Steilküsten und mehr.....
#11
Die kleine Kette mit den grünen Steinen lag eine Weile in ihrer Hand, samtig schmiegte sie sich an ihre Handfläche. Bran bereitete sich auf das Treffen mit der Vatin vor, heute würde sie wissen, wohin ihr Weg sie führen würde. Wozu sie jedoch keine geworfenen Knochen benötigte, was die Gewissheit, dass sie Serbitar nie mehr wiedersehen, geschweige denn ihn jemals in ihr Bett zurücklassen wollte. Mittlerweile verkörperte er Alles was mit Ehrlosigkeit, Lügen, Enttäuschung zu tun hatte. Nichts von Alledem was er ihr vor nicht allzu langer Zeit versprochen hatte, war gehalten worden, schlimmer, er hatte noch nicht einmal die Courage aufgebracht sich ihr offen in einem Gespräch zu stellen, sich zu erklären, auch wenn es den Bruch zwischen ihnen beiden bedeutet hätte. Hingegen drangen nur Gerüchte an ihr Ohr und trafen sie tiefer als sie wollte. Sie verschloss sich und ließ kaum jemanden an sich heran.
Mit energischer Entschiedenheit ließ sie die Kette in die Innentasche ihres Gürtels gleiten, etwas von Bedeutung sollte geopfert werden heute Abend, dieses Kettchen würde nun von ihr gehen, es hatte ihr allem Anschein nach sowieso nie gehört.


[Bild: gift_of_yaael_by_aikurisu-d38b5wi.jpg]
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#12
Das Kettchen wurde vergraben, Tropfen ihres Blutes fielen auf den weissen Schnee, ihre Wangen und Stirn wurden mit dem Matsch aus Blut und Erde bestrichen und die Vatin warf die Knochen:
Das erste knöcherne Runenplättchen stand für Lugh, das Handwerk, das Schaffen. Wachstum, Bewegung, Vorankommen. "Euer Weg ist hier nicht zu Ende, würde ich meinen", sprach die Druidin und damit drehte sie das nächste Plättchen um. "Artio ist die nächste. Es könnte heißen, ihr werdet Geduld und Geschick auf eurem Weg brauchen...oder auch dass es Hindernisse geben wird, ernstzunehmende Hindernisse. Artio steht Lugh nicht sehr freundlich gegenüber. Wir werden es genauer wissen, wenn der Rest spricht", und damit griff sie zur nächsten Rune, sie öffnend. "Epona! Halte dich an sie auf deinem Weg", die Druidin blickt auf. "Sie ist diejenige, die dir Schutz gewähren wird, wenn du ihn brauchst. Sie und jene, die ihr folgen." Alsdann griff die Hand wieder und wendet das vorletzte Plättchen. "Und den Schutz wirst du brauchen". Leise pfiff die Vatin. "Morrigu! Es muss nicht unbedingt Schlimmes heißen. Aber es wird Blut geben. Du wirst kämpfen müssen. Und du wirst Härte zeigen müssen, und wenn nur, um zu überleben", stellte die Druidin leise fest und öffnete damit die letzte Rune. "Am Ende wartet...Branwen", sie lächelt sachte auf, "Du wirst nicht alleine alt, Brannagh." "Aber es ist offensichtlich, dass dir ein Weg bevorsteht, ein recht holpriger dabei. Wir haben hier lauter Gegensätze...",sie deutet voran, " Lugh und Artio, Morrigu und Branwen...Es wird ziehen und zerren an dir, Hindernisse und schwer Entscheidungen sind nicht zu vermeiden. Epona als Schutz kann auch eine harte Entscheidung bedeuten, die dein Heil eines Tages in der Flucht zu suchen." Ernst sah die Druidin zu ihr auf.
"Epona kämpft nicht. Sie flieht. Sie versteckt sich. Sie führt auf geheimen Pfaden. Es wird der Moment kommen, da wirst du deine Waffen strecken und laufen müssen." Bran atmete schwer, ihre Brust hob und senkte sich dabei. "Tust du es nicht...endest du mit Morrigu. Folgst du Epona...wird Branwens Segen am Ende warten. Brannagh sah zur Vatin, die Stimme bebte :" Vatin...es scheint mir, als wäre ich direkt inmitten dieser Weisagung. Ich habe bereits die Waffen gestreckt, und laufe. "Tatsächlich? die Druidin neigt den Kopf leicht, " Dann bist du bereits auf dem richtigen Weg. Dreh dich nicht um. Lauf. Sieh nicht zurück. Sieh auf keinen Fall zurück!"
Und so verließ Brannagh den Ort der Raben, den Schritt immer fester werden lassend, wohin, das jedoch wusste sie nicht, nur nicht zurück.

[Bild: Gwendolin.jpg]
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#13
Sie zog ihre letzte Runde bevor sie sich zur Ruhe begeben würde, ein letzter Gang entlang der Gatter zu Hohenweiden, die Wölfe hatten sich zurückgezogen, vielleicht wissend, dass die Baronin nicht müde werden würde, auf ihr Vieh zu achten. Bran zog es weiter an die Klippen, der wütende Ostwind durchfuhr ihre Kleidung wie eine Ladung scharfer Nadeln. Die Fackel hatte Mühe zu brennen, doch erhellte sie noch den schmalen Pfad strandabwärts. Ob jene Wesen dort unten noch immer umhergeisterten? Vagabunden, wie Elfie sie früher genannt hatte? Bran schritt weiter hinab, den Bogen fest in der Hand haltend als sie wieder das Grauen packte. In die Gesänge der schäumenden See und des harschen Windes mischte sich das gequälte Ächzen und wimmernde Jaulen der untoten Seeleute, so wie sie es schon Mondläufe zuvor vernommen hatte. Niemand hatte bisher dieser Qual kein Ende setzen können.
Voller Furcht starrte sie dem Etwas entgegen wie dieser schlürfend und ächzend seine Hand nach ihr ausstreckte. Die Fackel warf ein letztes Licht auf die Erscheinung vor ihr, spitze Knochensplitter bohrten sich durch dessen Haut, der Blick eines Toten fraß sich an ihr fest als die Fackel ihr Licht aushauchte.
Bran stob herum und lief den Pfad aufwärts, verschwendete keinen dummen Gedanken an einen Nahkampf. Erst hoch oben schickte sie ihre Pfeile den Pfad hinab ins Dunkel, wartend.. doch niemand und Nichts kam ... noch lange blieb sie dort stehen, sie würde es der Baronin erzählen müssen, denn Vagabunden waren es ganz sicher nicht.

[Bild: undead300x250.jpg]
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#14
Bran genoss die Abgeschiedenheit Candarias, die lässige Trägheit der stillen Bevölkerung war ihr so willkommen, niemand drängte sie, niemand schien es eilig zu haben, welch Segen herrschte, wenn die Bevölkerung fürchtete für Fleissigkeit und Hast bestraft zu werden....
Dank des Schneiders Leo hatte Bran die kleine Hütte nahe des Hexensees übernehmen können und erlernte Schritt für Schritt die Kunst der Töpferei. Sie liebte den geschmeidigen Ton, das feuchte Element welches sich an ihre Finger schmiegte, sich formen und ihre Gedanken fliegen ließ. Sie hatte Ley ein kräftiges Packpferd abkaufen können, stetig trug es die ungebrannte Ware nach Greifanger wo sich der einzige, in Candaria befindliche Brennofen befand.
Anfänglich war es schwierig die passende Temperatur zu halten, Stunden um Stunden lehrte sie Ley, doch die Töpfe und Krüge barsten oder verschmolzen zu einem unkenntlichen Brei. Doch aus jedem Lehrling wurde unweigerlich ein Geselle und auch Bran feuerte mit zunehmender Sicherheit den Ofen und wachte stundenlang über ihre Tonwaren, diese dann geradezu entzückt betrachtend als wären es ihre Geschöpfe.
Ein wenig langweiliger gestaltete sich das Brennen der Kacheln für die so begehrten Kachelöfen, ein Luxus den sich viele der gehobenen Gesellschaft leisteten. Eine beschwerliche Arbeit, die viel Mühe und Kraft benötigte. Viel lieber widmete Bran sich der Herstellung von Vasen und Flaschen und neuerdings der kleinen Tonglocke die sich bereits großer Beliebtheit erfreute.
Die Tür der kleinen Hütte war weit geöffnet, sodass die helle Frühlingsluft einkehren konnte während sie an der Töpferscheibe sitzend, das Glitzern und Tummeln erster Insekten über dem Wasserlauf beobachtete...
der Winter war vorbei und sie hatte überlebt... Epona verdiente ein Opfer, und das schon bald.
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#15
Galatia, so fern und plötzlich doch so nah. Hier im fernen Exil inmitten Amhrans, erinnerte ein Krieger sie an Ihresgleichen, ja träumte gar von einem Leben in dem Lande, welches sie aus freien Stücken verlassen und gegen die Hölle Servano's eingetauscht hatte. Bitter fühlte es sich an, zu bitter um verdaut zu werden. Alles in ihr schrie das erstbeste Boot zu nehmen, heimzukehren um dort gegen das zu kämpfen, was verändert werden musste. Und doch war sie nur eine Frau allein gegen einen Clan, gegen ihren Vater und alle die sich von ihm unterjochen ließen. Würde er so weit gehen und ihr Leben auslöschen, hätte sie den Mut es mit ihm aufzunehmen? Die halbe Nacht am Feuer sitzend zogen ihre Gedanken Kreise, immer wiederkehrend, quälend, die Situation bis ins Kleinste durchspielend. Dumpfe Schmerzen bemächtigten sich ihrer Eingeweide als sich ein Gedanke nicht mehr ohne weiteres von sich schieben ließ. Würde sie gegen den Willen der Götter handeln wenn sie... ? Vatermord.. wer würde es ihr übel nehmen? Würde sie gar ihrem Clan Gutes tun indem sie den Tyrannen seiner gerechten Wege zuführen würde? Und plötzlich drang ein Duft an ihre feine Nase, Gemüse und Fleisch, ein galatisches Stew, sie sah den großen gusseisernen Topf über dem Feuer, konnte gar schon den kräftigen Geschmack auf ihrer Zunge erinnern, und sie fühlte seine starken Arme während sie auf seinem Schoß saß, beschützt, geliebt, nicht mehr als Dreijährig.
"Vater, verdammt!"


[Bild: 996032_257881837692839_1396039848_n.jpg]
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#16
Die Baronin Hohenquells verweilte in Zweitürmen, Verhandlungen, so hieß es. Brannagh hatte den Begleitschutz übernommen, eine Baronin ohne Schutz war ein allzu willkommenes Ziel, auch wenn sich die ehrliche und bodenfeste Elfie Fuchsenfelde nicht zu sehr von einer ordentlichen Bäuerin Candarias unterschied, traute Bran dem Frieden nicht, hörte man doch von vandalierenden Ravinsthalern und Kultisten, Meuchelmördern und gar von fleischfressenden Bäumen, wobei Letzteres sicherlich nur als Altweibergewäsch und Kinderschrecken aufzufassen war.
Eine Weile lang stand die Bogenschützin vor dem Hause der Jehanns, den Weg und das Umfeld sorgsam im Auge haltend. Mitglieder der Schweren Silendrischen Infanterie gesellten sich dazu und verschwanden auch wieder bis auf Kordian, dem sie schließlich die Wache vor dem Haus zumutete und sie selber den Posten nahe der Strasse nach Ravinsthal bezog. Sie mochte den rauhen Krieger der sich bislang als vertrauenswürdiger Geselle erwiesen hatte, der Birnenbrand musste warten, die Sicherheit Elfies ging vor und Birnenbrand! Mögen die Götter sie nur davor bewahren! Wie einfältig musste sie gewesen sein, ihm so etwas vorzuschlagen?
Die Abendsonne tauchte alles in güldenes Licht, sodass es nicht schwer fiel, die Sorgen sich selbst zu überlassen und sich der Schönheit der Welt und Allem was drum herum war, bewusst zu werden. Bran's Augenmerk fiel auf einen stattlichen, alten Baum dessen Äste sich gen Himmel streckten, als wollten sie diesen halten und stützen, so wie die Wurzeln es mit dem Erdreich taten. So wie oben, so auch unten, kam es Bran in den Sinn und sie griff in den Lederbeutel und zog einen Rest noch feuchten Lehms heraus und formte einen kleinen Baum, dessen Äste das Himmelszelt trugen... ein weiterer Schutz, ein Talisman der von nun an über das Leben der Galatierin wachte.

[Bild: 2011-12-10-der-alte-baum.jpg]
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#17
Was es war, dass sie in den Tempel des Mithras führte, konnte Bran nicht mit Sicherheit sagen. Auf dem Baumstamm sitzend, unter sich dem Bachlauf lauschend, saß sie da und betrachtete den Mond der sich langsam über das Hohenqueller Land erhob. Leise sank die Nacht über das Land, zirpend stimmten die Grillen ihr Lied an, hier und da der Ruf der Eule.
Es war Elfie, der Baronin von Hohenquell, der sie ihren Begleitschutz angeboten hatte. Vielleicht unnötig, vielleicht auch nur ein weiteres Band, um sich vor der Verlorenheit zu bewahren, ein Band, welches ihr half durchzuhalten, solange Seamus sein Schiff gebaut hatte, oder zumindest solange, bis genug Münzen ihren Beutel füllten, um nach Galatia zu segeln.
Sie war als Teil des Fuchsclans über Mithras Schwelle getreten, ja hatte gar deren Gebete ertragen, die Amulette schützend in ihrer Hand verweilen lassen, nichts riskierend, sich neben den galatischen Hauptmann o'Domhnaill gesetzt und Serbitar's Vereidigung zum Baron vom Südwald beigewohnt.
Lange war es her, dass sie Gelegenheit hatte, diesen Mann zu betrachten ohne sich zu wünschen, den nächstbesten scharfen und spitzen Gegenstand in sein Herz zu rammen. Doch je länger sie ihn ansah, umso unwichtiger erschien es ihr auf seine Entschuldigungen zu hoffen. Sie hatte nie die Erklärung dafür gefunden, weshalb er sie ohne ein Wort verlassen hatte, sich ihr nie erklären konnte.
Was sie nur hoffen konnte war, dass er seine geleisteten Eide beherzter hielt, als die Schwüre die er einst ihr entgegen gebracht hatte.
Auch wenn sie noch Wut und Abneigung empfand, tat es keinen Abbruch ihm zur Ernennung seiner neuen Adelswürde zu gratulieren, in Erinnerung an alte Zeiten, an ihren damals geleisteten Eid und als Botschafterin des Hauses Fuchsenfelde.
Er tat ihr sogar ein wenig leid, dort in der riesigen Halle, zwischen all den bunten Fenstern, die da so faszinierend schimmerten und von Freude sprachen, war er doch allein, verlassen von seinen Brüdern und Schwestern... keiner war gekommen, alle schienen sie fort zu sein bis auf einige wenige..
Bran schaute zum Wasser hinab und die einäugige Jurin trat in ihr Bewusstsein. Ein Wesen, das weder in seine Welt gehörte, noch besonders schön anzusehen war.. er teilte seine angebissene Pastete mit ihr, als wäre sie ein Tier, ohne einen Funken Liebe in seinem Blick. Ihre Gedanken verweilten noch einen Augenblick bei dem ungleichen Paar, glücklich dass es ihr nicht mehr das Herz zerriss.

[Bild: Mithras1.jpg]
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#18
Die Vorgänge in Hohenquell überschlugen sich, einer erhebender als der andere. Es schien, als wäre wieder Leben in Brannagh's Seele gezogen. Sie gehörte einem großen Ganzen an, der Fuchsclan gab ihr Zuversicht, aus der sie erneute Kraft zog. Erst kürzlich hatte sie die Baronin als Leibwache zum Ritter von der Passwacht begleitet, hatte der faszinierenden Entwicklung gelauscht und war froh, Teil dessen zu sein. Es schien, dass sich etwas regte in den Lehen um Löwenstein herum, als würde tief unter ihnen ein Wesen aus seinem tiefen Schlafe erwacht sein und sich regen und drehen, was wiederum die Menschen zu neuen Taten bewog, Taten, die Großes versprachen und die Welt um sie herum aus dem Winterschlaf zu reissen schien.
Bran hatte vorerst Frieden geschlossen mit sich und ihrer unsteten Unzufriedenheit, Galatia musste noch warten, endlich schien sie sich am rechten Platz zu fühlen, sie wurde gebraucht zum Wohle aller Mondwächter.
In Hohenquell entstand eine neue Zusammenkunft, eine Stimme aller Mondwächter, Nodons' Schild, einem Ort, an dem der Alten Glauben Wertschätzung erfahren sollte und Menschen in ihrer Not gegen Mithras, Zuflucht und Beistand finden konnten.
Doch in der vergangenen Nacht fragte sie sich, ob sie noch der Weissagung der Vatin folgen würde, war sie noch dem rechtem Wege, hatte sich nicht alles längst geändert, war die Gefahr gebannt? Gwenolin, die barfüßige Vatin hatte das Land verlassen, sie war unauffindbar wobei Bran doch grade jetzt ihren Rat so dringend benötigte.
Bran's portweinschwangere Nacht war durchsäht von Wortfetzen der Vatin, immer wieder hörte sie deren Stimme, mal hallend und bohrend, mal geisterhaft flüsternd : "Epona! Halte dich an sie auf deinem Weg", sie ist diejenige, die dir Schutz gewähren wird, wenn du ihn brauchst. Sie und jene, die ihr folgen. Und den Schutz wirst du brauchen."
Bran wälzte sich im Schlaf, die Stimme der Vatin bohrte sich in ihr Hirn. "Morrigu! Es muss nicht unbedingt Schlimmes heißen. Aber es wird Blut geben. Du wirst kämpfen müssen. Und du wirst Härte zeigen müssen, und wenn nur, um zu überleben. Am Ende wartet...Branwen. Du wirst nicht alleine alt, Brannagh. Aber es ist offensichtlich, dass dir ein Weg bevorsteht, ein recht holpriger dabei. Wir haben hier lauter Gegensätze..., Lugh und Artio, Morrigu und Branwen...Es wird ziehen und zerren an dir, Hindernisse und schwer Entscheidungen sind nicht zu vermeiden. Epona als Schutz kann auch eine harte Entscheidung bedeuten, die dein Heil eines Tages in der Flucht zu suchen.
Epona kämpft nicht. Sie flieht. Sie versteckt sich. Sie führt auf geheimen Pfaden. Es wird der Moment kommen, da wirst du deine Waffen strecken und laufen müssen. Tust du es nicht...endest du mit Morrigu. Folgst du Epona...wird Branwens Segen am Ende warten.
"
Schweißgebadet erwachte Bran, die Sonne stand bereits hoch und ließ die kleine Kammer hell erstrahlen. Die letzte Nacht war kurz gewesen und ein stechender Schmerz bohrte sich in ihren Schädel.
Sie blickte sich um, ließ den Blick suchend über ihr Lager wandern, sachte und schlaftrunken stieg die Erinnerung in ihr Bewusstsein, ein weiterer suchender Blick zur Türe. Da hämmerte auch schon jemand dagegen, kaum dass sie ihre Gedanken sortiert bekam. Ein Bote der eine Nachricht von Nara überbrachte. " Bei allen Göttern...was zum Henker will Nara? murmelte sie leise und stützte sich am Türpfosten, die leicht aufsteigenden Überkeit unterdrückend.
Man sah sie später lange noch nahe des Wassers sitzen, hineinstarrend, wohl über etwas nachsinnend.

[Bild: 10603720_865909590094703_3766689666999587578_n.jpg]
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#19
Die Zeit war ihr davongeflogen wie ein Vogel, der sich an der Freude seines puren Seins labte. Geschwind sattelte sie Mitternacht, den jungen Hengst, den Nara ihr so uneigennützig überlassen hatte, nachdem ihre Stute von den Ravinsthaler Söldnern getötet worden war. Es wurde bereits Nacht, mit erhobener Fackel trabte sie nochmals gen Löwenstein, denn es galt eine Depesche der Baronin abzuliefern. Sicheren Schrittes trabte ihr Pferd die dunkle Landstrasse entlang, ein kühler werdender Wind legte sich ihr entgegen und sie wünschte sich zurück an des Mannes Seite, der warm und behaglich in ihren Fuchsfellen lag, und auf ihre Rückkehr wartete. Bran kniff die Lippen zusammen, lieben, das bedeutete Vertrauen, nur wusste sie nicht, wie sie das anstellen sollte. Ihr galatisches Herz hatte damals offen vertraut und sich einer Liebe hingegeben, die schändlich betrogen wurde. Bran fühlte wieder die altvertraute Wut und die Enge in ihrem Herzen aufsteigen. Sie ließ das Pferd rascher traben, ja forderte es gar zu einem übermütigen Galopp auf, der Dunkelheit und der zischenden Fackel Gleichmut schenkend. Der Wind kühlte ihre erhitzten Wangen ab, ließ ihren Zorn verrauchen. "Laufe mit Epona Bran", sprach sie zu sich und lächelte, gedachte der Zärtlichkeiten die sie in den letzten Tagen hatte erleben dürfen und beschloß, den Feigling und Lügner ein für alle Mal aus ihrer Erinnerung zu streichen.
Und kaum waren die Gedanken gefasst und zu einem Ganzen gewoben, durchritt sie auch schon die Tore zu Löwenstein, grüßte die Wachen und zügelte den Trab des Hengstes. Dunkle Schatten der Nacht lagen über der Stadt, nur hin und wieder leuchtete in einem Fenster ein warmes Licht. Das Treiben Löwensteins war verebbt, Stille zog durch die Gassen und ließ den Trab ihres Pferdes gespenstisch widerhallen. Schon bald hatte sie die Stadtwache und den Hauptmann Lysander ó Domhnaill gefunden und händigte jenem das Körbchen mit der wunderbaren Torte, sowie Tabak und die Depesche aus.
Der Kerl lief fürwahr rot an, bis in die Spitzen seiner Ohren brannte es, dass Bran nicht umhin kam, den bereits schon leise vermuteten Verdacht einer Liebelei, mit einem dezenten Schmunzeln zu quittierten.
Sie würde es ihrer Baronin wünschen, und einen Galatier an deren Seite, na, was gäb's schon Besseres?
Bald schon sah man eine Rothaarige auf trabendem Pferd die Hauptstadt verlassen, zurück nach Hohenquell, zurück zum Hexensee, dorthin , wo ihre Zukunft wartete.

[Bild: 10312372_848371168528503_2165928123301258081_n.jpg]
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#20
Das Drachentöterfest in Hohenquell war liebevoll vorbereitet worden, sie alle hatten dazu beigetragen, die Frauen hatten gebacken, Bran hatte zusätzliche Töpferwaren hergestellt, es waren sogar Händler ausserhalb der Grenzen Candaria's gekommen, sogar der nette Yero mit seinem Fisch. Der Mondwächtergruß hallte überall, es erfreute Bran's Herz soviele Gleichgesinnte zu sehen, sich immer heimischer und entspannter zu fühlen.
Die bunten Stofffähnchen wehten fröhlich in sachten Wind der von Hohenkliff herüberwehte, das Wetter versprach zu halten, heute würde es nicht regnen.
Bran hatte Zeit sich aus einem ruhigen Winkel ihres Standes die Leute anzusehen, ein buntes Völkchen, von irgendwo her erklang das Spiel einer Flöte, der eine war in saubere, festliche Kleidung gehüllt, der andere in Alltagskluft, der dritte in glänzender Uniform und sogar zwei in einem unschönen Mithrasrot, was Bran stets schwer auf der Magengrube zu liegen schien. Was war es, dass ihr so ein Unwohlsein in Gegenwart dieser Sorte Mensch verursachte? Konnte es sein, dass dieser nimmer endende Kampf zwischen diesen beiden Glaubensrichtungen einen unstillbaren Groll in ihr hervorrief, sie frühzeitig alt und grau werden ließ? Das durfte nicht sein, und sie streich ihr fröhlich rotwehendes Haar aus der Stirn und lachte.
In Hohenquell bildete sich eine Vereinigung, ein lebendiger Kern, bestehend aus überzeugten Mondwächtern, solchen, die es leid waren, für ihren Glauben belächelt zu werden, die es überdrüssig waren, stets an Mithras den einzig Wahren erinnert zu werden. Sicher, deren Gläubige waren viele, mehr als es noch Mondwächter zu geben schien, doch umso wichtiger war es, den Alten Glauben zu erhalten, zu schützen und die Götter obsiegen zu lassen gegen diesen Junggott Mithras. Sie würden sich sammeln in Hohenquell, einen Treffpunkt gründen, vielleicht sogar ein Gebäude errichten. Einen Ort, an dem jeder gepeinigte Mondwächter Zuflucht und Unterstützung finden würde. Bran's Herz tat in Gedanken daran einen freudigen Sprung.
Sie ließ ihren Blick weiter über den Festplatz schweifen, schmunzelnd beobachtete sie den Scherwettbewerb und hoffte kichernd, so einen oder anderen auf der abendlich feuchten Wiese ausrutschen zu sehen. Es floß Birnenbrand und Wein, die Stimmung war ausgelassen, Bran erkannte viele der Gäste, Cahira aus Zweitürmen war sogar gekommen, sowie auch einige des Rabenkreises, wie sie an den besonderen Abzeichen und teils auch Roben erkennen konnte. Sie genoß des Abend, und seit Langem erfüllte sie eine lang vermisste Freude.
Erst viel später sank ihre Stimmung, als man ihr erzählte, dass sich ein Leibwächter des Ordens der Schwerter erdreistet hatte, einem Gefolgsmann der Füchse auf dem Gelände der Baronin Zugang zu seinem Pferd zu verweigern. In Bran erwachte wieder der Zornesfunken. Was bei allen Göttern erlaubten sich diese verdammten Mistkerle? Nur aufgrund der Beherrschtheit des Gefolgsmannes kam es zu keinem Streit, sodass das Fest seinen fröhlichen Lauf nehmen konnte. Scheinbar wussten einige nicht, wo ihre Grenzen lagen.
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