Hammer und Amboss - Aus dem Leben eines Schmiedes
#31
Der neue Hammer hatte sich gut gemacht. Er ging im Halbdunkel der Schmiede um das Werkstück herum. Er hatte heute noch zu tun, bevor das Stück geopfert werden konnte. Sorgsam tränkte er ein Tüchlein in Politur, bevor er den Lederhandschuh anzog und ans Werk ging. Einige Stunden zog sich die Arbeit hin - erst mit einem Stein, dann mit einem rauen Tuch den letzten Schliff geben, dann Politur auftragen und einreiben. Es war die Aufgabe eines Knappen, und auch komplett sinnlos - das schwarze, kaum reflektierende Metall zu polieren glich einer Lebensaufgabe. Dennoch - früh am nächsten Morgen war er fertig. In der Mitte der Schmiede lag es, ein schwarz glänzendes Werkstück, das in einiger Zeit ohnehin Lugh geopfer werden würde. Der Druide, Martainn, würde dann das zweite Werkstück auf Maß gefertigt bekommen, sobald Aki die Zeit hatte.

Was machte eine gute Rüstung aus? Nun, sie musste passen. Sicher. Sie musste schützen, auch klar. Aber wie groß war der Mehrwert einer Rüstung aus Rabenstahl? Vermutlich eher gering. Die militärische Überlegenheit war gering. Aber eine Rabenstahlrüstung war in ihrer Gesamten Machart - vom Adamantstahl bis hin zur Ausführung - das Höchste, was ein Schmied erreichen konnte. Es war der Erfolg des Drachentöters in Rüstungsform. Und es brauchte nicht nur einen Krieger, sondern einen wahren Waffen'meister', um so einer Rüstung würdig zu sein. Letztlich war die Frage, ob es die Wahl des Handwerkers sein sollte, oder des Klerus und des Adels. Aber das war eine Frage für eine nanderen Tag.
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#32
Forschung: Plattenbeine aus Rabenstahl - die Fertigstellung

Es wird Frühling. Manch einer merkt es an den Frühlingsgefühlen, jedoch kein emotionskalter Mensch wie Aki. Er merkt den Frühling auf der blanken Haut an den Armen und daran, dass ihm mit steigenden Temperaturen noch wärmer an der Esse wird. Aber immerhin besteht die Möglichkeit, dass es bei anderen Frühlingsgefühle hervor ruft, wenn der hünenhafte Schmied oben ohne und mit einer zarten Schweißschicht bedeckt am Amboss zu Gange ist. Wenn jemand in der öffentlichen Schmiede vorbei kommt – und sei es nur, um Gussformen zu kaufen – ertappt sich Aki dabei, wie er die fremden Gesichtszüge mustert. Es führt dazu, dass er unterbewusst hofft, es wäre Orestes, obwohl er dann vielmehr Speichelfäden erwarten sollte. Die Art, wie der Buchbinder ihn kürzlich betastet hat, schrie förmlich nach Frühlingsgefühlen. »Bist du mehr geworden, Aki?«, hatte Orestes bei der Leibesvisite gemurmelt. Selbst im Nachhinein entlockt es dem Hünen noch ein Grinsen. Eines, das er sich schnell verkneift, denn ein halbnackter, bekanntermaßen grummliger Schmied, der seelig vor sich her grinst, ist ein ziemlich abschreckendes Bild.
Er ist darüber Liam's abschließende Arbeiten an dem Beinschoner zu inspizieren und muss erstaunt zugeben, dass der Schmied gute Arbeit leistet. Offensichtlich war es eine kluge Idee gewesen, Liam nicht zu schonen und gleich bei der Verarbeitung des Götterstahls mit einzuspannen. Was bleibt ihm für eine Wahl, als an seine Grenzen und darüber hinaus zu gehen, wenn der Lehrling an eine Aufgabe gerät, die ihn streng genommen überfordert?
Nach der gemeinsamen Herstellung, hat der Meister Liam mit dem Feinschliff und dem Polieren der Rüstung beauftragt. Er kann sich in etwa ausmalen, wie viel Arbeit die Nachbereitung benötigt hat, ganz zu schweigen von der Zeit. Trotzdem hatte Liam sich nicht gescheut die Nacht durchzuarbeiten, wie sonst hätte Aki das Stück am nächsten Tag in der vollen Pracht begutachten können? Die Götter würden die Mühen zu schätzen wissen, so hofft Aki zumindest und es war der letzte Schritt, dass auch er überzeugt war, dass Liam's Gesellenstück aus Rabenstahl sein darf.
Während der Fertigung des Plattenschoners hat er mit Liam über seine Erwartungen gesprochen, die er an ihn hat, sobald Liam die Barren selbst gießen darf. Es sind keine Geringen, aber sein Lehrling machte den Eindruck, dass er die Bedeutung dahinter versteht. Die Vor- und Nachteile halten sich die Waage. Während Liam Unterstützung und Sicherheit gewinnt, kann Aki seine Kontrollgedanken befriedigen. Er dachte nie, dass er Besitzansprüche stellen würde, wenn es um die Legierung geht. Oder vielleicht hegt er die Ansprüche an Liam?
Ihr Werkstück, das nurnoch wenige Handgriffe des Meisters von Nöten hatte, um als annähernd perfekt für einen ersten Versuch zu gelten, gebührt den Göttern. Aki macht sich mit dem Teil im Schlepptau auf den Weg zu einem Schrein der Einundzwanzig. Bald kann sich Lugh eine vollständige rabenschwarze, matte Rüstung aufstellen, wenn ihm die Gunst der Götter weiterhin sicher ist. Der Gedanke erfreut den Schmied ebenso sehr, wie der baldige Anblick des Wächters des Rabenkreises, der zunehmend mit der tiefschwarzen Legierung bewehrt wird.
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#33
Foschung: Plattenharnisch aus Rabenstahl – Vorbereitung

Vor etwa einem Mondwechsel ist sein vielversprechender Lehrling nicht zur Forschung erschienen und seitdem hat der Meister nichts mehr von ihm gehört. Und das, obwohl das Vorhaben des Tages als Gesellenprüfung dienen sollte. Er hofft, das Liam entweder zur Besinnung kommt, oder entsprechend geschickt darin ist, gänzlich zu verschwinden. Aki möchte sich nicht ausmalen, wie ein Wiedersehen verlaufen würde.
Ein Teil von ihm hat damit gerechnet, denn es war nicht der erste und vermutlich nicht der letzte Lehrling, der ihn sitzen lässt. Aki ist bewusst, das ihm eine handwerklich fordernde Zeit bevor steht und entsprechend vorgesorgt. Er hat sich seine Gedanken gemacht, wer ihm im Zweifelfall helfen kann, so sein Lehrling die Lust verliert. Denn er weigert sich seinen Plan, die Plattenrüstung aus Rabenstahl zu vervollständigen, aufzugeben. Besonders nicht jetzt, etwa auf halber Strecke.
Ghalen könnte ihm im Zweifel bei einer Runenverzierung für einem Schild helfen und Cois bei den Experimenten zur richtigen Plattenstärke. Mit einem anderen potentiellen Helfern hatte er bisher nicht gerechnet: Kordian. Nicht nur, weil der Krieger eine ganze Weile verschwunden war, sondern, weil er sich regelrecht selbstlos als Helfer angeboten hat. Nun, selbstlos trifft es nicht ganz, denn immerhin winkt ihm eine Vergünstigung, die sich gewaschen hat. Die Auswahl an potentiellen Helfern beruhigt den ungeduldigen Schmiedemeister ein wenig. Das Projekt ist nicht verloren und er musste nicht einmal nach Hilfe bitten. Denn das liegt ihm nicht im Geringsten.


Seine Wahl zur Assisstenz für das nächste Stück, den Harnisch aus Rabenstahl, fiel vorerst auf Cois. Der ruhige Rabenwächter ist niemand, der seine Meinung breit tritt, nicht einmal zu einem Rüstungsstück, aber darauf legt Aki in diesem Fall keinen Wert. Cois hat einst eine solche Rüstung besessen, er weiß, wie sie sich anfühlt und was sie ausmacht. Für alles, was über die Intuition hinaus geht, hat sich der Schmied eine recht einfache Aufgabe überlegt, die einem wortkargen Mann wie Cois bestens liegt.
Er plant die optimale Plattenstärke für den Harnisch zu ermitteln. Es gilt ein Gleichgewicht zwischen Materialverbrauch und Schutz zu finden. Weder soll die Brustplatte zu schwer, zu aufwändig noch zu teuer sein und auf keinen Fall zu leicht zu durchschlagen. Hierfür fertigt Aki drei Plattensorten vor, um den Praxisversuch am Freiungstag in die Tat umzusetzen. Aki's Hoffnungen liegen auf dem Plattenrohling mit 1/3 Fingerbreite Materialstärke. Aber auch die anderen Exemplare sollen ihre Tauglichkeit beweisen. Er plant die Platten sowohl mit einer Klingen- als auch einer Hiebwaffe zu beanspruchen und auf Herz und Niere zu prüfen, am lebenden Objekt versteht sich. Außerdem hat er vor mit einer Armbrust mittig einen Bolzen ins Metall zu jagen. Cois wird gewiss den ein oder anderen blauen Fleck von dem Vorhaben mit davon tragen, aber Aki hat nicht gesagt, dass er kein Opfer bringen muss. Immerhin ist es auch Cois' Gesundheit, die mit der Qualität der späteren Platte steht und fällt.
Wenn die Plattenstärke ermittelt ist, wird Aki das Werkstück dem Krieger an den Leib schmieden, sodass es passgenau anliegt. Er kann entsprechend nur hoffen – denn das erste Werkstück geht immer als Opfergabe an die Götter – dass einer der Götter in etwa Cois' Körperbau hat. Oder zumindest Lugh's Kaminsims noch soviel Platz bereit hält.

[Bild: gvxpfy2s.png]
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#34
Nahezu Komplett

Nordgard 1393

Er war inzwischen fast 4 Jahre in diesem fremden Land und es gab nicht selten Tage, an denen er sich fragte was er hier tat. Ursprünglich war er hier her gekommen um nach seiner Ziehschwester Naíra zu sehen, doch nach ein, zwei Jahren im alten Hafen war er ausgezogen, um sich einen Überblick über dieses Land zu schaffen. Vielleicht war er geblieben, um dieses Land aus den Fängen des Irrglauben an einen einzelnen Gott zu befreien, vielleicht auch einfach, weil er nichts anderes mit sich an zu fangen wusste. Zuerst verdiente er sich sein Auskommen, indem er für Schmiede in der Mine nach Erz grub. Doch schon bald traf er auf einen Mann, den alle nur die Schlange nannten (der Name hätte ihm eine Warnung sein sollen), der meinte er wäre nicht für die Mine gemacht, und viel tauglicher für die Messerarbeit. So zog er dann als Söldner durchs Land. Inzwischen hatte er sich so weit von dem Jäger von der Insel Prenne entfremdet, dass es nur noch ein schwaches Abbild davon war, welches er ab und an vor Augen hatte.

Im Winter des Jahres 1393 lebte und diente er gerade in Nortgard. Er arbeitet für einen Hermetiker, der eine Bande von Kämpfern und Söldnern um sich gescharrt hatte und nach einem alten Artefakt Amatheon's suchte. Es waren keine guten Menschen, weit davon entfernt ehrbar zu sein, aber sie behandelten ihn gut, und das reichte ihm. Er lernte sie kennen, auch sie arbeitete für diesen Hermetiker und das war für ihn Grund genug keine Fragen zu stellen. Was auch immer sie mit diesem Artefackt wollten, es war vermutlich nichts Gutes, doch zu dieser Zeit war ihm das gleichgültig. Er führte ein gutes Leben. Erst vor wenigen Tagen hatte ihm Kommandant Deornoth eine Rüstung aus Rabenstahl vor die Füße geknallt und gemeint:“ Schenk ich dir, Junge!“ Heute würde er fragen woher sie kam, damals war es ihm gleich, und die Tatsche, dass sie ihm etwas zu klein war, wies darauf hin, dass sie bestimmt nicht für ihn gemacht war. Dennoch war schwarz schon immer seine Farbe gewesen. Die Rüstung musste nur etwas angepasst werden.

Die Wachen an der Schmiede hatten ihm erzählt, dass Meister Hensing in der Mine war, und so stand er kurz danach schon vor dem Eingang einer der vielen nortgarder Stollen, in dem Schmiede und Bergarbeiter Erz aus dem Gebirge schlugen. In dem Moment, in dem er die Mine betrat, wurden die Erinnerungen an seine eigene Zeit als Bergarbeiter wach. Sie war vielleicht schlechter bezahlt, doch es war ehrlicherer Arbeit als jene, der er im Moment nach ging. Das ferne Hallen einer Spitzhacke, die auf Stein traf, verriet ihm wo er Meister Hensing finden würde und schon kurze Zeit später hatte er den kleinen, kräftigen Mann gefunden. Der Schweiß stand ihm im Gesicht, was Zeugnis war, dass er wohl schon ein, zwei Stunden hier unten war und unaufhörlich schuftete, sein langes rotes Haar klebte ihm im Gesicht. Er hatte ihn noch nicht bemerkt und hackte unaufhörlich in den festen Stein. Zwischen zwei Schlägen räusperte er sich schlussendlich, der Schmied hielt in seinem Tun inne und wendete sich um. Kurz kniff er die Augen zusammen, um zu sehen wer da gekommen war, dann formte sich ein Lächeln auf seinen Lippen und er hob die freie Hand zum Gruß.

Der stumme Schmied Hensing war wohl der beste Freund, den er je gehabt hatte. Er war fleißig, fürsorglich und, obwohl er nicht sprechen konnte, verstand er ihn meist auf Anhieb. Für jene Momente, in denen dies nicht klappte, führte er immer ein kleines zerfleddertes Buch mit sich, in dem sie ihre Wörter austauschten. Hensing war wohl einer der Gründe, wieso er das lesen und Schreiben lernte. Er war zwar ein Schmied, doch in dem sehnsüchtigen Blick, mit dem er die Krieger und Söldner immer ansah, konnte man merken, wie sehr er sich wünschte eigentlich ein Abenteurer zu sein. 
Als einer der wenigen, von denen er nicht wusste, was mit ihnen nach dem Zwischenfall in Guldennach passiert war, hatte er sich immer vorgestellt, dass Hensing später glücklich geworden war. Ganz gleich, ob nun als Abenteurer, oder zur Ruhe gesetzt, vielleicht zusammen mit einer Frau und Kindern, die er in die Welt gesetzt hatte. In dem Fall würde Hensing ihnen vielleicht zu sehen, wie sie aufwuchsen und ein Leben in Frieden führen.

Die nächsten Tage und Wochen gab es nicht viel zu tun, so half er Meister Hensing beim beschaffen des Materials für die Ausbesserung der Rüstung und sah ihm bei der Arbeit zu. Knapp zwei Wochen später hielt er die ausgebesserte Rüstung in Händen. Die Teile waren mit Ornamenten von Federn und Flügeln versehen worden, denn damals mochte er solche Dinge. Er erinnerte sich noch, wie er mit den Fingern die Linien, die ins Metall gearbeitet waren nach zog, wie er ein Gefühl für dieses seltene Erz bekam, dem die Amhraner göttliche Eigenschaften zu sprachen.

Eines war klar, das Rabenstahl hatte ihm gefehlt. Ein Teil von ihm bereute es, seine Rüstung für die Überfahrt nach Prenne verpfändete zu haben und so war er.... „froh“ so nahe dran zu sein, wieder komplett zu sein. Aki war es, der ihm dies ermöglichen würde. Er war gewiss kein Meister Hensing, aber er war näher dran, als alle anderen Schmiede, die ihm zuvor begegnet waren. Und so war er bereit, dem ruppigen Schmied so gut es ging zu helfen, um ihrer beider Träume zu verwirklichen.
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#35
Forschung: Plattenharnisch aus Rabenstahl - Herstellung

Der Abend des Freiungstag war nicht so verlaufen, wie er es bei den letzten Werkstücken gewohnt war. Neben dem Wächter Cois hatte sich auch Kordian eingefunden, vermutlich, um herauszufinden, was ihn demnächst erwartet, wenn er selbst Teil eines ähnlichen Vorhabens wird. Wohlmöglich wollte er aber nur die Möglichkeit nutzen, an Cois ein ganzes Waffensortiment auszuprobieren. Immerhin hatte sich die Platte, auf der Aki's Hoffnungen lagen, bewährt. Somit konnte er heraus finden – indem Cois mit Klinge, Hammer und Pfeilen beschossen wurde, während er in der Harnischbrustplatte steckte – welche Stärke der Stahl des Harnisch besitzen soll.
Mit diesem Wissen, sowie einigen detailierten Maßen, die er zusätzlich von Cois genommen hat, macht er sich die Tage ans Werk. Der kurzzeitige Wetterumschwung der letzten Wochen ist überstanden und die Sonne wagt sich wieder hervor, um Wärme in die Werkstatt zu tragen. Eine eher unnötige Wärme, denn die Glut der Esse sorgt für mehr Hitze, als es dem Schmied angenehm ist, aber immerhin ist es nicht mehr so windig. Jetzt, da er den Großteil der Zeit alleine am Amboss steht, kommt die Wut auf seinen Lehrling wieder hoch. Er hatte sich offensichtlich mehr an den fleissigen Helfer gewöhnt, als ihm lieb ist. So erhält Greta ein paar Münzen, dafür, dass sie den Blasebalg stetig betätigt und für ausreichende Glut sorgt, während der Meister sich an dem Metall zu schaffen macht. Er hatte bereits vor der letzten Forschung - die geplant war, aber nie statt gefunden hat – ausreichend viele Rabenstahlbarren gegossen, um jetzt nicht in Bedrängnis zu kommen. Das Material sollte für zwei Harnische ausreichen, bevor ihn die Knappheit wieder auf den Berg lockt.

Der Rüstungsbügel im Laden, den es zu behängen gibt, präsentiert noch gähnende Leere. Eine Tatsache, die der Meister scheunigst ändern will. Er beginnt mit dem Kürass, welcher einen recht schlichten Stil besitzt. Lediglich am Übergang zum Halsausschnitt, an den Armausschnitten und der Brustmitte setzt der Schmied Details mit umgelegten Rändern und formschönen Ausbuchtungen. Die Armausschnitte sind großzügig bemessen, um die Beweglichkeit zu gewährleisten und einen guten Übergang zu den Armteilen zu garantieren.
Die Brust- und Rückenplatte werden an den Schultern mithilfe von kräftigen, schnallenversehenen Riemen zusammen gehalten und entsprechend anpassbar gemacht. Die dabei entstehende Schwachstelle wird von den Schulterplatten der Armschoner überdeckt und ausgemerzt. An den jeweiligen Kanten von Vorder- und Rückplatte werden Scharniere beziehungsweise Riemen angebracht, um den Harnisch aufzuklappen und auszuziehen. Dabei setzt der Schmied die Scharniere an die rechte Körperseite und die Riemen mit Schnallen an die Linke, schlicht und ergreifend, da Cois' rechte Hand dessen Waffenhand ist und er entsprechend leichter die Riemen mit Rechts lockern und ausfädeln kann.
Sowohl das Brustteil, als auch das Bauchblech der Platte wird mit Scharnieren versehen, da beide übereinander geschnallt werden. Hierbei dient ein Riemen, der vom Kragen bis zur Brustmitte reicht, wo das Bauchblech zum Riemen hin geschwungen ansetzt, zur Feinjustierung. Das doppelte Blech sorgt für einen zusätzlichen Schutz der lebenswichtigen Organen, entsprechend ist das Material dort zweimal so stark, wie im Brustbereich.

Als die Harnischkonstruktion soweit steht, beziehungsweise am Rüstungsständer hängt, macht sich Aki an die Formung der Bauch- und Gesäßreifen. Drei Bauchringe an der Zahl schließen beidseitig an das taillierten Harnischoberteil an, jeweils mit einem Scharnier beziehungsweise Riemen verbunden. An Selbige schließen die Gesäßplatten an, wobei die Platten vorne großzügiger bemessen sind, als hinten, wiederrum der Beweglichkeit zu Schulden. Die gesammte Gesäßkontruktion wird, von der Vorderseite sichtbar von ein paar genieteten Riemen verbunden, sodass eine Verkantung der einzelnen Teile verhindern wird. Den Großteil der Arbeit verrichten jedoch die festgenieten Riemenbänder an der Innenseite des Harnisch, die in drei Fingerbreit Abständen voneinander angebracht sind. So bleibt die Beweglichkeit der einzelnen Reifen erhalten und die Rüstung erhält ihr charakteristisches Scheppern, wenn die einzelnen Platten gegeneinander geraten oder auf die Beinteile treffen.
Als zahlreiche Stunden und ein paar Tage später der Harnisch soweit geformt ist, dass er für den Feinschliff bereit ist, darf Greta ihre Stellung am Blasebalg aufgeben. Der Meister macht sich daran, die Nieten mit abschließenden Hammerschlägen zu fixieren, die Riemen und Scharniere zu ölen und die Platte zu schleifen und polieren. Es sind stundenzehrende Arbeiten, die er bisher seinem Lehrling überlassen hat. Auf gewisse Weise ist die abschließende Feinarbeit aber auch meditativ. Es kann seine Gedanken treiben lassen, beobachtet von der Schmiede aus das tägliche Treiben im Dorf und untermalt das Ganze mit dem stetigen Kratzen des körnigen Schleifsteins.
Selbst Cois klimpert gelegentlich in seiner – noch unvollkommenen – Rabenstahl-Stahl Kombination an der Schmiede vorbei und erhascht einen Blick. Dem Mann steht keine Neugier ins Gesicht geschrieben und es kommt auch kein Wort über dessen Lippen, vermutlich wissend, dass man einen arbeitenden Schmied nicht bei seinem Werk stört. Aber eine gewisse Vorfreude und Zufriedenheit kann selbst das müde, in sich gekehrte Gesicht nicht verbergen.

Sobald die Arbeiten abgeschlossen sind und ein tragebereiter, passgenauer Harnisch aus mattschwarzem Götterstahl vor Aki hängt, schlingt der Schmied Selbigen über den Arm und trägt ihn die statuengeschmückten Treppen zum Domizil des Rabenwächters hoch. So knapp angebunden, wie Cois ihn kennt, überreicht er das Stück und bittet Cois – nach einer Anprobe – den Harnisch den Göttern zu opfern. Immerhin ist der Harnisch dem großgewachsenen Krieger auf den Leib gezimmert. Gewiss ist es keine leichte Aufgabe, das schöne Stück anzuprobieren, im Wissen, es nochmal aus der Hand geben zu müssen, aber alles andere wäre falsch.
Immerhin besteht so die Möglichkeit, bei der Fertigung der nächsten Brustplatte, die Cois sicher zahlreiche Jahre begleitet, noch gewisse Korrekturen vorzunehmen.

[Bild: vreaauuj.png]
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#36
Es dunkelte schon als er mit schweren Schritten den Hügel zum Schrein im Thalwald hinauf stieg. Es war ein beschissener Tag gewesen, und er wollte ihn, so wie alles andere hinter sich lassen. Die letzten Wochen und Monde war er in alles mehr involviert gewesen als es ihm lieb war. Wie in so vielen Dingen gab es bei ihm nur Schwarz und Weiß. Entweder ihn kümmerte rein gar nichts, oder er wollte die Welt im Alleingang in Ordnung bringen, und in beiden Fällen war es niemanden recht, oder zumindest irgendjemanden. Deswegen war er wohl am liebsten alleine, hatte niemanden für den er verantwortlich sein müsste, und seine innere Stimme flehte ihn direkt an, sich nachdem er die letzten Verpflichtungen die er zugesagt hatte erledigt hatte sich erst einmal zurück zu ziehen. Irgend wo hin in die Wildnis, wo ihn niemand suchen, finden oder stören würde. Niemand mehr irgendetwas von ihm erwarten oder verlangen würde. Er näherte sich dem Altar am Gipfel, sachte schüttelte er den Kopf. Er selbst würde nie aufhören Erwartungen an sich zu stellen, die er so sehr erfüllen konnte, wie er sich Flügel wachsen lassen konnte um Heim nach Prenne zu fliegen.


Den mattschwarzen Harnisch hielt er in der Rechten, er sank langsam vor dem Altar auf die Knie herab. Vorsichtig, fast liebevoll legte er den Harnisch nahe dem Lagerfeuer ab, das dort oben stets zu glimmen schien, wahrlich die Götter waren stark in diesem Landstrich. Kurz überkam ihm ein zweifel bezüglich seiner taten des heutigen Tages. Hatte er die Götter geschmäht, oder war dieser Plan, die Götter zu nutzen nur um die Servaner zu Schikanieren von Anfang an eine Schmähung an sich. Er war dagegen gewesen, doch der Rat stimmte zu, somit gab es nichts was er tun konnte. Seine Gedanken kreisten und er konnte sich nicht und nicht auf die Situation vor ihm konzentrieren. Hätte er sich einfach raus halten sollen, mit den Achseln zucken und Isabell alleine reisen lassen, mit dem Wissen das die Servaner noch ein zwei mal den Heimweg antreten würden, bis es ihnen zu dumm wurde.


Kräftig schüttelte er den Kopf. Er war hier, er war jetzt, hier unter den Sternen, hier vor den Göttern. Er war hier um ein Opfer zu bringen. Ein Harnisch aus Rabenstahl. Das Werkstück war Schmucklos, an seine Größe angepasst. Er erinnerte sich an seine alte Rüstung. Am Rücken waren Flügel eingraviert, die Federn fein heraus gearbeitet, auf der Brust, saßen ein zwei Raben verteilt. Wieso war ihm das damals so wichtig gewesen, und heute so unwichtig. Er streckte seinen Kopf in den Nachthimmel und atmete tief durch ehe er leise mit seiner tiefen Stimme sprach:“ Lugh und Lyon, ich danke euch, das ihr erneut Rabenstahl in diese Welt gelassen habt. Ich danke euch, das ihr dem Schmied Aki Dúran mit der Inspiration gesegnet habt es zu formen, auf das ich es erneut, mit Stolz im Kampf für euch in die Schlacht tragen darf. Ich bitte euch, mir meine Fehler zu verzeihen, denn ich bin nur ein Mensch, so sehr ich mich auch bemühe mehr zu sein, um euch besser dienen zu können.“ Er kniete noch eine ganze weile da, vor dem Werkstück, vor dem Schrein. Die Gerräusche der Kreaturen der Nacht, das plätschern des nahen Gewässers, das Rascheln der Blätter als seine Hintergrundmelodie.
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#37
Forschung: Plattenhalsberge aus Rabenstahl - Vorbereitung

»Ach dafür ist das Horn!« murmelt der junge Bursche, der über die kleine Mauer der öffentlichen Schmiede lugt. Aki bearbeitet soeben einen mattschwarzen Plattenstreifen am Amboss, die er immer wieder in flüssiger Geschwindigkeit über die Nase des Selbigen führt. Dabei erfolgen feste, gezielte Hammerschläge, die dem vorher erhitzen Blech eine gleichmäßige Krümmung verleihen.
Kleine Stiefel scharren an den Steinen des Mauerwerks, aber der Schmied lässt sich von dem Gesuch nach Aufmerksamkeit nicht bei der Arbeit stören. Es würde sich schon zeigen, wie groß die Neugier und die Geduld des Burschen ist. Als die Legierung soweit abgekühlt ist, dass er sie mit der langstieligen Zange zurück in die Glut schiebt und mit Kohle bedeckt, steht der Junge noch immer an seinem Platz. Er ist vielleicht dreizehn oder vierzehn Sommer alt und hat dreckige Schlieren im Gesicht.
»Wo is dein Vater? Ich hab keine Lust auf Ärger.«
Der Junge schürzt auf kindische Weise die Lippen und späht weiterhin zum Amboss.
»Er ist in der Markthalle! Und wofür ist das Loch dort oben?« brabbelt der junge Kerl in einem Atemzug und deutet zur Aussparung auf der Ablage des Amboss.
»Da kannste was drauf stecken.« brummelt er, während er in den Kohlen stochert, in der Hoffnung, die kleine Nervensäge verliert bald das Interesse. Jedoch weit gefehlt.
»Was denn?«
Mit einem resignierenden Seufzen greift Aki eine handliche Holzkiste und setzt sie dem Burschen vor. Darin befinden sich verschiedene Metallstücke, an einer Seite mit einem rundlich geschliffenen Stift, der ins Loch am Amboss passt, an der anderen Seite entweder mit einer Rundung, einer Kugel, einem Keil oder Stiften.
»Das nehm ich zum Biegen.« raunt er und deutet auf den Aufsatz mit zwei Stiften, die einige Fingerbreit Abstand zueinander haben. »Das hier is gut für runde, glatte Formen«, wobei er auf die Kugel deutet, »Hiermit kann ich Stahl in zwei Hälften zertrennen«, zuletzt auf den Keil deutend.
Mit großen Augen verfolgt der Junge die Schau nachdenklich. Aki lässt ihn mit dem neu gewonnenen Wissen einen Moment alleine und zieht die mattschwarze, jetzt orange glühende Platte aus der Esse.
»Mein Papa hat so etwas zum Holz spalten!« verkündet der Junge nach einigem Ringen, dabei auf den Keil deutend. Aki hebt die vernarbte Braue an und setzt zu einer Erwiederung an, als ein strenger Ruf ihn unterbricht.
»Gregor, lass den Meister seine Arbeit machen.«
Für einen Moment ruht die formbereite Platte auf dem Amboss und der Schmied sieht mit gezückten Hammer zum Vater des Jungen, der mit murriger Miene in Richtung Schmiede stapft. Aki kennt das Gesicht flüchtig vom Sehen.
»Hat er wieder Ärger gemacht?« braust der Vater auf und sieht argwöhnisch zum Sohn hinab.
»Nein.«
»'Was gestohlen?«
Diesmal schüttelt Aki nur den Kopf und holt schließlich zu weiteren Hammerschlägen aus. Das glühende Metall biegt sich unter den kraftvollen, nachhallenden Schlägen in die Form, die der Schmied anstrebt. »Er war nur neugierig«, fügt Aki nach einer Pause an.
»Mpf!« macht der Vater, als hätte man ihm das Pulver genommen. »'Hoff er hat dich nich zu viel gelöchert. Der Götter Segen.« Nach einem weiteren, strengen Blick, stapft der Mann los, gefolgt von Gregor, der nochmals zur Schmiede zurück blickt. Nach zwei Schritten brummt Aki abschließend. »Der Bursche hat was im Kopf. Lugh mit euch.«
Die beiden halten nicht inne und die Bemerkung bringt ihm keinerlei Erwiderung ein. Als er jedoch den Kopf hebt, sieht er wie der junge Bursche lächelt und ihm winkt. In dem dreckigen Gesicht steht ein stummes Versprechen, das besagt »Ich komme wieder!«.
Seltsamer- und seltenerweise aufgrinsend, wendet sich Aki zurück zur Esse und vergräbt die Legierung erneut in der Glut. Nach einem weiteren, formenden Durchgang, wird das Teilstück in den nahen Blecheimer mit rußig-eisenhaltigem Wasser geworfen. Zischend und dezent brodelnd kühlt sich der Rabenstahl ab, der sich dicht an bauähnliche Teile schmiegt.
Aki wirft einen letzten, prüfenden Blick auf die eigene Skizze, bevor er sachte zu sich nickt. Die Vorbereitungen sind soweit zu seiner Zufriedenheit, dass er auf Kordian's Auftauchen warten kann. Er wird die gebogenen Platten direkt an den Hals des großgewachsenen Kriegers anlegen, Reifen für Reifen zusammen nieten und dabei sicher stellen, dass die entstehende Halsberge exakt passt.    
Außerdem ist es eine Frage des Trägers ob und welche Polsterung er an der Innenseite anbringt. Jedoch wäre es ebenso Zeitverschwendung, das Futter vorher anzubringen, wie das Werkstück jetzt zu schleifen. Sobald die Legierung erneut der Glut übergeben wird, und sei es nur, um die Krümmung zu verschärfen, ist die Oberfläche wieder rußig und angelaufen.
Der nächste Arbeitsschritt kann warten, bis der Krieger eintrifft. Bis dahin kramt sich Aki noch das übrige Paar Kaminwurzen und den Kanten Brot hervor und macht sich darüber her. Insgeheim frägt er sich, wo Orestes immer die Leckereien auftreibt.

[Bild: 8f5dc3np.png]
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#38
Ehrfurcht. Das war das richtige Wort. Zumindest war es das erste Wort das ihm einfiel als er in die lange Gallerie betrat, die den Weg zur Rabenschmiede deutete. Der kalte Stein und die dunklen Gänge hatten ihren ganz eigenen Charme. Jahrhunderte alte Abbilder, in Stein gebannt und für die Ewigkeit erschaffen. War es nicht genau das, was jeder Mann von sich selbst erhoffte? Irgendwie der Nachwelt erhalten zu bleiben, den kommenden Zeitaltern etwas zu hinterlassen, was ihn nicht vergessen und verschwinden lassen würde, sobald Morrigu ihre Krallen nach einem ausstreckte. Und hier stand er nun, von Aki geführt und von Anouk begleitet, umringt von den Statuen vergangener Zeiten, an die sich wohl kaum noch jemand erinnern konnte, welchen Zweck sie dienten oder wem die große Ehre zuteil wurde hier verewigt zu werden. Er hätte hier Stunden verbringen können, wäre da nicht das eigentliche Ziel ihres Ausflugs gewesen. Die Schmiede.


Sicher kam es ihm etwas seltsam vor, den Sack mit Rohfleisch den ganzen Weg mit sich geschleppt zu haben. Da er aber nur als Begleiter fungierte, war es nun auch nicht wichtig genug, um tiefer ins Detail zu gehen, der Schmied Rabensteins würde schon seine Gründe haben. Es dauerte Stunden des Weges, bis sich dieser Grund endlich offenbarte. Der tiefe, dunkle Schlund der Esse führte hinab in den Berg. Tiefer als man mit dem bloßen Auge erkennen konnte und irgendwas in seinem Inneren sträubte sich dagegen, dem Abgrund auf den sprichwörtlichen "Grund" zu gehen. Es dauerte nicht allzu lange, bis das besagte Bauchgefühl Bestätigung bekam von einen nun ganz realen Grollen aus der Tiefe des Berges. Und als der Schmied das Fleisch auch noch in den Abgrund kippte, dämmerte es Kordian langsam, wie das ganze ineinander griff und was es zu bedeuten hatte. Er fütterte "etwas" ... Etwas, das dort unten hauste und nun mit schmatzend, krachenden Bissen die großen Brocken an totem Wild verschlang, welches ihm von den Oberflächenbewohnern soeben präsentiert wurde. Es dauerte seine Zeit bis die gierigen Fresslaute abklangen und das Ende der Verköstigung ankündigten. Ein Geräusch, wie es wohl schon seit Urzeiten von Menschen gefürchtet wurd folgte als nächstes. Sei es das Unerwartete oder die schiere Lautstärke der tosenden Flammen aus dem Abgrund, der gestandene Krieger wich zurück, erst ein Schritt, zwei, drei. Nur das Ausbleiben eines sicherlich schmerzhaften und nicht minder unrühmlichen Ablebens in der Feuersbrunst waren ein Indiz dafür, dass was auch immer hier vorging, zumindest im groben Rahmen der Kontrolle des Schmiedes unterlag. Er fütterte "es", damit die Esse geheizt wurde. Das war unglaublich, die schiere Abstraktheit der Symbiose zwischen dem Schmied, der Esse und dem Lebewesen im Berg, lies Kordian mit offenem Mund wie einen Tölpel das dargebotene Schauspiel betrachten.


Die Tatsache, dass Aki seine Arbeit weiter verrichtete und die Glut der Esse nutze, um seiner Kunst eine greifbare Form zu verleihen, erschien für Kordian plötzlich so nebensächlich, als er die erlebten Dinge noch zu verarbeiten suchte. Es waren einfach zu viele Eindrücke, um sie mit einem einzigen mal zu verarbeiten und würdigen zu können. Irgendwann auf dem Rückweg, als die Glut und Hitze der Rabenschmiede schon abgeklungen war, beschloss der Krieger nicht das letzte mal hier gewesen zu sein. Dieser Ort war wirklich etwas, das man gesehen haben musste. Ehrfurcht war das vorherrschende Gefühl des Soldaten, als sie den Berg mit Anouk und Aki wieder verliess.
Lernen durch Schmerz
Motivation durch Entsetzen
Festigung durch Wiederholung
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#39
Forschung: Plattenhalsberge aus Rabenstahl - Komplettierung der Plattenrüstung

Sechs Mondläufe sind ins Land gezogen, seitdem er den ersten Barren Götterstahl gegossen hat.

Seit fünf Monden forscht er mit all dem Wissen, dass er über die Jahre gesammelt hat an der Plattenrüstung aus der mattschwarzen Legierung.
Zahlreiche Hürden begegneten ihm auf dem Weg, bis er endlich das letzte Teil in den prankenhaften Händen hält.
Obwohl die Halsberge mit Abstand das zierlichste Teil der Platte ist, welche wenig Material Bedarf und am wenigsten Können und Arbeitsstunden fordert, hat er sich das Stück bis zum Ende aufgespart. Der Schmied legt wert auf einen möglichst reibungslosen, kontrollierten Ablauf, ganz gleich in welcher Lebenslage und den hat er sich gesichert, indem er die Mammutaufgaben vorher bewältigt hat.
Gerade einmal zwei Riemen mit Schnalle zieren die Halsberge, die auf den Stiernacken des Gardisten Kordian angepasst ist. Das einfache Eisen der Schnallen hat er nur grob poliert, um die passende, dunkle Färbung zu erhalten. Die Riemen der Rüstung sind allesamt aus schwarz gefärbtem Leder, was der Wehr ein edles Gesamtbild verleiht.
Die drei geschobenen Reifen der Halsberge hat er dem Krieger auf die Kehle zu geschmiedet. Jede Vorarbeit hatte er bereits in Abwesenheit des Kriegers geleistet, weswegen das Zusammentreffen ohne Hast verlief. Die Einzelteile des Werkstücks, gerade einmal sechs an der Zahl, wurden abschließend nur noch geschliffen, abgekantet und poliert. Da der kragenhohe Gambeson des Kämpfers bereits die nötige Polsterung besitzt, war keine zusätzliche Wattierung von Nöten.

Bevor Aki den Göttern eine vollständige Durán‘sche Plattenrüstung aus Götterstahl gönnt, füttert er die Nieten mit ein paar Tropfen Öl und befreit die Oberfläche der Halsberge schließlich von Ruß, Staub und Schlieren. Diesmal hat er es seinem Helfer Kordian überlassen, den Schrein zu wählen, um die Gabe den Göttern zu bieten. Obwohl es für den Schmied bereits zu einem Ritual wurde, verspürt er nun eine gewisse Aufregung. Wie bei einem Gemälde, stellt sich der Gesamteindruck erst nach dem letzten Pinselstrich ein. Genauso ist es mit einer Wehr, die erst vollständig wirklich wirkt, der Fall. Er mag keine Fehler, weswegen er Lugh‘s kritischem Auge keine Kritikpunkte liefern möchte. Seitdem Aki die ersten Barren gegossen hat und Lugh seine Rune darauf hinterlassen hat, zweifelt er keinen Wimpernschlag daran, dass ihm auf die Finger geschaut wird. Ihm wurde die Ehre zuteil, die Götterlegierung zu verarbeiten und er würde die Bedeutung dahinter nie in Vergessenheit geraten lassen.
Als er die Halsberge in Leinen eingeschlungen hat, blickt er zu den übrigen Stücke der Plattenrüstung in der Vitrine. Wann immer ein Krieger seinen Laden betritt und sehnsüchtig zu der einzigartigen Auslage blickt, verspürt der Schmied keinen Triumph oder Genugtuung darüber, dass er die Macht hat, darüber zu entscheiden. Er fühlt sich vielmehr verantwortlich, die Götter mit seiner Wahl zufrieden zu stellen, wen er in den Götterstahl hüllt.
Während der stahlblaue Blick über die mattschwarze Pracht gleitet, frägt er sich – ergriffen von väterlichem Stolz – was sein eigener Vater davon gehalten hätte. Ob Eduart versucht gewesen wäre, den größt möglichen Profit daraus zu schlagen? Oder war sein Glaube stärker als die ravinsthaler Gier nach Silber und Gold? Wäre er stolz oder neidisch gewesen?
Mit einem Schulterzucken, reisst sich der Schmied aus den Gedanken. Er klemmt das Bündel unter den Arm und macht sich auf den Weg zu Kordian und Anouk‘s Hof. Es gibt keine Zeit zu verlieren, immerhin wollen nach der Opfergabe alsbald weitere Rüstungen vervollständigt werden.

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#40
Da stand er nun, in der drückenden Hitze der Hausschmiede in Rabenstein. Die Augen gebannt auf das Werkstück gerichtet, das Aki aus dem Tuch wickelte. Dunkel, rußig und massiv. Es war das letzte Stück, das eine fehlende Segment, bevor er vollständig in das Göttermetall gehüllt sein würde.
Nun war wieder einmal Geduld entscheidend. Es gab Pflichten, die zu erfüllen waren, bevor er das Metall um seinen Hals legen durfte. Pflichten, die er als eine Ehre empfand, nicht als Belastung. Das erste Stück gehörte den Göttern. Lughs Opfergabe sollte es werden und er durfte den Ort bestimmen.


Geschlossen machte sich das kleine Grüppchen auf den Weg in die Wildnis Ravinsthals. An sich war es kein weiter Weg zum abgebrannten Wald. Er war nervös ohne genau zu wissen aus welchem Grund. Weswegen sollte Lugh die Opfergabe des Schmiedes ablehnen? Es gab keinen ersichtlichen Grund, der diese Befürchtung nähren würde und dennoch. Einmal festgesetzt war es schwer den Gedanken wieder abzuschütteln. Ein Seitenblick gab ihm die Zuversicht, um die aufkeimende Nervosität im Keim zu ersticken. Anouk, die Geweihte des Rabenkreises, begleitete sie. Es war immer besser sich den Rückhalt zu holen, erst recht in Dingen des Glaubens.Der andere Begleiter war da hingegen etwas seltsamerer Natur. Orestes, an sich ein flüchtiger Bekannter für Kordian, aber dennoch ein Gesicht, das er mehr mit Löwenstein verband als mit Rabenstein. Sicher hörte man Gerüchte, damals wie heute über den Werdegang des kleinen, drahtigen Mannes. Aber alles, was Kordian vorerst wissen musste, war sein Engagement bei der Rückholung von Anouk aus Löwenstein. Das reichte.

Da standen sie also, im dunklen Forst Ravinsthals. Die Halsberge vor dem Andachtsstein niedergelegt von Aki persönlich. Keinem anderen gebührte diese Ehre als dem Mann, der über Monde hinweg trotz aller Widrigkeiten Stück für Stück das Göttermetall in Form brachte.

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Andächtig sprach Anouk die Worte des Segens an Lugh. Jeder hing in diesem Augenblicken seinen eigenen Gedanken nach. Es war erhebend und beklemmend zugleich, sei es nur für einen kurzen Augenblick durch die Worte der Geweihten sich den Göttern so nahe zu fühlen. Zumindest was Kordians Sicht der Dinge betraf, verdankte er sein fortbestehen der Gnade eben jener alten Götter.

Es gab nicht mehr viel zu reden, als die kurze Andacht geeendet hatte. Der Rückweg erwies sich genauso unproblematisch wie schon der Hinweg. Immer wieder erwischte sich Kordian dabei, wie seine Aufmerksamkeit gen Orestes glit. Irgendwie wirkte der Mann erleichtert, als ob er fast damit gerechnet hätte, dass ein Göttlicher Wächter aus dem Nebel erscheint und ihm vom Beiwohnen der Zeremonie abhält. Abermals war ein kleiner Akt der Willenskraft nötig, um sich von diesen Gedanken loszureissen. Es war vollbracht. Lugh war gedankt worden - jetzt ging es darum dem Schmied zu danken.
Lernen durch Schmerz
Motivation durch Entsetzen
Festigung durch Wiederholung
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