. Sie sah aus wie eine junge Variante der Druidin. Leise scharrten die Metallglieder der Plattenhandschuhe aneinander als das Schwert fester umschlossen wurde.
"Kennt ihr eine Frau mit dem Namen Anouk.. oder seid gar mit ihr verwandt?" Valyra hatte große Mühe ruhig zu bleiben und vernünftig zu klingen. Denn in ihren Innersten brodelte ein Kessel voller Wut über eine Flamme die von Hass geschürt wurde.
"Nein aber ich treffe mich am Abend des 21sten Julmondes mit ihr, um sie kennen zu lernen." Dieser Satz der jungen Frau schürte die Flamme auf so vielen Ebenen. Valyra sollte sich an diesem Abend mit der Druidin treffen. Wenn diese Frau also einen .. Unfall.. unter den Piraten hätte, würde die Druidin eine eventuelle Freundin verlieren und zugleich mehr Zeit für sie haben.
"Dann bekommt dieses miese schleichende Wiesel wohl eine Nacht Aufschub." Eigentlich hatte sie es nicht laut sagen wollen. Doch die Reaktion der jungen Frau verblüfft sie. Sie fragte direkt nach dem einen Wort, der einen Beleidigung. Wiesel?
"Ein Mann, der mir etwas gestohlen hat. Hierzulande kennt man ihn als Lawin." Das Seufzen der anderen Frau ließ Valyra hellhörig werden. Ihre Miene die schon zuvor gewirkt hatte als wäre aus Stein gemeißelt, war nun erstarrt.
"Ihr kennt diesen Mann? Seid ihr seiner Säuselei auch erlegen?" Valyra hoffte auf eine Verbündete, vielleicht würde sie diese Frau verschonen wenn sie ebenfalls mal was mit Lawin hatte.

"Wenn man das so nennen will ... Lawin ist mein Bruder." Nun gab es keinen Zweifel mehr, diese Frau würde heute Nacht in de Armen Morrigús ruhen. Valyra tat einen weiteren Schritt auf sie zu. Es war nur noch eine Frage von wenigen Lidschlägen. Noch einen Schritt vor, die Frau verlagerte ihr Gewicht nach hinten. Ahnte sie was kommen würde?
"Will ich wissen was der Idiot wieder angestellt hat?" Die blutroten Flammen erloschen von einem Augenblick zum anderen. Seine eigene Schwester sprach so von ihm. Respekt Lawin, was musst du schon alles veranstaltet haben das deine eigene Schwester eine beinahe Fremde sowas fragt.
"Ihr gehört also zu den Frauen die eines Tages eine Schlinge um seinen Hals legen." Valyra ließ ihre Klinge in der Scheide verschwinden und begann sich mit der Frau Namens Aluna zu unterhalten. So ließen sich die beiden von der Nacht davon tragen. Solange bis jede ihrer Wege ging um sich auf ein Treffen mit der Vatin vorzubereiten.
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#15
Die blonde Kriegerin saß auf ihrem Bett, das fahle Licht des Mondes, dass sich durch ihr Fenster ergoß schenkte ihr eine gespenstische Blässe. Sie sah aus dem Fenster hinauf zum Himmel. Es würde die längste Nacht des Jahres werden, der einundzwanzigste Tag des Julmondes. Sie stand auf und ging durch die Hütte. Aus der Kommode nahm sie ein Leder umwickeltes Bündel. Es verströmte schon sachte diesen süßlichen Geruch. Sie wusste was sich darin befand. Ein Paar Handschuhe und ein Bettlaken mit dem Zeugnis einer wilden Nacht. Blut getränkt an einer Stelle, von einer weißen Flüssigkeit verklebt an einer anderen. Sein Haar, gesammelt von eben jenem Laken. Es war alles bereit, alle erforderlichen Reagenzien hatten die Vatin und sie besorgt. Warum dieser Aufwand.. weil das Ritual es so wollte. Etwas vom Tod, Valyra sah auf sein Haar in ihrer Hand. Etwas von der Bedeckung, ihr Blick fiel auf seine Handschuhe. Etwas vom Inneren, nun sah sie auf den grau weißen Flecken auf dem Laken. Er würde seiner gerechten Strafe nicht entkommen.

Das Bündel wurde wieder gut verschnürt und über die Schulter geworfen. Dann trat sie hinaus in die kalte Nacht. Ihr Ziel war der Rabenhügel in Rabenstein. Die steife Brise zerrte an ihrer Kleidung, doch an diesem Abend störte die Kälte sie nicht. Auch die Geräusche die der Wind verursachte als er durch die kahlen Bäume fegte, ließen keinerlei Emotionen auf ihrem zarten jugendlichen Gesicht erscheinen. Die ebenmäßigen Züge wirkten noch immer als hätte der großartigste Steinmetz des Königreiches sie in Marmor gebannt. Kerzengerade war ihre Haltung, von Stolz und innerer Kälte gestärkt schritt sie, einer Königin gleich, über die die Pflastersteine der Straße. Als diese Puppe des Eises auf dem Rabenhügel eintraf kam die Vatin aus den Schatten der Runensteine. Die Druidin sprach kein Wort. Valyra hingegen nur sehr wenige "Ist die Zeit gekommen?" ein Nicken war ihre Antwort. Die Frauen suchten gemeinsam den großen Ritualplatz auf.

Die Druidin breitete alles benötigte um sie herum aus. Die Schale aus Bronze, das Blut des Opfertieres, die Molchaugen, eine Holzkiste und ein Glas mit einer klaren Flüssigkeit darin. Abschließend legt sie einige schwarze Bänder auf den Boden. Auf einem freien Flecken entzündeten sie ein Feuer. Die Vatin stellte eine bronzene Schale darüber. Auf den Felswänden zuckten die Spiele der Flammen während die Vatin das Blut des Opfertieres in die Schale gab. Dann folgten die Augen der Molche.

"Gib die persönlichen Dinge des Opfers hinzu." Sie sagte seinen Namen nicht, auch wenn sie befangen war. Dies hier war nicht der Kampf der Druidin und sie würde sich nicht einmischen. Sie war ihre Führerin, ein Licht dem Valyra durch die Dunkelheit folgen konnte. Die Haare rieselten in die Schale mit dem blubbernden Blut. Die blonde Soldatin schnitt den grauen Fleck aus dem Laken heraus, sein Inneres, das Zeugnis ihrer Schande. Zu guter letzt legte sie die Handschuhe in die köchelnde Masse.
Nachdem es getan war hob die Druidin ihre Arme gen Himmel, so dass ihr Handflächen zum Mond deuteten.
"Tu es mir gleich und sprich mir nach." Valyra hob die Arme über ihren Kopf und schloss die Augen wie die Druidin auch. Gemeinsam intonierten sie eine alte Bitte.

Midir in deinem Namen
deiner Macht zu dienen
deinen Namen zu rühmen
vor dir neige ich mich,
Dienerin deiner Herrlichkeit
auf Knien harre ich
deiner Macht Anteil zu nehmen
auf deinem Wind die Bilder zu tragen

Die Stimmen der Frauen verklangen in der Nacht. Ein weiteres Mal erhoben sie ihre Stimmen. Kräftiger als beim ersten Mal. Sicherer und mit stetig wachsender Inbrunst. Besonders Valyra gab sich mit jedem Wort mehr Mühe dem Flehen Ausdruck zu verleihen.

Midir in deinem Namen
deiner Macht zu dienen
deinen Namen zu rühmen
vor dir neige ich mich,
Dienerin deiner Herrlichkeit
auf Knien harre ich
deiner Macht Anteil zu nehmen
auf deinem Wind die Bilder zu tragen

Keine der beiden Frauen konnte sagen ob der Wind auffrischte weil es eine Laune des Wetters war oder ob man sie erhört hatte. So wiederholten sie die Anrufung ein drittes Mal. Gemeinsam formten ihre Stimmen wohlklingend die Bitte der Kriegerin und entließen die Worte in den Wind.

Midir in deinem Namen
deiner Macht zu dienen
deinen Namen zu rühmen
vor dir neige ich mich,
Dienerin deiner Herrlichkeit
auf Knien harre ich
deiner Macht Anteil zu nehmen
auf deinem Wind die Bilder zu tragen

Nahezu zeitgleich endeten die Frauen mit ihrem Gebet. Sie schlugen die  Augen auf und Anouk nahm die mitgebrachte Holzkiste. Die klare Flüssigkeit wurde darüber gegossen und mit ihrer freien Hand verrieb die Druidin diese Flüssigkeit. 
"Mit der mir gegebenen Kraft, weihe ich diese Kiste den allmächtigen Einundzwanzig." Dann stellt sie die Kiste ab und zieht ihren Ritualdolch aus der Scheide. Dreimal rührt sie blubbernde Bei artige Masse. Dann reicht sie den besudelten Dolch an Valyra weiter. 
"Ritze den Namen des Opfers auf den Boden der Kiste. Anschließend sprich ihn laut aus." Die Finger der Kriegerin umschließen den Griff des Dolches als sie nach einander die Buchstaben in den Boden der Kiste ritzt. 

L a w i n 
H e r b s t l a u b

"Lawin Herbstlaub." Wieder einmal, wie so oft in den letzten Tagen, schwingt in ihrer Stimme Kälte mit. Sie klingt klar und hell als würde ein Riss durch den höchsten Gletscher dringen. Doch auch düster. Vorsichtig umfasst die Druidin die Bronzeschale und gießt das Gemisch in die Kiste. Valyra kann nicht anders als zu Lächeln in dem Moment als das Blut die Buchstaben seines Namens rot färbt. Dann wird die Kiste mit den drei schwarzen Bändern umschlossen. Zwei um die lange Seite, links und rechts des Verschlusses. Eines um die kurze Seite. Die Druidin deutet auf eine Stelle nahe dem Altar.
"Dort solltest du die Kiste vergraben." Ohne zu zögern macht Valyra sich daran das gefrorene Erdreich mit bloßen Händen ab zu tragen. Die Kälte und Härte scheinen sie nicht zu beeindrucken. Im Gegenteil. Mit der Kraft und Ausdauer einer Besessenen arbeitet sie sich Fingerbreit um Fingerbreit in den Boden hinein. Dann endlich kann sie die Kiste hinab lassen ins Erdreich und sie mit der aufgewühlten Erde bedecken. Als sie die Erde festklopft, tut sie dies nicht mit grober Kraft, aber jedem ihrer Schläge haftet etwas Endgültiges an. Als auch dies vollbracht ist, kommt die Vatin näher. Sie nimmt den Ritualdolch und zieht einen Kreis in die frisch aufgewühlte Erde. Jede der Frauen findet ihre eigenen Worte zum Abschluss des Rituals.

"Träume süß heute Nacht, Lawin." sagt die Druidin leise.
"Träume mit mir, Lawin Herbstlaub." haucht die Kriegerin. 

Während die beiden Frauen den Ritualplatz hinter sich lassen, bröckelt eine Mauer in weiter weiter Ferne und doch so nah.
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#16
Zumindest leben noch alle. Das war der Ton der im Hauptquartier der Stadtgarde die Runde machte. Die Laufburschen und Tagediebe im Stall tuschelten aufgeregt. Aki habe ein Attentat auf eine Edle verüben wollen und hat als Strafe seine linke Hand verloren. Kyron selbst soll sie ihm abgeschlagen haben. Während eines dieser Gespräche tritt eine Frau, mit Schnee bedeckten Schultern in den Stall nahe der Wachstube. Sofort belagern die Jungspunde sie.

"Macht euch nicht lächerlich. Aki geht es gut, er kennt die Edle Kalirana von früher und er hat seine beiden Hände noch. Wenn ihr also nicht mit dem Unsinn aufhört könnt ihr gern eine Woche lang Botengänge zwischen der Garde und dem Schmied überbringen." Die Gesichter der Jungen und Mädchen wurden bleich. Selbst unter all ihrem Schabernack hatten sie noch größten Respekt vor Aki. Gut so. Dann jedoch konnte Valyra nicht umhin selbst ihren Schalk zu füttern.

"Wenn ich euch sage was ich gesehen habe..." Alle Augen hafteten auf ihr wie auf einer Zuckerstange.
"Aki hat, als Training für den Nahkampf am letzten Tag, im Wald einen Baum erwürgt. Er schlang seine Oberarme um den Baum, riss ihn aus der Erde und drückte ihn nur mit den Oberarmen zu feinsten Fasern." Die Augen der Kinder wären beinahe aus den Höhlen hervor getreten und Valyra schritt dann, ohne ein weiteres Wort in die Wachstube, während das Getuschel weiter ging.

Die Nacht blieb ruhig, der Morgen blieb ruhig, der Mittag blieb ruhig. So viel Ruhe vor dem Sturm und der Sturm würde kommen. Heute ginge es nochmal um alles oder nichts. Diesen Tag noch ohne einen Toten überstehen und der Ruf der Garde, für Sicherheit zu sorgen wäre um einiges gewachsen. Nach dem vielen was in Candaria geleistet wurde ein weiter Schritt auf ein besseres Ansehen zu.
Aber die Luft war dick. Zum schneiden zäh. Akis vermeintlicher Angriff auf eine Edle aus Löwenstein könnte der erste Streitpunkt werden. Wenn der edle Savaen von dieser Attacke erfuhr, und das würde er, könnte der Schmied seinen Kopf verlieren. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Aber das war eher Nebensache. Es würden wieder einmal viele Adelige zusammenkommen, nicht das sie jetzt so ein Blut... Ereignis erwartete wie vor einem Jahr. Aber falls jemand einen Edlen ermorden wollte, dann heute. Waffenkampf, Bogenschießen Faustkampf. Auch wenn es niemand offiziell befohlen hatte, während des Bogenschießens würde sie die Nähe der Adeligen suchen. Sie schauderte, Adelige.

Und über allen Sorgen thronte der Konflikt Rabenkreis gegen Mithrassklaven. Heute hätte sie Gelegenheit den Kampfstil und die Härte von Löwensteins Elite selbst zu sehen. Wenn also ein Pulverfass auf dem Winterfest zu finden war, dann heute. Dann an der Arena der Kämpfe.  Valyra zog sich den Wappenrock Ravinsthals über den Körperpanzer und besah ein letztes Mal ihre beiden Schwerter.
'Wenn du die heut in ihrer Scheide lassen könntest wäre das doch schon ein Gewinn.'

Die Luft war immer noch kühl, wenn auch nicht mehr ganz so eisig. Als sie auf dem Turnierplatz ankam herrschte bereits helle Aufregung. Kyron hatte den Oberbefehl vor Ort. Pflichtbewusst ging sie zu ihm, salutierte und gesellte sich dann dazu, als keine Anweisungen kamen. Die Kämpfe begannen und Valyra sah mit an, wie die angeblich feinen Pinkel aus Löwenstein, mit den Kriegern Ravinthals den Boden des Platzes wischten. Einer nach dem anderen erlag den sehr schnellen oder sehr schweren Hieben der Löwensteiner.
Der mächtige Hammer des Edlen Savaen machte kurzen Prozess mit seinen Gegnern, die Heiler würden heut einige Rippen zu richten haben. Aber viel mehr rückte sich ein Mann in ihr Blickfeld den Umstehende nur als den Stein bezeichneten. Aus dem Getuschel erklang der Name Yngvar .. Yngvar Stein und sein Name war Programm.
Konnte er so fanatisch an seinen falschen Götzen glauben das dieser ihm tatsächlich Kraft verlieh?
War es doch nur sein kämpferisches oder taktisches Geschick?
Valyra konnte es nicht sagen, aber er war gut. Sehr gut. Sie prägte sich die Züge des Mannes gut ein, seine Art sich zu bewegen, die Rüstung die er trug. Sollte es mal zu einem Konflikt kommen, wüsste sie wen sie von ihren Kameraden fernhalten wollte.

"Ey Valyra, boxt du gegen mich?" Wer mit ihr gesprochen hatte, war unverkennbar. Das er mit ihr gesprochen hatte wie mit einem Menschen war aber ein Wunder. So brauchte sie einige Minuten um sich zu sammeln und Aki zu antworten.
"Versprichst du, mich nicht über die Mauer in den Burghof zu schmeißen?"
"Nein, aber ich versuchs." Er redete tatsächlich mit ihr. Egal wie sehr er sie nachher verbeulen würde, der Tag war gerettet. Jetzt noch ohne toten Adeligen in den Dienstschluss und es würde ein perfekter Tag werden.

Das Anouk den Wettkampf im Bogenschießen gewann bekam Valyra nur am Rande mit. Auch wenn ihr dazu auffiel das heute die Diener aller Götter in ihren Disziplinen begünstigt wurden. Erst Yngvar und nun Anouk. Dabei war doch Magda die erste wenn man sich nach einer Bogenschützin umsah. Hatten beide Teilnehmer Felder vielleicht einen schwur geleistet die Götterdiener gewinnen zu lassen um den Göttern wohl gesonnen zu sein? Nein das war absurd.
Dann kam der Moment der ihre Knie zum schlottern brachte. Glücklicherweise trug sie noch immer die Plattenrüstung. Elend!! Die musste zum Boxkampf ja runter. Valyra durchpflügte zügig die Reihen der Besucher gen der Schmiede. Diese Flüchtlingsfrau war doch da.. die kannte sich doch mit diesem Zeug auch aus.

Keinen Augenblick zu früh, erreichte Valyra den Turnierplatz in ziviler Kleidung. Nun hieß es, sich so teuer wie möglich zu verkaufen. Zumindest zwei oder drei seine Hiebe überstehen. Dann wäre es für sie schon ein Sieg. Magda trug die Regeln vor. Keine Tritte, keine Zauber, keine Gifte, kein Ring verlassen und und und. Valyra sah in die Runde. Aki, ein gewisser Feykir den Aki sofort wegen seines Rockes aufzog, Arno, Aygo und Magda. Und dann ließ Magda einen Schrapnell Sprengsatz detonieren.
"Wir kämpfen ALLE GEGEN ALLE." Valyra hatte Mühe ihren Mund wieder zu schließen. Aber wie sagte Kordian immer, sie solle denken wie eine Ravinsthalerin, wenn also jeder von denen Aki nur ein wenig schwächte auf seinem Weg zu ihr rüber könnte sie ihm eventuell doch eine verpassen. Ihre Faust ballte sich, nur einen Schlag. Es musste kein KO sein, aber zumindest einmal zeigen dürfen das sie kein Kind mehr war. Kein Schwächling.
"Halt dich erstmal hinten, lass die machen." raunte Aki noch.

Dann begann der Kampf. Magda suchte sich sofort jemanden, es schien Aygo zu sein. Auch Feykir und Arno warfen sich sofort ins Zeug. Fäuste flogen, Haken wurden geblockt.. sogar der eine oder andere Ellenbogen wurde zum Einsatz gebracht. Es dämmerte ihr das in dieser Kampf Aufstellung nur ein Gegner für sie über blieb.. AKI. Doch der schlenderte mit gehobenen Fäusten am Rand entlang. Wie ein Ravinsthaler denken!

Aygo fiel und Magda wandte sich zu ihr um.
'Stell sie dir als Indharimerin vor.'
Endlich hatte ihr Bauch einmal eine gute Idee. Ihr Feindbild bestand beinahe nur aus diesen tätowierten Wilden, warum das nicht ausnutzen? Magdas Schläge waren gut gezielt und flogen mit hoher Geschwindigkeit. Ohne die spärliche Kampferfahrung hätte Valyra sicher bald im Staub gelegen. Aber Magda hatte schon deutliche Blessuren, Valyta tauchte unter einem wilden Schwinger hindurch und traf Magda. Einmal ... Zweimal. Magda fiel zu Boden. Valyra atmete auf. Ruhe bewahren.
'Denkste, guck mal wen Arno erlegt hat.' Valyra fluchte innerlich. Arno hatte schon Ser Ulfson in den Staub geschickt nun auch noch diesen Feykir, es war Vorsicht geboten. Aber Aki wollte Val wohl für sich allein denn er ging sofort auf Arno los. Da wurde Valyra klar das sie sich nicht mehr wünschen sollte mal mit dem Schmied zu trainieren. Wäre Arno nicht so schnell und beweglich gewesen, wären er und Isabelle nun die Schöne und das Biest. Wie auch immer er es also schaffte... er schickte Aki in den Staub und sah zu Valyra rüber.

"Moment." Sein Schnaufen klang ernst und erschöpft.
'Würdest du ihm bitte die Zähne ausschlagen?' Ihr Bauch hatte Recht. Auch dieses Mal, aber so leicht war das nicht. Ob Arno eine Schwäche für Blondinen hatte? Denk wie eine Ravinsthalerin. Sie ging auf ihn zu, die Fäuste sanken herab.
"Aki hat dich schwer erwischt." Ihre Schritte waren ruhig und langsam, sie wollte noch keine Gefahr für ihn darstellen. Sie DURFTE noch keine Gefahr für ihn darstellen. Doch jeder Muskel in ihrem Arm spannte sich bis zum zerreißen.
"Das sollte sich ein Heil..." Während sie sprach bot er eine winzige offene Stelle, sie presst ihre Füße in den Matsch und schnellte vor. Und sie hatte Glück, ihr Ellenbogen traf Arno mit voller Wucht und er knallte gegen die Bande.
"HA! Das nenne ich eine Waschechte Ravinsthalerin." Anouks Stimme konnte sie zwischen all den Schreien erkennen und dieser Ausruf erfüllte sie mit Stolz, jedoch nicht weniger als der von Aki.
"Zeig dem Löwensteiner wo er hier ist." Dann ging Arno auch schon auf sie los.
"Hinterhältiges Miststück." Sie würde ihm diese Beleidigung erst vergelten und dann verzeihen, immerhin war sie hinterhältig in diesem Moment.

Es dauerte nicht lang den bereits angeschlagenen Arno zu Boden zu schicken. Feykir und Aki hatten ihn so weich geklopft das er ohne Probleme unter dem Türschlitz hindurch in Isabelles Schlafzimmer hätte gelangen können. Nun war es nur noch.. Nein er lag ja schon im Dreck.. dann würde sie also gegen.. Nein der lag auch im Dreck. Es dämmerte ihr als Magda mit letzte kraft krähte..
"Sieger ist Valyra Eichen.. dingens.." Den Rest verschluckte die Anstrengung die Magda durchgemacht hatte. Freiherr Ulfson kam in den Ring und übergab ihr die Urkunde und ihre Trophäe. Valyra war wie gelähmt.
Ein erster kleiner Sieg in einer langen Reihe. Hoffentlich würden die nächsten ehrenhafter sein.
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#17
Wer einen Stein zerschmettern will, muss härter sein als der Stein.
Die junge Soldatin schaufelte noch mehr Sand in den Jutesack hinein. Mit jedem Hub Erde füllte und spannte jener sich. Erst als sie zufrieden war hob sie ihn unter Mühen auf. Trotz ihres dünnen Hemdchens und den eisigen Winden konnte der aufmerksame Beobachter unzählige Schweißperlen auf ihrem Körper sehen. Einige rannen das Gesicht hinab, andere perlten über ihre Unterarme und wieder anderen hielten sich tapfer auf der Stirn. Den Sack zum Haus hinauf zu schleppen war nur der erste Teil des Trainings heute. Der Sack wurde unter dem Dach des Schuppens aufgehangen.

Sie hatte noch keine Stunde damit zugebracht den Sack mit ihren Fäusten zu bearbeiten als sich durch das Dunkel der Nacht, Hufgetrappel näherte. Dieses Geräusch war so nahe bei der Hauptstraße nichts ungewöhnliches und so ließ die junge blonde Kriegerin sich nicht ablenken. Erst als eine ihr bekannte Stimme sie ansprach, fuhr sie zusammen.

"Valyra, was..?" Es war Anouk, die sie mit forschender Miene ansah. Der Blick der Vatin glitt über den Stellenweise geschundenen Leib von Valyra. Jene brauchte nicht lange um zu verstehen was die Vatin meinte.
"Ach die paar Blutergüsse verdanke ich Algrid." Diese Antwort stellte die Vatin nicht zufrieden. Zumindest nicht in dieser Form.
"Nein nein, wir haben gemeinsam trainiert. Ich versuche meine Reflexe zu verbessern und habe die Geschwindigkeit ihrer Steingeschosse unterschätzt."
Die beiden Frauen sprachen noch eine Weile über das Training ehe sie sich in die kleine Hütte begaben. Valyra berichtete Anouk von ihrem Ziel, im nächsten Turnier den Streitern Löwensteins die Stirn zu bieten. Als die Sprache auf Yvgvar Stein kam waren die Frauen sich sogleich einig. Dieser Mann war eine der größten Bedrohungen für den Rabenkreis. Sein fanatischer Glaube konnte sehr schwere Folgen haben und das dieser Berg von Mann ein entsprechend geschickter Kämpfer war, machte es nicht leichter. Ob Anouk es merkte oder auch nicht konnte man nicht sagen, aber mit jedem Wort das sie über diesen Mann sprachen wurden die Augen von Valyra härter. Glücklicherweise wechselte bald das Thema.

"Ich würde gern deine Meinung hören. Ich habe es mir zum Ziel gesetzt den verbrannten Wald wieder aufzuforsten. Damit dieser Schandfleck von Mithras wirken endlich wieder erblühen kann." Anouk hörte sich die Ausführungen der jungen Soldatin an, ab und an sah man ein Nicken und eine nachdenkliche Stirnfalte. Doch letzten Endes erachtete die Vatin diese Queste als rechtschaffen im Sinne der Einundzwanzig. Sie sagte sogar zu, den Ort mit ihren Schülerinnen zu besuchen und ihn im schlimmsten Fall von der Verderbtheit des Mithras Glaubens zu bereinigen. Valyra atmete auf, eine Hürde weniger die es zu nehmen galt.
"Wenn ihr für die Reinigung ein Menschenopfer braucht... wir könnten den Stein einladen und ausbluten."
"Das wäre aber ein großes Opfer, und ich bin mir sicher er wird nicht freiwillig mitmachen." Valyra verstand was die Vatin meinte. Sie beließ es dabei und konzentrierte sich auf die positive Zusage zu ihrem Anliegen.

Wieder trugen die Worte das Thema in eine ganz andere Richtung. Auf Valyras Frage hin wie sich die Schülerinnen der Vatin machten, folgte ein Lächeln. Es wurde über die Heißblütigkeit einer gesprochen und über die zarte Zurückhaltung anderer.
"... nur bei Vivienne bin ich mir noch nicht ganz sicher." Valyra schmunzelte und erklärte der Vatin warum diese eventuell noch ein wenig schockiert sein könnte.
"Der Hauptmann sprach sie an, welche der Schülerinnen des Rabenkreises mitkommen an die Front in Candaria. Ihr wisst schon, praktische Erfahrungen in der Seelsorge sammeln. Bei dem Gedanken in der Kälte schlafen zu müssen, bedeckt von Dreck und Schlamm, täglich den Untoten und schlimmerem ins Auge blicken zu müssen... das wurde sie schon ein wenig blass glaube ich."
"Das Leben ist kein Zuckerstein schlecken. Sie wird das schon schaffen. Viel Auswahl haben wir da nicht."
"Sag mal, ist es falsch von mir, wenn ich mich auf die Rückkehr zur Front freue?" Anouks Blick wechselte und bekam eine vollkommen neue Bedeutung während die Vatin, Valyra musterte.
"Wenn du so redest, erinnerst du mich an Kordian. Ich sehe der Rückkehr nach Candaria mit gemischten Gefühlen entgegen." Noch während Valyra schlussfolgerte, dass es daran lag das Kordian gern selbst im Getümmel stand, haftete der Blick der Vatin sich an die Kerze auf dem Tisch. Dies war der wunde Punkt. Hier fand sich die Ursache für ihre Bauchschmerzen. Die junge Soldatin verspürte einen Drang den sie nicht unterdrücken konnte. Das linke Knie gebeugt sank sie vor Anouk herab bis sie der Frau auf dem Hocker in die Augen sehen konnte.

"Bei Nodons Schild, ich verspreche dir, dass er nicht fallen wird. Und das tue ich nicht weil du eine Vatin bist, oder er mein Vorgesetzter. Ich verspreche es dir weil ich euch beiden soviel mehr schulde als das. Ohne dich und ohne ihn, wäre ich immer noch eine dumme Mithras gläubige Blonde die ziellos durch die Wälder irrt." Anouks Augen leuchteten förmlich auf während Valyra sprach. Als sie dann noch ihre Dankbarkeit für dieses Versprechen zum Ausdruck brachte, war es wieder da. Ein Gefühl das Valyra so lange vermisst hatte.
~Warum willst du den Weg des Schwertes gehen?~
~Weil ich meinen Schild für jene erheben will die dies nicht selbst können~

Sie wurde also wieder gebraucht. Keine langweilige Wache, keine Materialbestellungen und keine Rundgänge durch immer die gleiche Gehöfte und Wälder. Der Schutz eines Menschenlebens. Der Schutz eines Freundes.
"Das habe ich vermisst, weißt du?" Anouk konnte sich denken was Valyra vermisst hatte, ließ es sicher aber dennoch erklären.

"Ich beneide dich manchmal Anouk. Für die Menschen bist du soviel mehr als mein Schild und ich jemals sein könnten. Sie tragen ihre Sorgen und Nöte zu dir, sie erbitten deinen Rat. Deine Worte spenden mehr Trost und gewähren mehr Sicherheit als meine Waffen und Schilde." Das Gesicht der Vatin veränderte sich schlagartig.
Das Lächeln - weg.
Die Erhabenheit - weg.
Der Blick der Vatin war starr und von etwas gefangen das die Soldatin nicht verstand. Die Lippen Anouks bewegten sich mit einem leichten Zucken als sie ansetzte zu sprechen.
"Hast du dich einmal gefragt, wen Druiden aufsuchen die Trost und Rat brauchen?" Dann dämmerte es Valyra. Nein es traf sie wie ein Schlag ins Gesicht. Ein Druide, schon gar nicht die Erste unter gleichen, hatte niemanden bei dem er einmal Trost suchen konnte. Sicher ihren Ehegatten, Kordian. Aber er war ein Mann, er war immerzu ein starkes Bollwerk. Aber an einer Mauer konnte sich Anouk in diesem Augenblick nicht lehnen. Was sie brauchte war...

"Zu einer Freundin, einer Tochter im Geiste oder einer lieb gewonnenen Kriegsbeute. Es ist egal wie du es nennst. Aber die Person vor dir hat viel von dir erhalten und ich wäre froh dir auch nur den kleinsten Teil davon zurück geben zu dürfen." Valyra erkannte sofort was ihre Worte auslösten. Die Festung Anouk bröckelte. Der feuchte Schimmer in ihren Augen lies es erahnen. Das schwere Schlucken das man in der ganzen Hütte hören konnte bestätigte es. Die junge Soldatin reichte Anouk die Hand, hielt sie nach oben offen vor sie.
"Ich kann dir die Hand nur anbieten, nehmen musst du sie selbst." Und sie nahm die Hand, mehr noch sie zog Valyra an sich, betete ihr Haupt an die Schulter der Blondine und ließ ihren Gefühlen freien Lauf.
"Ich werde immer für dich da sein." Anouk verlor in diesem Moment ihre letzte Beherrschung, sie schluchzte. Ihre Tränen bahnten sich den Weg und ließen sich nicht aufhalten.

"Ich bin so oft nur noch Druidin des Rabenkreises und nicht Anouk."
"Nicht Anouk, das Kind aus dem Wald."
"Nicht Anouk, von den galatischen Inseln."
"Weißt du wie schwer Federn sein können? Auf mir lasten sie wie Blei."

"Ja, weil es zu viele sind, sie rauben dir die Sicht und nehmen dir den Atem."
"Selbst wenn ich diese Robe ablege, das Gewicht ist immer noch da."
"Ich will manchmal einfach nur Anouk sein, verstehst du?"

"Ja. Ich verstehe nur zu gut. Sie schreien nach der Vatin, sie schreien nach der Druidin. Niemand begrüßt Anouk auf der Straße. Aber ich werde ihre Schreie von diesem Ort hier fernhalten. Ich kann dir nicht viel bieten, aber ein Versteck wird es allemal sein."
Während Valyras Worte immer leiser wurden und damit an Kraft gewannen, schüttelt das Schluchzen die Vatin immer wieder. Die Soldatin versichert der Vatin, dass es hier immer ein Bett für sie gäbe und das sie jederzeit einen Schlüssel vorfinden wird. Der leise gemurmelte Dank der Druidin klingt belegt. Valyra streicht über den Rücken Anouks und versichert ihr ebenso leise, dass man sich unter Freundinnen nicht bedankt.

"Es ist mir unangenehm wenn du mich so siehst."
"Du meinst als Mensch? Muss es nicht, ich habe schon immer einen Menschen unter der Robe vermutet. Außer du zeigst mal wieder deine Zähne, dann sieht es eher nach einer Wölfin aus."
"Einer Wölfin, ja?" Ein Grinsen schleicht sich in die Züge der Vatin, in diesem Moment erwacht ihre innere Wölfin erneut.
"Erzähl es dennoch niemandem, bitte." Valyra musste lächeln, sie erklärte Anouk das ihr sowieso niemand glauben würde. Aber auch das dieser Moment ihren Respekt gegenüber der Druidin gesteigert hatte. Anouk schien verwundert, fragte nach wie das sein könnte.
"Es zeigt mir das du trotz all deiner Stärke, tief drinnen immer noch Anouk bist. Das was Kordian für die Garde leistet, das was Cahira für die Verwaltung leistet.. das musst du für einen gesamten Landstrich tun." Jedes Wort für sich wäre eventuell belanglos gewesen, aber so wie Valyra sie aussprach zauberten sie ein Lächeln auf Anouks Züge. Valyra legte ihre Hand auf das Herz von Anouk.

"Seit heute weiß zumindest ich, wie stark du hier drinnen wirklich bist. Und das ist es was mich an dir fasziniert, was mich zu dir aufblicken lässt."
"Auf dem Turnier habe ich mich zum ersten mal seit langer Zeit, wieder wie Anouk gefühlt. Es war sehr befreiend."
"Du hast auf dem Turnier einen Satz wiederholt der mich angespornt hat. Das ist eine waschechte Ravinsthalerin. Das war eine große Anerkennung für mich, fühlte ich mich bisher doch immer ein wenig fremd."
"Ich habe nur gesagt was ich denke."
"Ja, und dafür danke ich dir."
"Unter Freundinnen bedankt man sich nicht!" Anouk grinste die Soldatin frech an. Als Valyra ihr frecher weise die Zunge raus streckte wurde diese Geste sofort und auf gleiche Weise erwidert.
"Aber nun legst du dich erst einmal schlafen." Valyra kramte aus einer Kommode eine Schlafmatte hervor und rollte sie auf dem Boden aus. Als sie sich darauf niederließ um die Stiefel auszuziehen erkannte sie das Anouk sie immer noch ungläubig ansah.
"Du willst das ich hier übernachte?" Valyra nickt bekräftigend zu den Worten der Druidin. Die beiden Frauen sprachen noch einige Augenblicke. Dann schlief Anouk im Bett ein. Valyra sah noch ein letztes Mal vom Fußboden zu ihr hinauf und lächelte in sich hinein. Was hier heut geschehen war, würde dieses Haus niemals verlassen.
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#18
Die Tage waren ins Land gezogen.
Der Dienst an der Front war zum Alltag geworden.

Scharmützel, Ausfälle und Schritt für Schritt erkämpfter Boden. Sogar einen vorgeschoben Posten hatten sie genommen. Ja, ja es ist wahr die Indharimer wankten. Der letzte Sieg rückte täglich näher. Die Späher hatten die Gegen immer wieder durchstreift, sie hatten immer wieder die Bewegungen und die Lager der Feinde aufgezeichnet. Heute würde das alte Jurenlager genommen werden. Das Getuschel unter den Soldaten war Besorgnis erregend.
"Die werden es sicher niederbrennen."
"Das müssen sie auch, ich werde nicht an einem Haufen Fellzelte wache schieben."
Valyra strafte dieses Gemurmel mit Missachtung. Diese Narren würden niemals so reden wenn es um ihre Häuser ginge. Aber anderen ihr Lebenswerk zu nehmen war ja einfach. Dieser Tag würde wieder einmal zeigen zu was wir Menschen fähig sind, im Kampf aber auch in unseren Entscheidungen.

Stunden später kämpften Mithrasi und Mondwächter Seite an Seite in dem alten Jurenlager. Die Verteidiger der Indharimer waren bis zum äußersten entschlossen. Ihre obskuren Magier entzogen dem Land alles Leben, auf eine solch perverse Weise, dass sich das Gras unter den Füßen der Krieger grau färbte, dass die Lungen der Krieger vertrockneten und ihre Mägen sich anfühlten als würde man sich gerade jetzt, selbst verdauen. Die gewaltigste ihrer Fleischmonstrositäten hielt die Angreifer Amhrans lange in Schach. Die Schläge wirkten als würden ihre Schwert in das pulsierende Fleisch eingesaugt und wieder ausgespuckt. Kaum einer der Kämpfer fügte dem Biest nennenswerten Schaden zu. Erst nach Stunden des Kampfes mehrten sich die Risse in der Haut des Ungetüms. Es steckten mehr Pfeile und Bolzen in seinem Fleisch als manch Fürst Haare auf dem Kopf trug. Mit einem lauten Getöse kippte der Gigant in den Staub, selbst ihre Nekromanten fielen, doch als Antwort auf diesen kleinen Sieg, schlugen Kanonenkugeln überall im Lager ein.

"Brennt alles nieder, solange ihre Kanonen diesen Abschnitt unter Beschuss nehmen, können wir diese Position nicht halten." Kordians Befehl hallte über den Platz und Valyra rutschte das Herz in die Hose. Das konnte nicht sein Ernst sein, wie...wieso? Ihr Blick suchte den Seinen und sie trafen sich.

'Beiß niemals einen Happen ab, der zu groß zum schlucken ist.' Die Worte aus der Werkstatt Akis klangen in ihren Ohren.

'Häuser kann man wieder aufbauen, tote Kameraden gehen für immer.'

'Manchmal bekommen wir Soldaten Befehle die uns nicht gefallen, unsere Stärke ist es, in diesen Momenten unsere eigenen Ziele hinter dem Wohl des großen Ganzen anzustellen'

Valyra brauchte es nicht aus seinem Mund zu hören. Als sie seine Augen sah ahnte sie, dass ihm dieser Befehl keine Freude bereitete. Aber es musste getan werden. Das alte Jurenlager ging in einem Flammenmeer unter. Doch es war keine Schande für die Menschen Amhrans. Nicht solange sie sich den Willen, es wieder zu bauen, bewahrten. Es gab noch mehr zu tun.. die Brücke im Süden musste gesichert werden. Zumindest sollte deren Nachschub keinen Weg mehr hier her finden.

Die Ritter bellten Befehle an ihre jeweiligen Untergebenen, Übergänge wurden gesichert, Späher entsandt. Die Brücke im Südosten blieb für die Truppen unter Kordians Befehl. Während Sebastien und Valyra, aus den Resten der Jurenlager Palisade, Barrikaden schlugen detonierten offenbar unzählige Splitterbomben.
"Elend.. könnte unsere Arbeit hier unnötig geworden sein?" Sebastien Adelwin schaut Valyra an, in seinem Gesicht lag nicht die Sorge das ihre Arbeit unnötig war, sondern die Frage 'Wen hat es da erwischt?'. Valyra rutschte es einfach so heraus, sie wollte den Beamten nicht so unnötig erschrecken dennoch sagte sie es.
"Entweder das, oder wir sind die letzten Überlebenden dieser Offensive." Mit den schweren Barrikaden auf Schultern und Rücken stapften sie nach Süden. Die Sorge wuchs mit jedem qualvollen Schritt. Es dauerte nicht lang als die beiden, durch Rauchschwaden die anderen sehen konnten. Ja! Es gab Verletzte, aber sie waren am Leben. Die Brücke sah aus als hätten Irrsinnige abertausende von Nägel und Glassplittern ins Holz gehämmert.

Während Sebastien sich daran machte die Barrikaden aufzustellen schob die blonde Kriegerin ihren Schild wieder über den Unterarm. Sie würde nicht zulassen, dass verirrte Pfeile den Beamten trafen. Die Arbeit ging voran und die Indharimer hielten sich von der Brücke fern. Sollen sie, wir kommen sie noch früh genug holen.
Dann erklangen aus der Ferne Detonationen. Indharimer Kanonen! Sie hatten diese garstigen Geschütze schon mehrfach erlebt. Den Göttern sei, zielten diese Wüstenhunde sehr schlecht. Vielleicht würden sie selbst sogar die Brücke zerfetzen. Doch Sicherheit ging vor. Valyra ging, nahe an einem Baum, in Deckung. Zu spät macht das Pfeifen und Summen ihr klar, das die Kugeln nicht so ungezielt waren wie die anderen Schüsse bisher. Die Kanonenkugel explodierte keine zwei Schritt von ihr weg und zerfetzte einen umstehenden Baum wie ein Hühnerei. Die Wucht reichte aus um die Kriegerin in den Staub zu schicken, ihren Schild zu erfassen und mit großer Wucht vom Arm zu reißen.

Zusammen mit einigen Teilen ihres Plattenhandschuhs und dem Ringfinger ihrer linken Hand. Mit einem leisen platschen, versank alles zusammen im Flussbett.

"GNAAAAAAARRRRHHHARRR" Ihr Mark erschütternder Schrei gellte über die Ebene. Abwechselnd Kreischend, die Indharimer verfluchend und Wimmernd, wand sie sich auf dem Boden. Unkontrolliert zuckten ihre Gliedmaßen und verdrehten sich ihre Augen. Kordian eilte herbei und drückte sie ins Gras. Seine Worte wollten sie von dem Scherz fernhalten, sein Griff ihr Halt geben und doch waren seine Mühen nur ein zartes Lüftchen, welches dem Nebel kaum trotzen kann.
"ICH WERDE DIESEN BASTARDEN DIE EINGEWEIDE RAUS REIßEN!" Von Schmerz getrieben fluchte die Blondine wie ein Rohrspatz dem man jede Feder einzeln zupfte. Noch lange nachdem Elda die Blutung gestoppt hatte, nachdem Algrid ihr einen Trank gegen die Schmerzen gegeben hatte und nachdem sie von Aygo ins Heilerhaus gebracht worden war, hielt der Schmerz sie gefangen und verdunkelte ihren Geist.

Akis Wehr hatte nahezu alle Holzsplitter des Baumes aufgehalten. Abgesehen von der linken Hand, dem Piepen im Ohr und den Schwindelgefühlen war sie recht gut dran. Doch der Schmerz gönnte ihr diese Nacht nur wenig Ruhe. Hätte Elda nicht so lange und inbrünstig mit ihr gebetet, wäre die Blondine in dieser Nacht nicht zur Ruhe gekommen.
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#19
06. Wonnemond im Jahre 1405

Es war ein weiterer großer Ansturm. Ein weiterer Kampf, in den die Krieger Drachenthals gemeinsam mit den Soldaten und Legionären aus Löwenstein voran marschierten. Schwer gerüstete reihten sich auf wie perfekt geschliffene Perlen auf einer Kette. Über ihren Köpfen tobte ein wilder Sturm, so heftig gar, dass man nicht vorhersagen konnte ob es nur Regen und Sturm sein würde oder ob die Indharimer eine neue Teufelei geplant hatten.

Danheim - Berserkir

Schreie... Blut... die Toten der Wüstenhunde. Die Schlacht lief sehr gut. Beinahe zu gut. Bisher hatten die wackeren Streiter viele Schritt Boden gewonnen. Während einer kurzen Rast nahe einem der Höfe, sprachen die Verantwortlichen mit einem der Sklaven. Dieser erzählte von Kämpfen unter den Wüstenhunden und einem Mann in deren Reihen der ... gefährlich ... war. Jeder Soldat lebte für die Gefahr, warf sich in die Gefahr. Nicht weil sie hassten. Sondern weil sie das liebten was hinter ihnen ruhte.

Als der Vormarsch auf die zentralen Höfe begann war der Sturm auf seinem Höhepunkt angekommen. Gierig zerrten die gespenstischen Winde an den Wappenröcken tapferer Männer und Frauen, in düsterer Verführung flüsterten vorbei rauschende Blätter Angebote aus anderen Welten. Auch die kleine Blondine im Ravinsthaler Wappenrock kämpfe Schritt für Schritt vorwärts. Trotz ihres Zorns war ihr Kampfstil besonnen und abwartend. Immer in Bereitschaft jemandes Lücke zu schließen, immer auf der Hut sich vor einen der Hermetiker oder der Bogenschützen zu stellen.
Ein Pfeil der auf sie zuraste wurde von der Wehr abgelenkt, die Nahkämpfer der Wüstenhunde höhnten und johlten während ihe Schützen einen Pfeilhagel nach dem anderen auf die tapferen Krieger Amhrans nieder regnen ließen. Hinter den Schild geduckt rückte Valyra weiter vor. Als die Pfeile versiegten brach der Abyss los, Horden von Indharimer Kriegern stürmten auf sie zu. Ihr erster Gegner war ein älterer Veteran wie es schien, zumindest ließen die vergammelten Zähne und das großteils  ergraute Haar, darauf schließen. Seine Hiebe waren nicht von Kraft geprägt, doch sie kamen schnell und waren immer gut platziert. Seine Erfahrung ließ ihn beinahe erahnen woher Valyras Schläge kommen würden. Wann immer sie ihr Schwert zum Angriff führte, war seine Klinge bereits dort und fing sie ab.

'Du hast mehr als eine Waffe.' Kordians Worte aus dem Training flackerten in einer kurzen Momentaufnahme.

Aber er hatte Recht, wie so oft. Einen seiner Angriff abwartend blockierte sie seine Klinge mit der ihren, verbissen hielt sie die Waffen im Band. Als er im Begriff war das Band zu brechen und seine Klinge zu befreien, riss Valyra den Schild nach oben. Das dumpfe Knirschen seines Kiefers verschaffte der jungen Kriegerin eine selten gekannte Genugtuung. So, oder zumindest sehr ähnlich, verliefen auch die nächsten Kämpfe. Nicht nur für Valyra, für alle Krieger Amhrans. Keiner ließ sich lumpen.

Dann trat er auf die große Fläche zwischen den Häusern. Ein Indharimer wie ein kleiner Berg, beinahe seine zwei Schritt messend. In seiner Hand ein langer massiger Klingenstab. Seine Rüstung war über und über mit goldenen Verzierungen bedeckt, seine eisernen Handschuhe umschlossen die gigantische Waffe mit stählernem Griff.
Einige der Milizkräfte und der jungen Rekruten hielten respektvoll Abstand. War wohl die bessere Idee, aber so wird man keinen Krieg gewinnen. Die Blondine ging auf den Emissär des Prinzen zu, eine Faust entschlossen um ihr Schwert gelegt, die andere von ihrem treuen stählernen Schild geschützt. Seine mächtige Waffe schnitt durch die Luft, und das Zischen das ihr folgte gab Zeugnis davon mit welcher Wucht sie einschlagen würde. Wie sie es in der Ausbildung gelernt hatte ließ sie die riesige Klinge abgleiten. Der Kampf entbrannte und es ward klar, allein würde Valyra nicht siegen. Dennoch kämpfte sie...

leave no one behind

Die Welt hatte ihre Farben verloren. Nach dem Kampf war es als würden die Farben davon fließen. Als würden sie im Boden versickern.

Das Gras? helles Grau.
Das Blut? beinahe Schwarz.
Die Sonne? Ohne jegliche Farbe.

Ihr Blick wanderte nach links. Ein kräftiger Hund mit ergrautem Fell saß dort und blickte sie an. Direkt hinter ihm ein Adler, seine Flügel waren angelegt und sein Blick ruhte auf ihr. Sie wusste was diese beiden verkörperten. Tränen füllten ihre Augen. Nicht aus Angst oder Wut oder Glück. Es waren Tränen der Erkenntnis. Sie suchte die Umgebung ab. Dort waren sie... die Eule und der Hirsch. Im Schatten eines Baumes beziehungsweise auf einem der Äste warteten sie ab.

Die erste Träne kullerte...
Sie hatte sie nicht mehr halten können als sie Algrid sah. Algrid die vor ihrer leeren Hülle kniete und weinte.

Die zweite Träne kullerte...
Als sie Kordian sah, wie er ihren leblose Körper nach Hohenquell trug.

Als die dritte Träne sich auf den Weg machen will krächzt die Krähe im Hintergrund laut auf.
"Es ist Zeit. Begleite mich."
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