Arx Obscura

Normale Version: [Forschung] Ein Stück Heimat
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Ich wickelte den Stoff mehrmals um die Schneiderpuppe und starrte penetrant auf das matte Leinen, welches sich knautschend windete und noch keine feste Form zeigte. Ich war nicht zufrieden, das reichte mir noch nicht und ich wusste nicht woran es scheiterte. Theoretisch entschied ich mich meistens erst dafür, dass eine Idee keine gute Idee war, nachdem ich sie fast fertigstellte, aber dieses Kleid... Es musste einfach so perfekt sein, dass selbst unbearbeiteter Stoff bereits irgendwas aussagte. Ich hatte eine Idee in meinem Kopf, einen Gedanken, aber nichts festes und es machte mich wahnsinnig. Ich träumte mein Lebtag davon so ein Kleid zu schaffen, so perfekt, dass es nur der Tag übertrumpfen konnte, an welchem man es trug. Es war nicht der Meine, aber darum ging es nicht, darum ging es nie. Und so entschied ich mich ihr zu schreiben, sie zu fragen, denn kein Anderer wäre je in der Lage gewesen in diese gewünschte Perfektion selbige hinein zu bringen. Vielleicht meine Meisterin, doch ich bezweifelte stark, dass sie noch fähig war überhaupt eine Hand zu heben. 
Es musste ein Brief her, ein Brief, eine Skizze und ein Bote der für ein paar Groschen einige Meter zu überwinden bereit war. 


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Löwenstein, den 20 Brachet 1404


Die Götter an die du glaubst, mögen dich leiten

Ist es nicht schon viel zu lange her, Freundin? Schau dir an, was ich dir schicke und sage mir, was mir fehlt. Ich komme nicht weiter, ich verzweifle und mir fällt niemand sonst ein, der mit seinen Ideen nicht noch mehr Schönheit in das Ganze bringen könnte. Überlege, schneidere und berausche mich mit deinen Ideen, wo meine ein Ende gefunden haben.


Ich dachte daran irgendein Stück Heimat mit hinein zu bringen, aus Nortgard, da ich dieses Kleid auch hier als Geschenk verwenden will und so meine tiefste Zuneigung ausdrücken möchte, weil ein Teil von mir darin wohnt. Ich hoffe sehr, dass du mir helfen kannst. 

Jakobine Dunkelfeder
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Der Bote rutschte unruhig au den weichem Sitzpolster hin und her und betrachtete die Sonnenstrahlen, die ihre tanzenden Bilder auf die Tischplatte malten. Das vor ihm stehende Glas Himbeersaft hatte bisher kaum angerührt. Ob seine Nervosität daher rührte, in einem fremden Lehen und vor allem...DIESEM Lehen zu verweilen, oder das der Verkäufer ihn beim Zusammenlegen diverser Gewandungen mit Argusaugen beobachtete, konnte er selbst nicht so genau bestimmen. Wo blieb nur die verdammte Schneiderin?


Diese war vor einem halben Stundenlauf mit dem Brief und der Zeichnung in die Wohnräume verschwunden. Mit einem Lächeln im Gesicht.


Es war immer schön von der alten Freundin zu lesen. Noch schöner war es, von ihr nach eigenen Ideen gefragt zu werden. Vor allem nach solchen.


Dass sie die Nortgarder schon immer sehr mochte, war ein offenes Geheimnis...zumindest für jene die es Interessierte. Den Rest hatte Fräulein Bjarnifjord besorgen können. Ihr Stil war unvergleichlich und stets im Nortgarder Stil, der die stolze Haltung des großen Volkes stets unterstrich ohne dabei aufdringlich zu wirken. Sie skizzierte schnell und mit geübter Hand und es war ihr, als hätte sie das viel zu lange nicht mehr getan. Dann faltete sie es einmal und schrieb noch einen Brief dazu, den sie schlicht versiegelte.


Erst dann wurde der Bote erlöst...von Ravinsthal und von Owen.


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Rabenstein, 24. Brachet 1404

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Liebe Freundin,



dein Entwurf ist wunderschön, doch stark silendirisch beeinflusst.Vielleicht sollte man es schlichter halten und mit Wolle und Pelz arbeiten? Pelz klingt in dieser Kombination vielleicht erst einmal falsch, aber bedenke den Nortgarder Sommer, der wesentlich kühler daher kommt, als jener in Servano oder gar hier im Tal. Vielleicht finden wir eine Möglichkeit, dass an ihn befestigen und lösen kann, je nach Jahreszeit? Sieh es dir einfach einmal an, vielleicht sagt es dir ja auch gar nicht zu.

Carmelina





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Einige Tage brauchte es. 

Ich starrte lange Zeit auf die Zeilen die mir Carmelina schrieb und dann auf die Stoffe, die ich um die Puppe gewickelt hatte. Das Fell hielt ich bereits in den Händen und meine Gedanken wanderten bereits zu diesem Tag. Doch ich setzte keine Nadel an, griff nicht nach der Schere. Ich starrte einfach, gefühlte Ewigkeiten und noch länger. Vielleicht war ich unzufrieden, vielleicht aber auch nicht gewillt das was mich zufrieden machte wieder zu zerstören. Es reichte mir einfach noch nicht.

Einige Tage brauchte es. 

Also zog die Zeit ins Land und ich starrte, zog meine Runden, betrachtete es aus allen Winkeln und atmete mehrmals tiefer durch, als würde das irgendwas in meinem Kopf antreiben. Um so mehr Zeit verging, um so wahrscheinlicher war es auch, dass ich die Schere in der Hand hielt. Das bedeutete allerdings nicht das ich schnitt. Es war ein seltsamer Strudel und irgendwie kam man nicht voran. Also entschied ich mich dafür die Stoffe zu greifen, zusammen zu legen und meiner Freundin einen Besuch abzustatten, auf dass sie mich antreibt, wo es mir an Mut fehlte.

Einige Tage brauchte es.
Die Vorhänge wölbten sich in der schwül warmen Abendluft. Der Sturm vor einigen Tagen, der Dinge regnen ließ, die nicht einmal erwähnt werden wollten und für die der echte Ravinsthaler sofort Verwendung fand, war schon fast wieder in Vergessenheit geraten. Auch wenn sich die undfreiwillig entwurzelten Candarianer definitiv noch einleben mussten und einige von den Leinen gerissene Wäschestücke aus Servano, bei dem Einen oder Anderen doch zum Missbrauch führte, indem plötzlich eine neue Hängematte aus einem purpurnen Wappenrock den Garten zierte.

In der Schneiderstube war es stickig und als die Dämmerung einsetzte, klopfte es an der Türe. Auf ein Nicken der Schneiderin hin, öffnete Owen jene und ließ die hochgewachsene Frauengestalt in die von Kerzen beleuchtete Stube. Er wollte Feierabend…er brauchte Feierabend…eigentlich auch Urlaub. Doch er hatte vergessen wo die Gewerkschaft inzwischen untergekommen ist…oder ob sie überhaupt noch existierte. Mit einem Winken wurde er auch schon davon gescheucht. Zum Glück, denn gleich ging das Geglucke wieder los. Das Ratschen und Tratschen über Modestile und die damit verbundene, unvermeidlichen Besserwisserei.

Owen sah zu dass er rauskam…zu seiner neuen Hängematte.

Derweil saßen die beiden Schneiderin umgeben von einem Wust aus zugeschnittenen Wollstoffstücken, großen und kleinen Fellstücken unterschiedlicher Tierarten beieinander und diskutierten über einem Nadelkissen als stummer Zeuge, diverse bekannte Sticharten durch, die das neue Kleid zierend oder nützlich zusammenhalten sollten. Für den lauschenden Laien ein recht abstruses Vorgehen, doch für den Wissenden ist es lediglich das Ende einer vorsehbaren Verkettung von Kausalitäten  . Fell ist schließlich schwerer als der Wollstoff. Ihn einzusetzen war schon ein kleines Risiko, zumindest wenn einem physikalisches und mathematisches fremd zu sein schien. Der Pelz sollte den Stoff in Form halten mit seinem Gewicht und durfte nicht an den falschen Stellen beschweren, sodass es nachher noch schief und schlaff am weiblichen Körper hing. Ein Fauxpas der nicht passieren durfte. Daher war es auch genauso wichtig, dass die Stiche das Fell dort hielt, wo es hin musste.

Siehste? Das Ende der vorsehbaren Verkettung von Kausalitäten!

…und ist der Bilaut erst einmal theoretisch durchgesprochen und entsprechen vorbereitet, kann auch letztendlich zusammengefügt werden, was zusammen gehört…Auch Jakobine und der Bilaut...
 Einige schlichte, vereinzelte Aushänge weisen im Neuen Hafen auf ein Ereignis am nächsten Tage hin:












Einladung


zur Betrachtungsweise aus sämtlichen
Blickwinkeln bei der Entstehung eines

Nortgarder Bilaut

in der Marktgasse 1-3 in Löwenstein, im
Handelshause Dunkelfeder & GG

am

18. Heuert 1404, 7. Abendstunde