Arx Obscura

Normale Version: Wahre Worte
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Die Ballade vom unglücklichen Ignaz
 
Eins der unterschätzten Wesen,
oft gejagt mit einem Besen,
ist die Ratte, schnell und fett,
kluges Tierchen, nicht adrett
 
Ignaz heißt ihr Baronet,
Öhrchen riesig, frisst gern Mett
Krönchen aus zwölf Kinderzähnen,
knabbert, heißt’s, auch gern an Venen
 
Der Kanäle mächt’ger Sohn,
erntet recht oft Spott und Hohn
von den dreisten Menschenkindern
die sein ratt’ges Werk behindern
 
Neugier ist der Ratte Pflicht,
anders auch bei Ignaz nicht
Doch was der Rattenfürst einst sah,
hält so mancher nicht für wahr
 
Denn er sah, was möglich ist,
wenn auf Vorsicht man vergisst
Wenn man dem traut, was man sieht
Und das Übel sucht, nicht flieht
 
Unheil kommt von bösen Händen,
und aus schlichten Gegenständen
Spiegeln darf man nicht mehr trauen,
sind sie auch hübsch anzuschauen
 
Spiegel können brechen
und die Menschen schwächen
Spiegel splittern, bitte sehr!
„Es ist sicher!“ gilt nicht mehr
 
Sechse kamen uns abhanden,
als sie urplötzlich verschwanden,
aus dem Bauch der Stadt geraubt
Hat die Vogtin das erlaubt?
 
Keineswegs, das lasst euch sagen,
bald schon hörte man die Klagen
Sechse fort, oh Gram, oh Kummer,
Halt! Ihr zähltet falsch die Nummer!
 
Es war’n sechse und ein kleiner,
ein ganz fell’ger, ein Unreiner,
Ignaz, Inbegriff des Nagers
war Teil des Vermisstenlagers
 
Dort, in dieser Spiegelwelt
lauert Angst auf Flur und Feld
Ängste bleiben dort nicht stumm,
sind solide, wandern rum
 
Ängste werden dort Gestalten,
die da ihres Amtes walten,
tun, worin sie wahre Meister,
Furcht verbreiten, dreist und dreister
 
Wer fürchtet nicht vor Bleichen sich
in diesen Jahren nach dem Lich?
Sie sind als Angst beliebt bei allen,
weil sie als Alptraum recht gefallen
 
Die sechs Verlor’nen fanden bald
umzingelt sich im Bleichenwald
und vor dem Todesschlunde fast
ist Nüchternheit kein guter Gast
 
So wurde ein Gelag’ beschlossen
das Unglück mit viel Schnaps begossen
Auf Tischen tanzt es sich so gut
es zählt nicht mehr, was man so tut
 
Ob man küsst nun oder singt,
ob man auf dem Boden ringt,
ob man schreit und ob man lacht,
oder sich zum Deppen macht.
Nichts davon zählt wirklich mehr
lauert schon das Bleichenheer
 
Es stirbt sich gut mit Schnaps im Blut
viel besser als mit wenig Mut
Doch ist hier fast vergessen worden
Auf Ignaz von den Rattenhorden
 
Denn Ignaz kam nicht mehr zurück
Die sechse aber hatten Glück
Man rettete ihr Leben dann
Wenn sie auch lallten, munkelt man
 
Und Ignaz flieht – damals wie heute,
vor seinen Ängsten, liebe Leute.
Es sind nicht Liche oder Bleiche,
es sind nicht indharimsche Scheiche.
 
Es sind nicht stärk’re, größ’re Ratten
oder ihn zermalm’nde Platten
Es sind nicht rumspaziern’de Bäume,
aus anderem Stoff sind Rattenträume.
 
Des Ignaz’ größte Angst ist klar
eine Wanderbesenschar
Solang ihn keiner holt von drüben
Wird er die Flucht wohl weiter üben
„Wer ist Kalirana Brandt?“

Ein Reisender mag sich wohl fragen
Wer denn diese Dame sei
Ihr Konterfei ist so erhaben
Ihr Wesen so erfrischend frei

Die Frage überrascht uns erst
Ein jeder von uns kennt sie gut
Doch gerne werden wir berichten
Von einer Dame, deren Blut

Zwar blau nicht ist, doch heiß sehr wohl,
obwohl’s nicht lange her ist,
dass sie versank in Suppenkohl,
dort wo das Land das Meer frisst

Im Armenviertel hauste sie
Als Reiche zählt’ sie wahrlich nicht
Kohl und Kochfleisch schmauste sie
als Teil der dreck’gen Unterschicht

Doch so ein Mädchen aus der Gosse
findet immer einen Weg
hin zum rosa Traumesschlosse
mit See davor, mit Boot und Steg

Ihr Weg hieß Servok, doch, wie traurig
gar kurz nur waren sie ein Paar
Sein Ende war, so hört man, schaurig,
kein Wunder bei ‘nem Friedhofsnarr

Wer Kalirana Brandt sich nennt,
lässt sich vom Unheil nicht lang dämpfen.
Sie denkt so nach, wen sie noch kennt
wer um ihr Herz denn könnte kämpfen.

Die Teilnehmer in diesem Rennen
waren verschiedenster Coleur.
Ein Mithrasdiener ist zu nennen
Doch war er leider kein Charmeur.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt,
so muss sie sich gedacht haben.
Ein Ritter musste her geschwind,
weil die sich an der Macht laben.

Der Ritter ist so ritterlich,
so herrlich blond und rabenschlau.
Die Damenwelt weint bitterlich
denn Fräulein Brandt wird seine Frau.

Sie brachte es zur Baroness!
Man steht und starrt und staunt.
„Man trifft sich bald zur Hochzeitsmess’!“
Die Damenwelt, sie raunt.

Wenn Löwenstein bald untergeht
ist nicht der Feind zu tadeln.
Sobald das Hochzeitsbande weht
schiebt Hosen hoch auf Wadeln!

Denn Löwenstein wird bald versinken
in Fluten heißer Tränen.
Edle Fräuleins werden winken,
knirschen mit den Zähnen.

Möge Glück dem Paare blühen
und ein Traumschloss, rosa bitte
Möge Mithras’ Feuer glühen
in des adl’gen Paares Mitte.

Auf Dariana darf man hoffen
oder von mir aus Kalirus
Der Pfeil des Schicksals hat getroffen,
Mit Liebesrennen ist nun Schluss