Arx Obscura

Normale Version: Die Dunkelheit umarmen
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OOC

Die Nacht ist kalt in Chucai. Das gilt sowohl für die Temperatur als auch für die gesellschaftliche Kälte die dort herrscht. Wohin das Auge nur blickt Bettler und gestrandete Amhraner Händler. Nur die wenigsten können sich hier durchsetzen und so etwas wie eine Existenz aufbauen. Wahrlich reich ist nur jemand der genug Wasser beschaffen kann. Das lebensspendene Element gehört in dieser Trockenheit tatsächlich zu den wertvollsten Handelsgütern. Ein Umstand mit dem nur die wenigsten klar kommen.

So heiß wie die Tage so kalt sind die Nächte. Dies sorgt für eisig nebligen Atem, so auch bei der abgehetzt wirkenden Frau. Ihre Kleidung scheint sie kaum von den Bettlern zu unterscheiden. Versteckt unter der Gugel funkeln die Augen wachsam umher, beinah als wäre sie verfolgt. Sie trägt ein Bündel unter ihrem Arm dass sie beschützt als wäre es ein Kind, und zielstrebig marschiert sie in die ärmsten Teile der Stadt. Sie muss einen Ort finden um zu vollenden was sie begonnen hatte, und niemand darf sie dabei stören. Der dunkle Hinterhof eines Wohnhauses scheint perfekt, und selbst als sie hier mehrere Minuten stehen bleibt jagt sie niemand fort.

Sie legt ihr Bündel zu Boden und beginnt damit etwas aufzubauen. Es ist eine Schale, mehrere Blätter, ein Dolch und eine Fackel. Penibel genau werden sie platziert. Der Dolch wird in den Boden gerammt. Der Zweck dessen erschliesst sich als die unscheinbare Frau eine lebende Ratte aus dem Mantel hervor holt und sie mit einer Schnur an den Dolch bindet. Ein letzter Blick in die Finsternis ob wirklich niemand zusieht als sie sich erhebt, ihren Aufbau kontrolliert und die Fackel entzündet.

“Diesmal muss es klappen..”

Sie greift an den Dolch und hält mit der anderen Hand die Ratte davon ab ihre Finger zu zerbeissen. Dann geht es schnell. Ein Griff, ein Schnitt und ein letztes gequältes Quieken zeugt von der Vergänglichkeit des Lebens als das Blut in die Schale tropft. Die Fackel wird benutzt um einige verbrannte Blätter dem Blut hinzuzufügen. Als Letztes folgt ein Tropfen Blut aus ihrem eigenen Finger bevor die Schale angehoben wird.

“Ihr Geister, hört mich an. Gebt mir die Kraft frei zu sein.”

Sie schliesst die Augen und nimmt einen Schluck des Blutes. Das Gesicht verzogen schüttelt sie sich ob dieses widerlichen Geschmackes. Etwas Blut tropft von ihren Lippen als sie die Augen schliesst und wieder leise spricht.

“Verdammt, erhört mich endlich, ich will frei sein!”

Frei willst du sein, mit einer Ratte?” ertönt es in ihrem Kopf. Die Stimme schmerzt wie tausend Nadelstiche und sie fällt keuchend vorne über.
Was willst du von uns?”, klingt eine zweite, neckische Stimme.

“Ja.. “, sie musste wieder Luft holen, “Ja, ich will frei sein, gebt mir was der Seher kann.”

Der Seher! Hah, Blutsgeborener.”, erdröhnt es neckisch.
Aber wir können ihr helfen.”, meinte die schmerzhafte Stimme.

Es war einen Moment still ehe die schmerzhafte Stimme wieder erklang: “Aber nur wenn du uns etwas Unschuldiges bietest. Den verschreckenten Jungen zum Beispiel.

Da reisst die Frau die Augen auf und erblickt ihn. Am Rande des Fackelscheins steht ein etwa 10 jähriges Kind. Der Schreck in seinen Augen, scheint er gefesselt von dem Anblick. Ob er die Stimmen auch gehört hat?

Er hat schon zuviel gesehen.”, dröhnt es schmerzhaft.
Gib ihn uns!”, keckert es.

Für sie wirkt es wie Stunden in denen sie den Kampf in sich ausfechtet ehe sie einen Satz auf den Jungen zumacht. Noch bevor er reagieren kann hat sie ihn zu Boden gerissen. Die Beine umschlingen den Bauch und die Hand hält seinen Mund zu während er wild um sich schlägt.

Mach schon! Du willst doch frei sein, oder?” - “Ich glaube eher sie will eingesperrt werden - als Hexe! Ahahaha!

Sie schüttelt den Kopf und ein Schauder geht durch ihren Körper. “Sschh”, haucht sie dem Jungen ins Ohr, “Ich tue dir nichts.” Die Worte will sie wohl ehrlich meinen, aber das klamme Gefühl in ihrem Herzen weiß es besser. “Sei still und dir wird nichts passieren.”, spricht sie als sie langsam die Hand wegnimmt.

“Wie heißt du Junge?” - “Uns ist das egal! Gib ihn uns! Gnihihihi.
“Ich heiße Jeron, bitte tu mir nichts!”, kommt es gequält. - “Frag ihn nach seiner Familie, vielleicht fällt es dir dann noch schwerer Sklavin.
“Warum?”, spricht sie. - “Weil... dies unser einziges Angebot ist.

“Es tut mir leid, Jeron.” Mit diesem Worten legt sie wieder die Hand auf seinen Mund. “Dein Leben für mein Leben.” Er beginnt unter der Hand gedämpft zu schreien. Ein kurzer Schnitt über die Kehle lässt den Schrei rasch gurgelnd ersticken.

Ja! Fühle es Tochter der Nacht!

Fest schliesst sie die Arme um das Kind welches langsam in ihrem Armen verblutet und erstickt. Der letzte Blick gilt ihr. Er ist entäuscht, verraten und traurig. Es gibt keine Worte für die Gefühle der Frau. Nur eine Träne zeugt von den Qualen die sie selbst durchleidet. Als der letzte Funken Leben aus den Augen weicht richtet sie sich betroffen auf.

Unschuldiges Blut, gegeben aus Egoismus. Du sollst würdig sein.

Es brennt wie Feuer als sie zu Boden gerissen wird. Jeder Muskel scheint sich auf einmal zu verkrampfen. Jede Ader scheint zu glühen. Es wird dunkel um ihre Augen und die Hitze weicht eisiger Kälte, schmerzhafter als alles was sie bis dahin gefühlt hat. Und so schnell wie es kommt ist es auch wieder vorbei.

Als ihr Blick wieder klar wird sieht sie nur eine verkohlte Leiche anstelle des Jungen.

“Ihr Bastarde... was habe ich getan?”

Die Stille in ihrem Kopf lässt die Frage offen. “Es tut mir wirklich leid”, spricht sie noch zu der Leiche, “es war umsonst...”
Schnell werden die Überreste des Rituales eingesammelt und sie verschwindet in die Nacht. Einige Zelte im Armenviertel sind ihr Ziel.

Als sie am nächsten Morgen erwacht weiß sie nicht ob alles nur ein Traum war oder nicht.