Arx Obscura

Normale Version: Wanderschaften
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Rasten.



Freiungstag, 23. Ernting im Jahr 1400


Kurz vor seinem Siebzigsten schaffte er es dann doch nach Servano. Keuche, Krieg und Gefahren zum Trotz hatte es der Alte geschafft und ließ sich auf einem der modrigen Baumstümpfe nieder, die dort am Rand der Lichtung lagen. Er sah zum Schild neben sich auf, in das das Wort "Löwenstein (2)" in schwarzen Lettern eingebrannt war. Noch zwei Stunden Fußmarsch für den Durchschnitts-Amhraner, also noch gut vier Stunden für den alten Wanderer. Er blickte auf seine Füße hinab: Alt, runzlig, schrundig, vom Straßenstaub und dem Dreck der Wälder dunkel verfärbt. Seine Hose hatte auch schon bessere Tage gesehen. Das Leder von Kratzern übersäht. Der Überwurf? Fleckig, hier und da ein Löchlein. Sein Filzhütchen? Speckig geworden - im Gegensatz zu ihm.

Die Wanderschaft hatte an seiner Verfassung gezehrt. Wie ein dürres, verhutzeltes Männlein kam er daher, der Bart etwas franselig gestutzt, die Haare ungleich kurz geschoren, die alte Haut pergamentartig und faltig. Aber vielleicht fand er in der Hauptstadt ja etwas mehr Ruhe als in den Wäldern, in denen er sonst kampiert hatte. Es war an der Zeit, wieder zu Kräften zu kommen und endlich ein paar Menschen zu finden, die ihn verstanden.

Für heute aber würde ihm noch die Lichtung als Lagerplatz dienen. Er saß noch eine ganze Weile dort auf den Baumstümpfen und knabberte nachdenklich an dem Trockenfleisch, für das seine letzte Münze draufgegangen war. Jeglicher Armut und allen Gebrechen zum Trotz murmelte er leise:

"Leck mich fett, zumindest ist die Aussicht schön."



[Bild: lichtung.jpg]