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Der wehrhafte Curator auf Reisen - Druckversion

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Der wehrhafte Curator auf Reisen - Arno Erenthal - 10.03.2018

Was war dieser Bauer dreist! Um Stände scherte sich Arno meist nicht, aber dieser Kerl trieb ihn auf die Palme. Es hatte lange genug gedauert jemanden zu finden, der bereit war einen Karren und einen alten Kläpper zu vermieten, um die Exponate auf die lange Reise nach Rabenstein zu schicken. Jetzt stand dieses verhutzelte Männchen mit breitem galatischen Akzent vor ihm und feilschte wie die reichsten Händler Silendirs.

"30 Schilling, für einen Tag!", sprach er mit kratziger Stimme und einem gierigen Funkeln in den Augen.

"Nicht mehr als 10! Willst du mich ausnehmen, alter Mann? Ich bin ein Ratsherr. Ich kann dir das Leben zum Abyss machen!"

Selbst seinen patentierten Blick nutzte er auf den Mann: Das kalte Starren aus effektiv stahlblauen Augen. Aber auch das half nicht und so einigten sie sich letztlich auf 25 Schilling. Unwirsch zahlte er den Bauern aus, wobei er nicht umhin kam ihm innerlich Anerkennung zu gewähren. Äußerlich fluchte er wie ein Rohrspatz und zeigte sein Missvergnügen sehr deutlich.

Es dauerte beinahe zwei Stunden die sperrigen Exponate auf den Karren zu laden. Schwer waren sie nicht, aber alles andere als handlich. Immer wieder stach ihm eine Klaue, eine Axt oder ein anderer Auswuchs in die Seite, in den Oberschenkel oder sonst wo hin. Als er endlich die Stoffplane über die Bestien ausbreitete, stellte er fest, dass dieser Transport wohl einige Blicke auf sich ziehen wird. Der Stoff verwährte zwar jeden Blick auf die aus diversen Tieren wie Krokodillen, Riesenkröten und sonstigen Wesen zusammen geschusterten Kreaturen, aber durch die Ausbeulungen wurde die Fantasie angeregt und die konnte meist gruseliger ausfallen als jeder direkte Blick.

Der Weg war mühsam. Tatsächlich blieben zahlreiche Menschen, die ihr Tageswerk in den Feldern und Wäldern nachgingen stehen und starrten, tuschelten oder suchten sogar das Weite. Keiner wagte sich an den Karren heran, um nachzufragen was für ein Gruselkabinett da transportiert wurde. Ein Holzfäller traute sich aber zumindest und rief:

"Hexer! Schaff deine Abstrusitäten von unserem Land! Das ist Mithraslos!"

Danach spuckte er aus. Arnos Blick traf ihn und dieses Mal zeigte er sogar Wirkung! Der Holzfäller machte kehrt, mit hochgezogenen Schultern und eingezogenem Kopf und verschwand hinter einer Buche. Der kleine Erfolg half dem angeknacksten Ego des Curators und er stimmte vergnügt ein Pfeifen an.

Die restliche Reise verlief erreignislos. Nicht mal Harpyien waren auf dem Pass zu sehen. Ein wenig kämpferische Abwechslung hätte zwar gut getan, aber er war alles in allem froh, dass sein Transportgut unversehrt blieb. Innerlich verfluchte er die Schlaglöcher der unbefestigten Wege und hielt sich den bandagierten Kopf. Sollte er nun etwas Wundheil schlucken, nur weil er etwas Kopfweh hatte? Papperlapapp! Verweichlichte er jetzt vollkommen?

Die Wache hielt ihn am Tor nach Rabenstein auf und wollte den Wagen kontrollieren. Die Plane hob er an und stieß dann einen spitzen Schrei aus, ehe er mit nervös-zittriger Hand an sein Schwert griff. Er hatte direkt ins Antlitz des Zermelzers geblickt, einer widerlichen Masse aus Schleim, mit ungleichmäßigen Augen und einem unförmigem Maul.

"Hat mich die Edle Mendoza nicht angekündigt?", fragte Arno den schockiert nach Luft schnappenden Wachmann.

"Ach, ihr seid das. Doch, doch. Ja. Ähh. Fahrt weiter." Er winkte den Karren durch, ehe er leise hinterher murmelte. "Mein armes Herz. So eine Scheiße."

Die nächsten Stunden hörte man aus Ser Melyrs Haus das Rumpeln verrückter Möbel, manchmal das heftige Fluchen des Curators und gelegentlich auch einen Schrei der Frustration, ehe wieder Stille einkehrt. Der Karren steht entladen vor dem Haus; der alte Kläpper, der ihn gezogen hat, kaut auf etwas Unkraut am Wegesrand herum.