Arx Obscura

Normale Version: Tarnen, Täuschen und bequem ist es auch noch!
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Die große, hagere Galatierin ist nur sehr unregelmäßig anzutreffen an ihrer Hütte in Thalweide. Gelegentlich trifft man sie einmal in Rabenstein um ein paar Schneiderwaren zu kaufen, wo sie mit ihrem schlichten, sonnigen Gemüt in den dunklen Monaten die Händler erfreut.
Aber wo sie den Rest der Zeit ist...?
Vielleicht ist sie wieder viel unterwegs auf der Suche nach heiligen Stätten an denen sie nach altem Brauch von ihrem Blut opfert? Im Sommer hatte sie ja schon einmal solch eine Phase, vielleicht ist es ja wieder so weit?
Jedenfalls kehrt dieser Tage wieder geschäftige Aktivität in die kleine Hütte nördlich der Garnison ein.
Staubige Fässer werden abgewischt und geöffnet um an die darin lagernden Stoffe zu kommen.
Die hoch gewachsene Galatierin macht Inventur, falls sie dieses Wort überhaupt kennt und Nachts leuchtet das Kohlebecken in düsterem Rot durch die Ritzen der Hütte.

Zu später Stunde sitzt sie dann auf ihrem Hocker vor dem wärmenden Kohlebecken, gehüllt in eine viel zu große Leinenrobe, die weiten Ärmel über die schmalen Hände geschüttelt und einen Becher Met zwischen die verhüllten Hände geklemmt, während eine riesige Kapuze über ihren Kopf gezogen ist und ihr mit dem Saum bis unter die Nasenspitze hängt.
Nur ein breites Grinsen könnte ein eventueller Beobachter unter der Kapuze im dämmrigen Kohlenlicht erkennen.
Nicht nur, dass man sich in dieser Robe vorkam wie ein böser, böser Schurke... sie war auch so bequem!
Und Warm!
Und bequem!
Und sie fand sie lustig!
Und sie hatte kein Schnittmuster dazu, es war zum heulen!
Wie oft waren schon Grauwölfe an sie heran getreten mit der Frage nach genau so einer Robe?
Einer die alles verhüllt, damit man nicht sah wer darunter steckte?
Maire war froh, dass sie von den Wölfen eine bekommen hatte, obwohl sie so wenige davon hatten, aber sie hatten ihr auch verboten das gute Stück auseinander zu nehmen um zu sehen wie genau es genäht worden ist. In dieser dunklen, kalten Nacht verstand sie auch warum. Diese Kapuzenrobe aus Leinen war einfach wunderbar heimelig!

Sie freute sich schon auf ihr nächstes Treffen mit Carmelina, auch wenn Magda sie wegen ihrem letzten Treffen mit ihr angeschrien hatte...
Die junge Galatierin zog im Dämmerlicht der Kohlen einen Schmollmund als sie daran dachte. Würde Magda eben keine Kapuzenrobe bekommen wenn sie mit Carmelina herausgefunden hat wie man die am Besten schneidert!
Genauso wie sie Nadel keine Rüstung mehr machen würde, so blöd wie er letztens zu ihr gewesen war!

So schnell wie der Schmollmund gekommen war verschwand er auch wieder. Sie nippte an ihrem Met, begann wieder zu grinsen und kuschelte sich im Kohlenlicht wieder in die viel zu große Robe.
Soooo bequem!
Es dauerte ewig bis die Kinder eingeschlafen waren und das wo sie heute doch Besuch erwartete. Sie legte Clementine in den Stubenwagen zurück und schob ihn langsam und leise zum Tisch. Dann traf sie die Vorbereitungen. Ein Nähset griffbereit, ausreichend Licht, denn der Neumond vor dem Fenster überließ das Dorf der Dunkelheit.

Nicht lange darauf schneite Maire herein und mit ihr die übliche Fröhlichkeit. Leises Geplänkel und ein erneut erwachtes Mädchen, dass sein spielerisches Interesse an der anderen Schneiderin kundtat. Gemauschele und Getuschele und zuletzt ein Entschluss für eine neue Unternehmung. Sie würden eine der Kapuzenroben auseinander nehmen und den Schnitt abzeichnen, auf dass sie wieder ihren Weg in den Handel findet.

Gesagt und getan. Mit einem Nahttrenner wurde Säume, fest vernähte Ärmel und Kettelnähte aufgelöst und gesäubert. Nur das Abzeichnen, wurde dem nächsten Tag vorbehalten, wenn auch in Rabenstein, das Licht wieder eingezogen ist.

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Trotz der winterlichen Kälte war Maire guter Dinge, als sie im Licht der Wintersonne durch Rabensteiner Schnee stapfte. Heute würden sie, so lange es noch hell war, die aufgetrennten Stoffteile auf Leinen übertragen und eine Kopie anfertigen, die es schließlich noch galt zusammen zu nähen. Auf diese Weise würden sie ein besseres Gespür für die Robe bekommen und es leichter haben ein anständiges Schnittmuster zu fertigen nach dem man dann selbst bei Maßanfertigungen gehen kann.

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Mit der zerlegten Robe ging an diesem Tag alles wie von selbst. Auflegen, feststecken, Konturen nachzeichnen, ausschneiden.
Hätte Maire an Marquards Mahnung ja gut auf die Robe aufzupassen gehört, dann hätten sie viel länger gebraucht. Außerdem musste er ja nichts davon erfahren. Sie würde wenn sie fertig waren die zerlegte Robe einfach wieder zusammen nähen und so tun als sein nichts gewesen.
Mit diesem grandiosen Einfall machte sie sich im späten Licht des Tages auf den Heimweg, nun, da sie für heute genug getan hatten und nur noch das Zusammennähen am Freiungstag anstand, zu dem alle eingeladen waren die daran Interesse hatten.
Der Tag des Donners war einer der besseren Wintertage. Er war zwar sehr kühl, aber dafür sonnig und draußen auf dem Markt hörte sie die Dorfkinder, die sich in einer Schneeballschlacht vergnügten. Eigentlich war das Wetter viel zu schade, um ihn in der Schneiderstube zu verbringen, doch war es auch nur mehr oder weniger freiwillig. Owen schickte sie in den den Feierabend, sollte er doch wenigstens etwas von dem Wetter haben und Freizeit tat dem armen Kerl auch ganz gut.

Sie betrachtete die einzelnen Stücke, die sie am Vorabend mit Maire aufgetrennt hatte und setzte dann den Kohlestift auf das Papier um Skizze und Schnittmuster anzufertigen.


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Was für ein Glück, dass die Galatierin eine dieser Roben vorrätig hatte, denn alles andere hätte sie um Wochen zurück geworfen. Leise kratzend wandert der Griffel über das raue Hadern, geübt und doch hier und da noch etwas zögerlich, wenn sie den Stoffausschnitten einen prüfenden Blick unterwarf. Wirklich Glück gehabt. So mussten sie die Robe nur noch vernähen und ihr ach so sehr gehütetes Geheimnis, wäre vollends gelüftet.

Wirklich, wirklich Glück gehabt.
„Kann man Dinge vollenden, die schon einmal vollendet wurden?“

Stellte sie sich die Frage, als sie mit den Vorbereitungen für die öffentliche Schneidersitzung begann. „Warum teilt man sein Wissen nicht? Aus Habsucht? Aus Gier? War das den Preis wert, dass Wissen für immer verloren ging? Also kann man sehr wohl die Dinge gleich zweimal vollenden.“ Sie nickte zufrieden und sah über den Tisch. Die Stoffausschnitte lagen bereit, ein ganzes Nadelkissen mit Stecknadeln und zusätzlich auch noch ein Nähkasten. Fäden und Nähnadeln waren auch reichlich vorhanden, also war alles bereit.

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Ein wenig enttäuschend war es schon, dass keiner die öffentliche Sitzung besuchte, wenn auch nicht wirklich überraschend. Jene, die die Kunst der Nadel interessierten, waren derzeit rar gesät und wenn, wollten sie sich nicht unbedingt die Mühe machen, durch die langwierige Schule zu gehen, sondern lieber die Schnittmuster zu horten und daran herumzuprobieren, bis sie ihnen irgendwie gelangen.

Im Grunde genommen, taten sie hier bei der Wiedererschaffung der Kapuzenrobe zwar auch nicht, doch lag der Unterschied darin, dass sie keine andere Wahl hatten. Das ausgerechnet Cois sich an jenem Tag „verlief“ war kurzweilig und durchaus witzig, auch wenn ihm vermutlich die Situation doch ziemlich unangenehm schien. Schade, wieder kein wissbegieriger Zuschauer.

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Doch am Ende war das Resultat entscheidend und sie hatten es geschafft. Es war immer wieder eine Freude mit Maire zu arbeiten, den zusammen konnten sie noch viel erreichen.

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