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Normale Version: Tugenden im Leben
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'Die Klinge in Blut getränkt'

Ein stattliches Kerlchen. Aktiv, wehrhaft und aufgeweckt. Ein Geschenk Mithras'.
Schemenhaft sind ihm die Erzählungen seiner Mutter Karina in Erinnerung. Selten gab es Momente wie diesen, in denen seine Mutter so offen über ihre Gefühle gesprochen hatte.
Für die Familie Jarcath war es notwendig die Nachfahren mit Ehre und Sitte zu erziehen. Seine Mutter übernahm dabei die Sitten, das Lesen und das Schreiben. Sie war für ihr Alter eine sehr intelligente Person. Dennoch war sie sehr Streng und bestand immer auf Etikette.
Wie er nun da in der Kammer stand, so schwach von einer Kerze beleuchtet dass man gerade so die Umrisse der Einrichtung erkennen konnte, sinnierte er über die Zeit die er mit seiner Mutter verbringen durfte.

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In seiner rechten Hand ruhte der Griff der Klinge. Sie war blutverschmiert, verklebt. In der linken Hand ein Blut verschmiertes Pergament. Der Gläserne Blick war irgendwo verloren im Raum. Er fühlte sich beraubt, seiner Lebensgeschichte beraubt. All die Lektionen seiner Mutter; 'verloren'. Er hatte das Zeitgefühl verloren. Innerlich drohte er, wie ein Vulkan, der sein Druck allmählich nicht mehr Platz verschaffen kann, zu platzen. Ein Gefühl, dass er noch nie kennen gelernt hat.

Geduld, Fleiß, Disziplin und Sitte.

Das waren doch die Tugenden, die ihn ausmachten. Aber dieses Vergehen lies seine Sinne wahrhaftig umkehren. Rasend wie es ihn machte, vergaß er jegliche Lektionen seiner Mutter.
Jemand hatte sich an eines seiner liebsten Dinge bedient. Der junge Marcus, gerade mal die 14 Sommer hinter sich, immer noch versteinert. Für sich in Wut und Trauer gefangen stand er nach wie vor regungslos in der Kammer.

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Mit weitem Schwung ging die Türe der Kammer auf, erst das Bücherregal stoppte die hölzerne Tür mit lautem gepolter. Einige Bücher verselbstständigten sich und fielen mit lautem Donnern auf die Holzdielen der Kammer. Einer der Wachmänner fand sich ein, blieb geschockt stehen als er Marcus da so versteinert stehen sah. Die blutverschmierten Utensilien in seiner Hand taten das übrige. Der Lärm befreite ihn nicht von seinen Rachsüchtigen Gedanken. Daraufhin rannte der Wachmann, begleitet mit polternden Schritten, aus Kammer auf der Suche nach Hilfe.


'Das Schild zum Schutz'

Du wirst mal ein ehrwürdiger Kämpfer. Ganz wie dein Großvater.
Diese Worte pochten dämmernd in seinem Schädel. Gefüllt von den abwegigen Gedanken stand er immer noch da versteinert. Nun fiel mehr Licht in die Kammer und färbten die Einrichtung in einen feuerroten Ton. Es glich seiner Stimmung immer ähnlicher.

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Ebenfalls war es für die Familie Jarcath Notwendig, seine Nachfahren in Kampf und Reiten zu schulen. Sein Vater Marlon war wie ein Vorbild für ihn. Das Training war immer Hart. Krafttraining, Ausdauertraining, Toleranz gegen Schläge und Treffer und natürlich die Schwertkunst zu Pferd wie zu Boden. Die Lektionen glichen einem Horror für einen Außenstehenden. Sein Vater sparte mit Lob, verteilte es nur, wenn er es wirklich verdient hatte. Der ganze Stolz der Familie sollte er werden.
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Im nächsten Moment kam Marlon schwer polternd in die Kammer gestürzt. Marcus war verschwunden. Auf einem kleinen Tisch lag lediglich das Blutverschmierte Pergament, welchem man noch wenige leserlichen Zeilen abtun konnte.

„Dein We.. *Blutverschmiert* ..efindet sich in unserer Gewalt.
Wenn du sie lebend wiede... *hier ziert ein großer blutiger Fleck die nächsten Zeilen*


Du weißt wo du uns findest, Marlon!“


Die Fassungslosigkeit stieg in ihm auf. Wer würde es wagen die ehrenwerte Familie Jarcath zu berauben; vor allem um ein Menschenleben! Wo war Marcus hin? Die Gedanken formten große Furchen in seine Stirn. Angst kam in ihm auf, die Angst des Verlustes.
Sucht auf der Stelle meinen Sohn! Stellt das ganze Anwesen auf den Kopf! Fragt bei den Ganters nach! Tut alles! Schreie, als würde ein Kommandant seine Truppe zusammen falten schallten im Morgengrauen durch das ganze Anwesen. Reges Treiben wurde abgelöst von bellenden Befehlen und die Ausführung der Wachmänner.

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In diesem Moment stand Marcus in der Rüstkammer, gerüstet in gepanzerter Lederkluft betrachtete er den Dolch in seiner Hand. Er war nicht mehr Blut verschmiert. Gründlich hatte er den Dolch der Entführer gereinigt. Er schwor sich diese Tat nicht ungesühnt zu lassen. Der Vulkan der in ihm bedrohlich nahe vor dem ausbrechen war, tat sein übriges und vernebelte seine Gedanken derart, dass seine Sinne geschärft und mit dem einzigen Plan behaftet waren, seine Mutter zu retten. Bevor irgendjemand ihn in der Rüstkammer auffinden konnte, war Marcus wieder spurlos verschwunden. Den ganzen Tag blieb die Suche erfolglos. In den Abendstunden saß Marlon in sich zusammen gekehrt in seiner Stube in dem mit Wolfsfellen ausgedeckten Sessel. Der Kopf lag schwer in der Handflächen. Keine der Angestellten wagte es, ihn auch nur ansatzweise stören zu wollen.


'Die Klinge in Blut Getränkt'

Völlig auf sich allein gestellt rannte Marcus ohne Unterbrechung durch die Täler mit ihren Wiesen und Feldern, durch die Wälder mit den teilweise uralten Bäumen. Es kam ihm vor, als wäre er den ganzen Tag gerannt. Als er irgendwann einfach aus dem Lauf heraus zusammenbrach und einige Schritte weit über den feuchten Boden stürzte blieb er Regungslos, aber mit brennenden Lungen liegen. Die Kontrolle über seinen Körper war verloren, die Augenlider fielen zu.

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Du legst bald besseres Benehmen zu Tage als dein Vater. Du bist wahrhaftig ein besonderes Geschenk.
Donnernd kamen die Worte seiner Mutter in den Sinn. Sie hat sich viel Zeit für ihren einzigen Sohn genommen. Die Zeit die Marcus mit ihr verbrachte, war fernab des harten Trainings wie ein Ausgleich. Obwohl er sehr viel lernen musste schien er die Zeit mit seiner Mutter sichtlich zu genießen. Er konnte sich nie vorstellen, wie es mal wäre, ohne ihre aufmunternden Worte und die stetige Zuwendung zu leben.

Bald wirst du ein nettes Mädchen kennenlernen und ein guter Ehemann sein.
Pochend flackerten die Worte auf, so als wäre es die Selbstverständlichkeit der Mutter gewesen, dass ihr Sohn diese Prophezeiung erfüllen sollte. Hatte er sich jeher Gedanken darüber gemacht sich um Mädchen zu kümmern? Nein. Im Vordergrund stand das harte Training und die Lehrstunden bei seiner Mutter.
'Das Schild zum Schutz'

Er trainierte selbst jetzt, fernab der Heimat regelmäßig in der immer wieder selben Härte, wie er es von seinem Vater gewohnt war. Es war befreiend und zugleich konnte er sich so kontrollieren. Niemand musste so befürchten dass Marcus durchdrehte. Durchdrehte, wie damals ...

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Brennende Lungen ließen ihn wieder auf dem feuchten Waldboden erwachen. Wie ein Blitz schoss ihm wieder der Gedanke seiner Mutter durch den Kopf. Von Andrenalin aufgeladen sprang er auf, der Griff um seinem Dolch wieder fester. Er kannte diese Wälder und wusste, dass es nicht mehr weit war. Bald würde seine Mutter retten. Diese Wut vernebelte wieder seine Gedanken, feuerte ihn nur noch mehr an, weiter zu rennen. Er musste sie retten!

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Sein Vater brachte ihm bei, im Kampf wenig Rücksicht auf sich selbst zu nehmen, unter der Bedingung, dass man sein Umfeld schützen kann und die Gewissheit hat zu überleben. Koste es, was es wolle.

'Opfer gehören immer dazu, aber man kann sie minimieren.'

Wie ein Hauchen schwirren die Worte seines Vaters im Kopf umher.

Gemeinschaft, Zusammenhalt, Teamarbeit..

'Die Klinge in Blut getränkt'

Er musste diese Tugenden für den Moment abschütteln. Er war an die Hausmauer unentdeckt angelangt. Die Wachen schienen niemanden zu erwarten. 'Umso besser' dachte sich Marcus. Die erste Wache war kein allzugroßes Hindernis. Von ihm abgewandt den Eingang bewachend, dauerte es nicht lange, bis die Klinge den Hals durchschnitt und das Blut nur so daher floss. Die Wache war nicht mal in der Lage einen Laut von sich geben, da war Marcus schon im Innern, sein nächstes Opfer suchend, von Rache benebelt. Wie von einem Schleier betäubt wurde eine Wache nach der anderem, ein Familienmitglied des Entführers nach dem anderen, recht unkompliziert aber schnell ermordet.

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Inzwischen konnte man sich selbst in der kurzen Klinge nicht mehr sehen, so sehr war von Blut verschmiert. Marcus selbst sah nicht viel besser aus. Selbst das Schneeweiße Haar war Blutbeschmiert. An der Türe, welche sich als Gefängnis seiner Mutter entpuppte, vernahm man Stimmen. Die eine seiner Mutter, die andere.. es war eine Fremde..und es musste die Stimme des Entführers sein. Die Tür wurde unter Augenschein genommen, ehe einem auffiel dass der Schlüssel von Außen steckte..

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Ein tiefer Atemzug, ehe der Schlüssel in der Tasche verschwand, die Türe ruckartig aufgerissen wurde und Marcus hineinstürzte. Trotz seiner Körperlichen Unterlegenheit überraschte er den Entführer, der sich ruckartig umdrehte und zusehen musste, wie die Blutverschmierte Klinge mit der Spitze voran in seinen Schädel gewuchtet wurde. Der Blick des Entführers wurde leer, geschockt. Einige Wimpernschläge später, sank der Mann einfach nur zusammen. Dann sah er seine Mutter, unversehrt und selbst geschockt, von der Tat, die ihr eigener Sohn da vollbrachte.
Marcus hingegen verlor selbst seine Kraft, nur wenige Augenblicke später sackte er zusammen, die Gedanken verdunkelten sich. Nichts als leere spürte er.


'Gegenwart'

Immer wieder von diesen Bildern träumend, es hat sich zu einem Alptraum entwickelt, wachte er aufgebracht und unruhig auf. Der verbundene Kopf brannte wie glühende Kohlen. Der rechte Arm fühlte sich an, als würde jemand immer und immer wieder mit einem Messer in die selbe Stelle schneiden. Immer wieder das selbe träumend, es machte nichts einfacher. Er war nach wie vor zum Ausruhen verdonnert worden.

'Den Zorn einer Dame, egal wie Jung sie ist, solltest du dir nie einhandeln' pochte es leise zwischen all dem Schmerz in seinem Kopf. Die Worte seines Vaters. Er war unruhig, das lange ausruhen, es tat ihm nicht gut, es tat ihm nie gut. Er musste wieder etwas tun...