21 Jahre später
Bilder in schneller Abfolge. Rauch, schwelend. Glut. Schmecken des schwarzen Qualms. Husten. Blut. Tod. Zerstörung.
Mit einem Ruck öffnen sich ihre strahlend blauen Augen, umherirrend, keinen Fokus findend. Sie keucht heftig, gefangen in den klebrigen Fäden ihres Traumes. Langsam, die Nebelschwaden abwerfend blickt sie sich um. Wo, beim Mithras....das ist nicht ihr Zimmer und auch nicht ihr schützende Wald. Wärme dringt durch die ersten Morgenstrahlen in das kleine Zimmer und taucht es in einen wohligen Kokon. Sie wird der Anwesenheit eines anderen Menschen gewahr, und die Erkenntnis erhellt ihren Blick. Minka erinnerte sich nun wieder was geschehen war. Ihr Blick fällt auf den Herren der Feste, der friedlich schlummernd in seinem Bette liegt, die Augen fest verschlossen. Seine sonst so beherrschten und mitunter kühlen Züge sind weich, wie die eines Jungen. Probeweise streckte sie ihre Gliedmaßen aus, steif knackte ihre Knie, da sie am Fußende zusammengezogen wie ein Tierchen geschlafen hatte. Vermutlich hatten die Ereignisse des gestrigen Tages dazu beigetragen, das sie wieder diesen Traum hatte.
Ein Schmerz sticht in ihr Herz als sie an den Mann denken musste der sie aufgezogen hatte. An ihr friedliches Leben im Nortgarder Wald. Seinen plötzlichen Tod und ihre einsamen Jahre in den Tiefen des Waldes. Ein Hauch von Verzweiflung erfüllte ihr Herz als sie an das schnelle Ende ihrer Waldbehausung dachte. Für ein zwei Tage, war sie auf dem Weg ins Dorf gewesen und auf halben Wege kehrte sie aus einem Bauchgefühl heraus um. Vorgefunden hatte sie nur noch Tod und Asche, die niedergebrannten Reste ihres Lebens. Kleidung, Werkzeuge und die Tiere. Alles bis auf den Grund zerstört.
Aus Hass war sie losgezogen, Hass diese Menschen zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen. Doch was hatte sie stattdessen gefunden. Was war es nur. Wenn sie doch nur auch ihre Sprache wieder finden würde.
Auf den Zehenspitzen und auf blanken Sohlen verließ sie den Raum ohne zurückzublicken.
Hohenwacht
Nicht alle Menschen sind böse, ebenso ist die Natur nicht immer friedvoll. Während die Menschen sich ändern und wandeln, bleibt die Natur beständig und schwer zu zähmen.
Wischte er ihr Argument vom Tisch als hätte es so viel Gewicht wie eine Feder. Es war eine sternenklare Nacht, mondbeschienen war die Landschaft weithin zu erkennen. Sie bestiegen den höchsten Turm der Grenzfeste und das erste Mal sah sie den Wolfsried in seiner gesamten Pracht. Beeindruckt stand sie stumm und starr auf ihrem Platz und nahm alles in sich auf, sie flocht ihre Finger um das Eisengitter, welches sich in ihrem Rücken befand und ihr halt gab. Natürlich waren es nicht die lieblichen Wälder ihrer Heimat doch hatte sie diese Gegend in ihr Herz aufgenommen.
In den vergangenen Tagen waren die Erlebnisse im Ried erschreckend und schön zugleich gewesen. Sie knüpfe zarte Bande zu den Bewohnern der Feste und fühlte sich wohl. Besonders Hohenwacht bedachte sie mit einer Aufmerksamkeit, in der sie sich sonnte. Nach den vielen Entbehrungen und den Jahren der Einsamkeit und des Schmerzes blühte sie auf wie ein zarte Knospe. Doch wie so oft währte ihr Glück nicht lang, es zog die Kälte in die Gemäuer und so auch in die Gemüter der Menschen die dort wohnten. Das Lächeln der Menschen erreichten nicht mehr ihre Augen und so fühlt sich Goldammer das erste Mal in ihrem Leben einsam und das nach alldem, was ihr widerfahren ist.
Ihre Tagen waren angefüllt mit Pflichten aber auch Unterricht. Er sah in ihr eine Schülerin, soviel hatte sie verstanden und lenkte nun ihre Schritte. Er wies sie in der Jagd, im Ausweiden von Tieren und im Umgang mit der Natur in den Marschen an. In den Nächten genoss sie die Gespräche der anderen und fühlte sich den Menschen so nah. Alles in allem war es wohl angenehm doch nun war nichts war zuvor.
Eine neue Pflicht war dazu gekommen, nicht nur die Beschaffung von Rohstoffen sondern nun auch das Wachen über die Natur, der Feste und all ihren Bewohnern. Darum hatte er sie gebeten, hier auf dem Turm. Sie hatte das Gefühl, das etwas geschah, das sie einfach nicht verstand doch bemühe sie sich auch nicht darum.