Arx Obscura

Normale Version: Ein Eintrag ins Liederbuch
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Die besten Ideen kamen beim Kacken.
Darum saß Farilda schon eine Weile mit einem Stück Pergament auf dem Plumsklo am alten Hafen. Würde man sie hier beim Schreiben erwischen, könnte sie das Pergament noch schnell zum Abwischen benutzen und ihre Tarnung bliebe noch. Zu bestreiten, Lesen und Schreiben zu können, gehörte zu Farildas besseren Ideen.
Ständig liefen Leute am Klo vorbei. Ununterbrochen Schritte und Gejohle. Nachts, morgens, mittags, es hörte nie auf. Über kurz oder lang musste Farilda von hier weg. Nicht einmal in Ruhe scheißen konnte man hier!
Ihr war, nachdem Georien von ihr runtergerollt war, eine Melodie für ein Lied eingefallen.
Geld verdienen würde sie mit Musik niemals; sie würde immer nur Geld verdienen, wenn sich jemand von ihr herunterrollte. "Aber eigentlich gibt's Schlimmeres", meinte sie halb zu sich und halb nach draußen, wo jemand gegen die Tür des Klos hämmerte.
Und so hielt sie noch schnell den Liedtext fest, ehe man noch versuchte, das Klo zu stürmen:
Oh großer Lithas Taguein,
du würdest gern mein König sein,
doch bist gar nicht in Löwenstein,
hier bei mir in Löwenstein!

Oh großer Lithas Taguein,
wie lange wirst du ferne weil'n?
wie lange lässt du uns allein?
Ganz allein in Löwenstein!

Oh großer Lithas Taguein,
wann bringst du mir mein Schätzchen heim?
Mein Schätzchen heim nach Löwenstein,
dann erheb' ich meinen Wein!

Oh großer Lithas Taguein,
treu ergeben will ich dir sein,
doch kommst du allein nach Löwenstein,
werde ich dir nie verzeih'n,
denn so bin ih-ICH dann allein,
ganz allein in Löwenstein!


... Und dann hatte sie nichts zum Abwischen mehr!
Nachdem sich Zamael mit vier neuen dünnen Kratzern auf dem Rücken angezogen hatte, verließ er Mieps ohne sich zu verabschieden. Das funktionierte immer: Sagte sie nichts, blieben sie meist noch bei ihr, erzählten ihr etwas, spielten mit ihrem Haar, strichen ihr über den Rücken. Bat sie sie aber zu bleiben, mussten sie schnell wieder fort. Es war, als erinnerten sie sich dann, wo sie waren und mit wem sie zusammen waren. Mieps war es ganz recht. Sie wusste immer, wer sie war. Und wo: Sie vergaß auch nicht die vielen Leichen auf den Karren, namenlose Hüllen, unerzählte Geschichten, unbesungene Helden...
Nackt rollte sie sich zu ihrer Tasche und zog das übelriechende Pergament hervor. Krakelig fügte sie noch eine weitere Strophe hinzu, die sie nicht überall singen könnte:
Oh großer König Taguein,
Was bin ich für ein armes Schwein,
Es bricht das Herz, ist es allein,
Also brech' ich dir dein Bein!
Ein letztes "GE-Ooooh-RIEN!" verließ ihre Lippen, ehe sie sich neben ihn legte und seinen Arm als Kissen benutzte. Sie sagte nichts... also ging er auch nicht.
Als das Schreiben vorgelesen wurde, konnte Farilda ihre eigene Eifersucht so gut wie riechen. Oder es waren nur ihre Füße. Aber etwas eifersüchtig war sie, das musste sie sich eingestehen. Sie vermisste ihn sehr. Und seit sie und er nicht mehr zusammen waren - wo sie vorher doch unzertrennlich waren -, sogar so sehr wie sie nie zuvor etwas vermisst hatte. Und dann war da dieser Bund des schwarzen Adlers - einfach so! - und verteilte ihn so mir nichts, dir nichts - einfach so!! Doch Moment! Das bedeutete ja, dass dieser Orden ihn haben musste! Wein! Der Orden hatte Wein! Und warum lud er dann Georien ein und nicht sie? Sie, die ihn liebte und zurückgeliebt wurde!
Warum wurde sie nicht eingeladen, war sie nicht... die Rattenkönigin?
Mit einem "Georion, bleib doch noch..." scheuchte sie ihn fort. "... und bring Wein mit!", warf sie ihm noch hinterher, ihre Eifersucht verdrängend.

Rattenkönigin, die unter dem schwarzem Staub eingeschlossen ist,
aus der Finsternis steigt sie auf, aus dem Rost, aus dem Mist.
Ihre schöne Majestät, sie trägt angenagtes Essen davon,
Königin der Ratten, sie besetzt ihren Thron!

Der Mond ist voll und scheint sein blendendes Licht,
Wunderschöne Hoheit, betörendes Gesicht,
aus der stinkenden Grube steigt sie auf,
worauf ich einen sauf'!

Rattenkönigin, Rattenkönigin,
Der Geruch des Weins führt dich,
Rättin, Rättin!
Wunderschön und doch fürchterlich!


... dann zerknüllte sie das Pergament und steckte es in die Tasche. Es würde noch nützlich sein... wenn sie das nächste Mal kacken musste...
Auf Stroh zu schlafen hatte seine Vor- und seine Nachteile. Meistens überworgen allerdings die Nachteile. Es piekste und juckte überall - und damit meinte Farilda überall.

Unter einem Jutekissen verkrochen, fügte sie noch eine weitere Strophe hinzu. Ihr Kohlestift wurde immer kleiner... aber sie wusste nicht, wo und ob es in Löwenstein neue gäbe.

Oh großer Lithas Taguein,
Dein Mut ist groß, dein Herz ist rein,
Doch ist das genug, um König zu sein?
Fürst Titus scheint zwar eher klein,
doch hätt' ich ihn lieber zum König mein.
Ansgar rollte sich seit einigen Nächten dauernd auf dem Lager herum, sich aufbäumend wie ein verdammtes Schiff im Sturm - oder eine Jungfer in ihrer ersten Nacht. Ewalt schnarchte und Harl gab ab und an ein Geräusch von sich, das wie hamjamjamjamjam klang. Irgendwer sonst schmatzte.
Normalerweise war Mieps es ja, die am lautesten schnarchte, schmatzte, sich auf dem Stoh herumwälzte und die komische Geräusche von sich gab. Naja, die klangen allerdings meist eher wie pppppfffffffrrrrt und oft redete sie im Schlaf noch dabei.
In dieser Nacht jedoch störte jedes Geräusch. Würden jetzt irgendwo noch vereinzelte Regentropfen in ein Fass tropfen, würde sie laut schreien.
Farilda ging im Nachtgewand leise die Stufen hinunter zu ihrer Truhe, in der das Pergament lag. Viel Platz war nicht mehr darauf, beide Seiten waren schon beschrieben...

Wir trinken auf unsere Jugend, . . . . Ich trink' um zu saufen,
auf die Ordnung und Mithras, . . . . . . auf das Vögeln und Raufen,
unsere Ehre und Tugend, . . . . . . . . . .einfach um mal wieder voll zu sein,
Und auf unseren Lithas! . . . . . . . . . . . .und auf den alten Taguein...
Auf unsere Helden von Indharim, . . . . . dem Arsch in Indharim,
Der Tag ihrer Rückkehr, . . . . . . . . . . . . . .ich hör' mich jetzt schon sing'
wird der Tag an dem ich sing'! . . . . . . . . . .ist der alte König endlich tot
Und erheb' den Becher einmal mehr! . . . . . kommt ein neuer und führt uns aus der Not!


Spoiler
Besten Dank an Skyrim mit den wunderschönen Liedern!
So legte Farilda auch diese Seite zu den anderen in ihre halbzerfledderte Liedersammlung:
Kennst du's, wenn Schmerz in deiner Seele brennt? Als läg' ein grauer, dunkler Schatten im Gemüt?
Gleitet dein Blick dabei nicht auf zum Firmament? Dort seh'n wir, wie der eine hell erglüht!
Keinen ander'n seh'n wir so klar und eindeutig... Seine Finger schieben sanft die grauen Wolken auf!
Er lässt sein Licht hindurch und alles wird unwichtig, fließend rot und gold lenkt er den Weltenlauf.
Wenn sich die tägliche Dunkelheit über mich legt... erinner' ich mich an die Stille, aus der ich einst kam.
Und in die ich geh', wenn mein Leben vergeht... wenn seine Flammen nehmen mich in den Arm.
Dort verbrennt mein Körper und zerfällt zu Staub... Ist dieser Gedanke nicht mehr als tröstlich?
Zu sein, wo er ist, an den ich glaub........ Nach einer langen Zeit im Purgatorium, versteht sich.


Spoiler
Es geht nicht (!) um Liebe! Grins
Nervös stand sie vor dem Aushang und biss sich einen inzwischen nachgewachsenen Nagel ab. Nun wurd's also ernst. Sie hastete zur Rotte, an ihre Kiste voller Geheimnisse und betrachtete verzweifelt die vielen losen Blätter. Kein einziges dieser Lieder war brauchbar! Sie brauchte dringend... sie hob eine Seite mit misstrauischem Blick in die Luft und überflog die Zeilen. War Ayura eigentlich die Köchin? Hieraus könnte man etwas machen:


Es ist die spezielle Art von Essen,
die man heiraten würde.
Einmal gekostet - und man wird den Geschmack nicht vergessen,
so süß, so duftend, so voller Würde.

Ayuras Apfelpastete, sie ist ein Traum,
sie zergeht auf der Zunge -
vom der Mitte bis zum Saum.
Ach, so lecker ist sie, Junge Junge.

Dieses Lied ist leider nicht lang
und die Pastete schnell gegessen,
Pastete, der ich nicht widerstehen kann,
ich hoffe, Ayura backt schon eine neue währenddessen.


Sie ordnete die losen Zettel irgendwie zusammen, die ganzen abgerissenen Seiten, und zerknitterte dabei die Hälfte.

Du warst die Welt für mich,
ich glaubte, wir wären immer füreinander da.
Du sagtest, du liebtest mich,
und glaub mir, ich war dir gerne so nah.

Den höchsten Berg hätte ich für dich bezwungen,
den tiefsten See durchschwommen,
die schönsten Lieder hätt' ich dir gesungen,
und keinen anderen mehr ins Bett genommen.

Du gabst mir etwas, an das ich glauben konnte,
mit dir fühlte ich mich wie ein neuer Mensch,
viel zu kostbar waren die gemeinamen Momente,
und nun bin ich nur noch ein Gespenst.

Ich war viel zu blind um zu sehen,
dass du mich für selbstverständlich nahmst,
ich konnte aber nicht von dir gehen,
dich zu verlieren war meine größte Angst!

Heute Nacht ist es vorbei,
du kannst nichts mehr sagen,
aber ich hau dich jetzt erstmal zu Brei,
werd' dir in deine blöde Fresse schlagen!

Du hast meine Welt mit Lügen gefüllt,
ich will's wissen, gib mir Antworten,
viel zu lange hast du dich in Schweigen gehüllt,
aber ist mir egal, ich will keine Einzelheiten.

Ich will dir nur sagen, dass du ein saublöder Arsch bist,
ich will meine Lebenszeit zurück,
ich hoffe, dass du Dreck frisst,
und dass du mir noch einmal in die Augen blickst.

War die Zeit, die wir zusammen waren nur ein Traum?
War ich denn nicht gut genug für dich?
Ach, wie gern würd' ich dir die Zähne einhau'n,
vielleicht warst DU einfach nicht gut genug für MICH!

Jetzt sag mir mal, warum du weinst,
nein, nein, ich werde jetzt nicht schwach..
das ist doch nur wieder eine List,
ich lass dich gehen, es ist nicht einfach..

Viel zu lange hattest du mit anderen Spaß,
wen genau du liebstest, ich weiß es nicht,
dachte, ich wär's, während ich zuhause saß,
aber morgen ist ein besserer Tag für mich!

Jetzt buddel' ich erstmal schön dein Grab zu,
bist ganz schön groß für so 'n Idiot,
selbst tot lässt du mir keine Ruh',
aber ich hoffe, du bleibst tot!


Farilda wog den Kopf hin und her. Nein, das nicht. Oder doch?
Waren das zwei unscharfe Blätter da vor ihren Augen oder nur eines? Und auf welches der drei sollte sie schreiben?

Es war das Gleiche in jedem Lehen,
an diesem einen Tag, 1387 war das Jahr,
die bleiben und die gehen Abschied nehmend,
der schlimmste Tag seit '69, das ist wohl wahr!

"Ich muss gehen" sprach man in den Lehen,
an diesem einen bestimmten Tag in 1387,
"Komm heil zurück", sie wollten ein Wiedersehen,
sie weinten, sie hofften, sie trösteten sich.

Für ein Abenteuer verließen sie die Lehen,
von dem sie 17 Jahre lang träumten,
ungewiss, wird '67 wieder geschehen?
als wir mit dem König scheiterten?


Sie wollte weiterschreiben, doch ihre Augen fielen ihr zu... und ihr Kopf auf den Tisch.

Kurz wachte sie wieder auf.

"Mach uns Ehre, sei ein Held!",
die Bitte, die immer wichtig blieb.
"Bring uns Frieden, bring uns Geld!"
Doch was macht es für einen Unterschied?

Sie gingen als Soldaten,
sie gingen für ihr Land,
ihr Leben musste warten,
es war des Königs Pfand.


Dann kaute sie geistesabwesend am Kohlstift und verschmierte sich den Mund... und macht es sich erneut mit dem Kopf auf dem Tisch bequem.
Tanzlied vom Weinfest:

In meinen Armen halte ich eine schöne Frau
Ihr Atem röchelt an meinem Ohr wie der einer Sau
Dabei hat sie Zähne wie ein Eber
Und ihre Haut, die fühlt sich an wie Leder
Ups, das kann ja gar nicht sein, ich glaub', meine Tanzpartnerin ist ein Schwein!
Dabei hat sie doch so nett um einen Tanz gegrunzt
Mist, ich glaub', der Abend ist verhunzt!
Naja, aber eigentlich... wenn ich sie so anseh', ist sie doch ganz nett...
Und ihre Hufe sind so schön adrett.
Und ist sie erstmal schön rund und fett
landet sie auf dem Bankett.
Mit zitternden Händen schreibt sie etwas auf ein frisches Papier, eingeschlossen in ihrem Zimmer, in dem sie nicht mehr sicher ist...

Tod durch Erhängen

Hebt ihn hoch und knotet ihn fest!
Ihr habt ihn erwischt und jetzt ist er dran!
Vom Galgen ins Grab, das ist mir recht,
beendet sein Leben am Strang!

Verbrechen zahlt sich nicht aus, sagt man
Und du bist der lebende Beweis dafür,
aber nicht mehr lang, nicht mehr lang,
denn bald hängst du hier.

Dreizehn Knoten um deinen Hals,
da ist ein Gefühl, das ich nicht beschreiben kann,
denn ich habe noch nie ein Licht gesehen, das so hell ist
wie jenes in deinen Augen...


Farilda macht einen dicken Strich über das Papier. Doch anstatt es wegzuwerfen... legt sie es unter ein anderes Stück Papier.
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